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Ein Schild weist auf das Diesel-Fahrverbot für Dieselfahrzeuge unter Euro 5 hin.

© Marijan Murat/picture alliance/dpa

Fahrverbots-Gesetz bisher wirkungslos: Grüne werfen Regierung „Nebelkerzen“-Politik vor

Ein Gesetz zeigt sich im Kampf gegen Diesel-Fahrverbote wirkungslos - und wirft juristische Zweifel auf. Die Regelung stifte Verwirrung, kritisieren die Grünen.

Ein Gesetz, das die Zahl von Fahrverboten in Deutschland eindämmen soll, ist offensichtlich komplett wirkungslos. Auf die Frage, wie viele Städte die Änderungen bisher nutzen, heißt es in einer dem Tagesspiegel vorliegenden Regierungsantwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Fraktion: „Der Bundesregierung liegen hierzu keine Kenntnisse vor.“ Der Parlamentarische Umwelt-Staatssekretär Florian Pronold (SPD) teilt mit, die Regierung habe keine Kenntnis, in wie vielen Fällen das neue Gesetz zur Vermeidung von Fahrverboten beigetragen hat. Bisher ist kein Fall bekannt.

Im Zuge der Debatten um Diesel-Fahrverbote hatte die große Koalition versucht, mit der im November 2018 beschlossenen Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes der gerichtlichen Anordnung von Fahrverboten entgegenzuwirken – und so den Ärger vieler Pendler zu mäßigen.

Konkret ging es der Bundesregierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) darum, dass in Städten, in denen der Stickoxid-Grenzwert von 40 Mikrogramm nur geringfügig überschritten wird, Fahrverbote als unverhältnismäßig eingestuft werden dürfen. So wurde für den Jahresmittelwert 40 bis 50 Mikrogramm Stickoxid pro Kubikmeter Luft eine Toleranzgrenze eingezogen. „Wir glauben, dass Fahrverbote in dem Abschnitt zwischen 40 und 50 Mikrogramm nicht verhältnismäßig sind“, hatte Staatsminister Helge Braun (CDU) betont.

Doch es gibt massive juristische Zweifel, ob die Bundesregierung durch das Gesetz so einfach verbindliche EU-Grenzwerte aufweichen darf. Im März hatte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg geurteilt, dass der Luftreinhalteplan der Stadt Reutlingen so geändert werden muss, dass dieser auch Fahrverbote als Option enthält und dass dabei das verbindliche Ziel eines Grenzwerts von 40 Mikrogramm auch nicht durch die Neuregelung im Bundesimmissionsschutzgesetz relativiert werden dürfe. Das reformierte Gesetz verstoße gegen zwingende Vorgaben des Rechtes der Europäischen Union.

Grüne üben Kritik an der Bundesregierung

Zu dem Urteil, so antwortete Staatssekretär Pronold, teile man die Auffassung nicht. Die Änderung sei weiterhin als geltendes Recht sowohl von den Gerichten als auch von den zuständigen Behörden im Vollzug anzuwenden. Bettina Hoffmann, Sprecherin für Umweltpolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, betonte, das Gesetz sei eine „Nebelkerze“. Faktisch stifte es nur Verwirrung, „weil die Bundesregierung fälschlicherweise suggeriert, Fahrverbote per Gesetz verhindern zu können“.

Der Grünen-Verkehrsexperte Stephan Kühn ergänzte: „Statt das europäische Recht auszuhöhlen, sollte die Bundesregierung besser bei der Hardware-Nachrüstung aufs Tempo drücken“. Dieselautos sorgten für fast drei Viertel der Stickoxid-Belastung im Verkehr.

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