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Champagner nicht für alle. Die Konzentration am oberen Ende der Vermögen ist noch höher als angenommen.

© dpa

EZB-Studie: Ungleichheit in Europa noch größer als angenommen

Reichtum ist noch stärker konzentriert als bisher angenommen. Eine Studie aus der EZB zeigt: Deutschland rückt, was die Spitzenvermögen angeht, an US-Verhältnisse heran.

Die Reichen sind reicher als bisher bekannt, in Deutschland sogar deutlich reicher. Einer neuen Studie aus der Europäischen Zentralbank zufolge müssen die Zahlen für die Vermögensverteilung hierzulande um immerhin sechs Prozentpunkte nach oben korrigiert werden. Demnach besitzt das reichste eine Prozent der Deutschen 32 Prozent des Vermögens statt, wie bisher angenommen, 26 Prozent. Der Ökonom Philip Vermeulen, der die Studie erstellte, hatte Umfragedaten und Analysen zu Haushaltsfinanzen aus den USA und der Eurozone mit der traditionsreichen Forbes-Liste der weltweit Reichsten kombiniert.

Niederländer und Finnen sind gleicher als andere

Dabei schossen nicht nur die deutschen Werte nach oben – wenn auch auf weniger hohem Niveau: Das reichste Prozent der Italiener besitzt demnach nun 21 Prozent statt der bisher gezählten 15 Prozent des gesamten Vermögens im Land, die reichsten Niederländer zwölf statt sieben Prozent. Die Niederlande stehen damit allerdings am unteren Ende der Vermögenskonzentration, noch hinter Finnland (15 Prozent) und Belgien (17 Prozent).

In Deutschland fehlen Steuerdaten zum Reichtum  

Vermeulen weist selbst auf die Schwächen solcher Untersuchungen hin, die sich auf Schätzungen stützen müssen, da sehr Wohlhabende ihre Vermögensverhältnisse eher nach unten rechnen, wenn sie überhaupt antworten. Das methodische Problem sei in Deutschland besonders groß, sagt der Elitenforscher Michael Hartmann, weil die nötigen Steuerdaten fehlten, seit die Vermögenssteuer abgeschafft ist. Seit 2009 könne auch die Quellensteuer nicht mehr herangezogen werden, die über die Erträge aus Geldanlagen und Vermögen gute Rückschlüsse auf die Verteilung des Reichtums erlaubt habe. Dass für Spanien und die USA die früheren Annahmen jeweils nur um einen Prozentpunkt nach oben gerechnet werden mussten, zeige, dass in beiden Ländern die Steuerstatistiken brauchbar seien.

Mehr Daten machen mehr Ungleichheit sichtbar

Allerdings sprechen Vorgängeranalysen für die Brauchbarkeit der von Vermeulen: 2011 hatte eine Gruppe um die Ökonomen Stefan Bach vom Berliner Institut DIW den Reichtum des oberen Prozent bei einem Anteil von 36 Prozent der deutschen Gesamtvermögen angesetzt. Auch die DIW-Forscher hatten eine Liste einbezogen, die der 300 reichsten Deutschen des Manager-Magazins. Grundsätzlich gelte, so Elitenforscher Hartmann: „Je mehr Daten der großen Vermögen man erhält, desto polarisierter fällt das Bild der Ungleichheit aus."

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