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Yanis Varoufakis

© Aristidis Vafeiadakis/imago/ZUMA Press

Ex-Finanzminister Varoufakis: Griechischer Kandidat mit deutschem Wohnsitz

Der griechische Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis tritt in Deutschland als Spitzenkandidat für das Linksbündnis DiEM25 zur Europawahl an.

Bisher war Yanis Varoufakis nicht gerade als Deutschland-Fan bekannt. Während seiner Zeit als griechischer Finanzminister fiel er mit harscher Kritik etwa am damaligen deutschen Kollegen Wolfgang Schäuble (CDU) auf und nannte ihn den „Zuchtmeister“ Europas. Jetzt gab Varoufakis in Berlin sein politisches Comeback: Unter dem Jubel seiner Anhänger präsentierte er sich am Sonntag in einem Loft in Neukölln als frisch gekürter Spitzenkandidat des Bündnisses „Demokratie in Europa“: Er will sich von den deutschen Bürgern ins Europaparlament wählen lassen.

Im Blitzlichtgewitter posierte er für Fotos, um danach die Motivation für seine Kandidatur zu erklären: „Deutschland schwimmt im Geld, aber es kommt nicht bei allen an“, sagte er. Daran sei vor allem die europäische Sparpolitik Schuld – niedrige Zinsen ließen die Ersparnisse der Menschen schrumpfen. Das habe Populisten wie die AfD erst groß gemacht, so Varoufakis’ Analyse. „Deutsche Bürger sind genauso Opfer der europäischen Sparpolitik wie griechische Bürger“, sagte er.

Das Bündnis, an dessen Spitze Varoufakis Wahlkampf in Deutschland machen will, besteht aus der Kleinpartei „Demokratie in Bewegung“ und dem deutschen Ableger der pan-europäischen Bewegung DiEM25. Die hat Varoufakis mit anderen Europapolitikern vor fast zwei Jahren gegründet – mittlerweile hat sie 75.000 Mitglieder in ganz Europa. Für bessere Chancen bei der Europawahl sucht Varoufakis den Schulterschluss mit etablierten linken Parteien.

In Berlin präsentierten sich am Sonntag neben Varoufakis neun Männer und zehn Frauen als weitere Kandidaten für die Europawahl in Deutschland. Sie alle stammen aus verschiedenen Ländern. Damit will die Bewegung betonen, dass sie sich als Zusammenschluss von Europäern sieht. DiEM25 will die Konkurrenz zwischen Nationalstaaten hinter sich lassen.

„Ich verrate ihnen nicht meine Adresse, aber ich wohne hier.“

Doch wie will es Varoufakis in Zukunft besser machen als die von ihm viel gescholtenen europäischen Regierungschefs? Ein zentraler Vorschlag von DiEM25 ist die Einführung eines riesigen Investitionsprogramms. 500 Milliarden Euro soll die EU jedes Jahr in grüne Energien und Technologien investieren – über einen Zeitraum von fünf Jahren. „Dafür sollen nicht die Steuerzahler aufkommen müssen“, erklärt Varoufakis, „die haben genug geblutet“. Das Geld solle stattdessen aus EU-Anleihen kommen.

Außerdem will Varoufakis bis 2025 eine verfassungsgebende Versammlung einberufen, die aus der EU „endlich eine echte Demokratie machen soll“. Vor allem das Europäische Parlament müsse endlich das Recht zur Gesetzgebung erhalten.

Mit diesen Ideen will der griechische Wirtschaftsprofessor in den kommenden Monaten den Europawahlkampf aufmischen – und zwar von seinem neuen deutschen Wohnsitz aus. Denn um in Deutschland bei der Europawahl antreten zu dürfen, müssen Kandidaten zwei Voraussetzungen erfüllen: Sie müssen EU-Bürger sein und ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben. Das sei jetzt der Fall, erklärte der griechische Wirtschaftsprofessor: „Ich verrate ihnen nicht meine Adresse, aber ich wohne hier.“

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