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Immer wieder wird Ungarns Premier Viktor Orbán von der EU gerügt.

© dpa

EU macht Druck auf Orbán: Ohne Rechtsstaats-Garantien kriegt Ungarn keine Milliarden

Die EU-Kommission fühlt dem ungarischen Regierungschef Orbán an einer Stelle auf den Zahn, wo es wirklich wehtut – beim Geld. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Schon seit Jahren spielt Ungarns Regierungschef Viktor Orbán ein Katz-und-Maus-Spiel mit der EU. Der Vergleich mag sich putzig anhören, aber er trifft dennoch zu. Denn schon lange machen Kritiker Orbán den Vorwurf, EU-Subventionen aus Brüssel vor allem an loyale Gefolgsleute zu verteilen. Doch so gravierend diese Vorwürfe sind, so folgenlos blieben bislang die Brüsseler Interventionsversuche.

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Derartigen Spielchen schaut eine europäische Öffentlichkeit mit zunehmender Fassungslosigkeit zu. Hinzu kommt ein unhaltbares Gesetz zum Umgang mit Homosexualität, das klar gegen die Grundwerte der Gemeinschaft verstößt. Zwar hat Orbáns Verstoß gegen die EU-Regeln nichts unmittelbar mit der Misswirtschaft im Zusammenhang mit den Brüsseler Milliarden zu tun, die aktuell im Fokus der EU-Kommission stehen. Aber er schärft noch einmal zusätzlich den Blick der EU-Partner auf Ungarn.

Corona-Hilfen betragen insgesamt 7,2 Milliarden Euro

Im konkreten Fall geht es um eine Summe von rund 7,2 Milliarden Euro, die Ungarn aus dem Corona-Fonds der EU erwarten kann. Damit das Geld fließt, benötigt die Regierung in Budapest die Zustimmung der EU-Kommission. Brüssel muss Orbáns Plan für die Verwendung der Corona-Milliarden absegnen, bevor auch nur ein Cent nach Budapest überwiesen werden kann. Doch die EU-Kommission hat Zweifel, dass sich Orbán an sämtliche rechtsstaatliche Standards hält, wenn er demnächst die Corona-Hilfen ausgibt.

Also verlangt die Brüsseler Behörde von der ungarischen Regierung, ihren Corona-Plan schleunigst nachzubessern. Orbán muss jetzt nachweisen, dass der Einsatz der Gelder korruptionsfrei verläuft, dass die Geldflüsse genau verfolgt werden können und dass er zur Zusammenarbeit mit der EU-Betrugsbekämpfungsbehörde Olaf bereit ist.

Eigentlich sind all dies Dinge, die im Sinne der Rechtsstaatlichkeit eine Selbstverständlichkeit sein sollten. Sie sind es aber in Ungarn schon lange nicht mehr, seit Orbán sich angeschickt hat, den Rechtsstaat auszuhebeln. Alle Versuche der EU, gegen die Entmachtung der Ermittlungsbehörden vorzugehen, sind bislang erfolglos geblieben. Aber das könnte sich nun erstmals wegen der neuen Regeln im Zuge der Corona-Hilfen ändern: Nur wer eine saubere juristische Überprüfbarkeit beim Einsatz der Mittel sicherstellt, kann auch in den Genuss der Milliarden kommen.

Ursula von der Leyen wählt endlich eine härtere Gangart

Für EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen war es höchste Zeit, gegenüber Ungarn eine härtere Gangart anzuschlagen. Im Europaparlament war zuletzt die Unruhe unter den Abgeordneten erheblich gewachsen, weil die Kommissionschefin sich bislang weigerte, mit Staaten wie Ungarn und Polen ernsthaft in den Clinch zu gehen. Dabei verfügt die Europäische Union seit Anfang des Jahres über ein neuartiges Instrument – den sogenannten Rechtsstaatsmechanismus –, das erstmals die Kürzung von EU-Subventionen ermöglicht.

Es kann nicht länger angehen, dass ein Rechtsstaatssünder wie Orbán sich regelmäßig eine Einmischung der EU verbittet, aber gleichzeitig gerne zugreift, wenn Milliarden aus Brüssel zu verteilen sind. Allzu lang hat von der Leyen gegenüber Orbán Nachsicht gezeigt. Es war überfällig, dass die EU-Kommissionschefin jetzt der ungarischen Regierung wirklich auf den Zahn fühlt und da ansetzt, wo es wehtut – beim Geld.

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