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Die Grünen-Chefs bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags.

© imago/Mike Schmidt

Ex-Senatorin, Bundeswehr-Kenner und Seiteneinsteiger: Auf diese Köpfe setzen Habeck und Baerbock

Die Grünen-Chefs Habeck und Baerbock haben ihre Teams für das Wirtschaftsministerium und im Auswärtigen Amt benannt. Dabei ging es auch viel um Flügel-Logik.

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Die Basis der Grünen hat dem Koalitionsvertrag noch nicht zugestimmt, Olaf Scholz (SPD) ist noch nicht zum Bundeskanzler gewählt und hat die Minister seiner Partei noch nicht ernannt. Doch die designierten Grünen-Minister haben bereits in dieser Woche ihr künftiges Personal vorgestellt und damit einen Einblick gewährt, wie die Rollen bei den Grünen in den kommenden Jahren verteilt sein dürften.

Denn mit Franziska Brantner, Michael Kellner und Oliver Krischer wechseln drei Spitzen-Grüne ins neu gestaltete Ministerium für Wirtschaft, Klima und Energie. Das soll künftig Noch-Parteichef Robert Habeck leiten, der zusätzlich auch Vizekanzler wird. Zudem erhält Habeck vier, statt bislang drei verbeamtete Staatssekretäre, die inhaltlich für die verschiedenen Bereiche seines Hauses zuständig sind.

Besonders die Berufung des Exekutivdirektors der Energiewende-Denkfabrik Agora, Patrick Graichen, hat in der Energie-Szene Aufsehen erregt. Zudem bekommt Habeck mit der früheren Hamburger Senatorin und langjährigen Abgeordneten Anja Hajduk eine äußerst erfahrene Politikerin als Amtschefin, die Kontakt zu den anderen Ministerien halten soll. Mit dem grünen Europaabgeordneten Sven Giegold und Udo Philipp, bisher Staatssekretär im Landesfinanzministerium von Schleswig-Holstein, kommen zudem zwei Finanzexperten ins Team von Habeck, der auch mit dem Job als Finanzminister geliebäugelt hatte.

Europapolitiker Sven Giegold gehörte zum Kernverhandlungsteam der Grünen.
Europapolitiker Sven Giegold gehörte zum Kernverhandlungsteam der Grünen.

© dpa

Bei seinen Berufungen der Parlamentarischen Staatssekretäre hat Habeck wohl auch die Flügel-Arithmetik beachtet. Noch-Bundesgeschäftsführer Kellner zählt zu den Parteilinken, Fraktionsvize und Energieexperte Krischer sowie Brantner werden dem Realo-Flügel zugerechnet. Insgesamt hat Habeck damit fünf Männer und nur zwei Frauen berufen, was nicht allen in seiner Partei gefällt. Brantner, der auch Ambitionen auf den Parteivorsitz nachgesagt worden waren, gilt als Europapolitikerin und war eigentlich als Staatssekretärin im Auswärtigen Amt erwartet worden.

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Doch die künftige Außenministerin Annalena Baerbock hat mit Katja Keul, Anna Lührmann und Tobias Lindner zwei Staatsministerinnen und einen Staatsminister nominiert, die wenige erwartet hatten. Keul und Lindner hatten zuletzt dem Verteidigungsausschuss angehört und werden als Fachpolitiker über ihre Partei hinaus geschätzt. Die Juristin Keul engagiert sich schon lange für Abrüstung und eine strengere Rüstungsexportkontrolle. Die Parteilinke war 1999 wegen des Kosovo-Krieges zeitweise aus der Partei ausgetreten. Als Parteichef Habeck im Mai die Lieferung von Defensivwaffen an die Ukraine anregte, rief sie ihn scharf zur Ordnung.

Die genauen Zuständigkeiten sind noch offen

Lindner war als Haushälter für das Verteidigungsministerium zuständig. Der Realpolitiker und Ökonom gilt als Kenner der Bundeswehr und wird dort geschätzt. Mit den beiden Politikern könnte Baerbock Bemühungen ihres Ressorts um Abrüstung stärken und dessen Stellung bei Entscheidungen zu Rüstungsprojekten stärken.

Lührmann, ebenfalls „Reala“, war von 2002 bis 2009 jüngste Abgeordnete des Bundestags, in den sie im Herbst wiedergewählt wurde. Sie verfügt über breite Auslandserfahrung, beschäftigte sich als Wissenschaftlerin, unter anderem als Assistenzprofessorin in Göteborg, mit Demokratisierungsprozessen, autoritären Regimen und Genderfragen. Spannend wird, wem die Wirtschaftsabteilung zugeordnet wird, die für Rüstungsexporte zuständig ist.

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