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Europawahl: Testlauf für September

Die Wahl zum Europaparlament im Juni wird im Schatten der Bundestagswahl stehen – glauben Experten.

Berlin - Das Krisenmanagement der EU angesichts der weltweiten Rezession oder die Haltung der Gemeinschaft in der Klimapolitik – so und ähnlich lauten die Herausforderungen für die europäische Politik. Aus der Sicht von Europapolitikern sind dies eigentlich auch ganz natürliche Themen für den bevorstehenden Europawahlkampf, denn schließlich entscheidet das EU-Parlament in immer mehr Bereichen mit. Nur stehen die Parteien in Deutschland – wie anderswo in der EU auch – vor einem Dilemma: Wie sollen sie den Spagat zwischen der EU und der politischen Erfahrung der Wähler hinbekommen, die in erster Linie von der heimischen Innenpolitik geprägt ist?

Gut zwei Monate vor der Europawahl ist „Europa“ auf den Webseiten der deutschen Parteien durchaus prominent platziert. Die CDU wirbt auf ihrer Homepage etwa mit ihrem Programm zur Wahl am 7. Juni („Starkes Europa – sichere Zukunft“), die SPD zeigt ihren Spitzenkandidaten Martin Schulz. Trotz der gewachsenen Bedeutung des EU-Parlaments spielt die Europawahl aber im Vergleich zur anschließenden Bundestagswahl eine untergeordnete Rolle. Das zeigt ein Blick auf die Wahlkampfetats: Die CDU plant mit einem Rahmen von maximal zehn Millionen Euro für die Europawahl, während es bei der Bundestagswahl maximal 20 Millionen sind. Bei der Linkspartei geht man von 3,5 Millionen Euro für die Wahl zum Europaparlament und fünf Millionen für den Urnengang im September aus.

Nach der Einschätzung des Berliner Parteienforschers Gero Neugebauer nutzen die Parteien die Europawahl für Testläufe, „bei denen erprobt wird, ob einzelne Sachthemen für Kampagnen bei der Bundestagswahl geeignet sind“. Wenn die CSU Volksabstimmungen in wichtigen Europafragen fordere oder die CDU verlange, bis auf weiteres nur noch Kroatien in die EU aufzunehmen, dann diene dies in erster Linie der Wählermobilisierung. Grundsätzlich spielten Personen im Europawahlkampf „keine Rolle, eher Parteineigungen“, sagt Neugebauer.

Lüder Gerken, der Direktor des „Centrums für Europäische Politik“ (CEP) in Freiburg, hält es zwar für möglich, dass etwa die Frage der EU-Erweiterung eine Rolle im Europawahlkampf spielen könnte. Dennoch befürchtet er, dass die Wahl zum EU-Parlament mehr oder weniger komplett in das Fahrwasser der Bundestagswahl gerät. Es wäre nicht das erste Mal, dass die Bundespolitik einen Europawahlkampf völlig überschattet. „Viel schlimmer als 2004 kann es nicht mehr werden“, sagt Gerken. Bei der letzten Europawahl forderte die CDU in einer groß angelegten Kampagne dazu auf, die damalige rot-grüne Bundesregierung für ihre Beschäftigungspolitik abzustrafen.

Den Versuch der CDU, den Streit mit der SPD über die Nachfolge des deutschen EU-Kommissars Günter Verheugen in ihrem Europawahlprogramm zum Thema zu machen, hält Europaexperte Gerken für „skandalös“. Die Forderung der Christdemokraten, dass nach einem Sieg von CDU und CSU bei der Wahl im Juni der künftige deutsche Kommissar von der CDU gestellt werden müsse, grenze an „Vetternwirtschaft“. Statt mit Personalfragen solle sich der Wahlkampf mit Sachthemen befassen, fordert er.

Insbesondere bei der Linkspartei, der CSU und den Freien Wählern hat Gerken die Tendenz beobachtet, aus der EU-Skepsis vieler Wähler Kapital schlagen zu wollen. Wenn „eine gewisse Frustration in der Bevölkerung über das, was Brüssel macht“, festzustellen sei, so habe dies zwei ganz unterschiedliche Gründe: Einerseits die weiter bestehenden nationalstaatlichen Egoismen in Fragen, die eigentlich auf europäischer Ebene entschieden werden müssten. Und andererseits eine unangemessene Einmischung der EU-Kommission in einigen Politikbereichen, beispielsweise beim städtischen Nahverkehr.

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