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Rosen liegen vor dem Bild von Oury Jalloh am Hauptbahnhof in Dessau-Roßlau.

© Peter Endig/dpa

Fall Oury Jalloh: Justizministerium verweigert Sonderermittlern Gespräche mit Staatsanwaltschaft

Zwei Sonderermittler sollten die Ermittlungen zum Tod von Oury Jalloh neu bewerten. Jetzt untersagen Behörden ihnen direkte Gespräche mit Justizbeamten.

Das Justizministerium in Sachsen-Anhalt verweigert den Sonderermittlern im Fall Oury Jalloh, direkte Gespräche mit Staatsanwälten und Richtern zu führen. Das geht aus einem Brief des Staatssekretärs des Justizministeriums, Josef Molkenbur, an den Vorsitzenden des Rechtsausschusses hervor. Der Brief liegt dem „Spiegel“ vor, der zuerst über den Fall berichtete.

Im Juni 2018 setzte der Rechtsausschuss des Landtags zwei Sonderermittler ein, um die Akten im Fall Jalloh zu begutachten und Ungereimtheiten in Verbindung mit seinem Tod aufzuklären. Berufen wurden der Strafverteidiger und ehemalige rechtspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Jerzy Montag, sowie der frühere Generalstaatsanwalt Manfred Nötzel aus München.

Angedacht war, dass die Ermittler Beteiligten Fragen stellen können, um die Aktenlage besser einschätzen zu können. Laut „Spiegel“ wollten Montag und Nötzel neben beteiligten Polizisten auch mit sieben Justizbeamten sprechen.

In Molkenburs Schreiben heiße es nun, es bestünden „durchgreifende Bedenken gegen die beabsichtigte unmittelbare Befragung von Landesbediensteten durch die bestellten Berater“.

Auskunftspflichten seien demnach nur gegenüber einem Ausschuss geltend zu machen – deshalb müsse die Befragung im Rechtsausschuss im Beisein von Mitgliedern der Landesregierung durchgeführt werden. Die Fragen, so soll es in dem Schreiben heißen, sollten vorab geschickt werden.

Mitglieder des Rechtsausschusses sind verärgert

Unter den Mitgliedern des Rechtsausschusses sorge der Brief für Verärgerung, weil wieder der Eindruck entstehe, die Justiz habe etwas zu verbergen. Außerdem sollte schon im Juli ein Abschlussbericht der Sonderermittler im Ausschuss vorgelegt werden, der aber wegen der Corona-Pandemie verschoben wurde.

Eine Befragung der Justizbeamten im Ausschuss könnte die Angelegenheit noch weiter hinauszögern und würde die Aufklärung behindern, laute eine Befürchtung. Vor dem Amtsantritt des Staatssekretärs Molkenbur im Juni soll es den Sonderermittlern durchaus möglich gewesen sein, in Absprache mit dem Innenministerium rund um den Fall Jalloh Kontakt zu Polizisten aufzunehmen.

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Oury Jalloh war nach einem Brand in einer Dessauer Polizeizelle am 7. Januar 2005 mit erheblichen Verbrennungen tot aufgefunden worden. Er war zum Zeitpunkt seines Todes an die Matratze gefesselt gewesen. Bis heute sind die genauen Umstände von Jallohs Tod nicht geklärt. Ein Polizist wurde 2012 verurteilt, weil er nicht dafür gesorgt hatte, dass Jalloh ausreichend beaufsichtigt wurde. Eine Initiative, die die Aufklärung des Falls fordert, geht davon aus, dass Jalloh angezündet und so ermordet wurde.

Die Generalstaatsanwaltschaft hatte nach jahrelangen Untersuchungen, Prozessen und Verfahren erklärt, es lasse sich nicht belegen, dass Polizisten oder andere Personen Oury Jalloh angezündet hätten. Ein radiologisches Gutachten vom 18. Oktober 2019 legte hingegen nahe, dass Jalloh vor seinem Tod schwere Verletzungen erlitt und misshandelt wurde. (mlk)

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