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Die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen (CDU).

© dpa/v John Thys/Pool AFP/AP

EU-Kommissionschefin hat Hoffnung fast aufgegeben: Von der Leyen rechnet mit „No Deal“ beim Brexit

Die EU-Kommissionschefin sieht geringe Erfolgschancen bei den Post-Brexit-Gesprächen. Ein „No Deal“ sei wahrscheinlicher als ein rechtzeitiges Abkommen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat nicht mehr viel Hoffnung auf einen Erfolg der Verhandlungen mit Großbritannien. Sie habe "niedrige Erwartungen", dass ein Handelsabkommen noch rechtzeitig abgeschlossen und in Kraft treten werde, sagte von der Leyen am Freitag laut übereinstimmenden Angaben aus EU-Kreisen beim EU-Gipfel in Brüssel. Die Verhandlungen sollen bis Sonntag weitergehen, um auszuloten, ob ein Abkommen doch noch machbar ist.

Sie wolle nicht riskieren, Prozentangaben dazu zu machen, für wie wahrscheinlich sie einen Verhandlungserfolg halte, sagte von der Leyen demnach. Aber sie wolle keinesfalls die Erwartungen hochschrauben. "Die Wahrscheinlichkeit eines 'No deal' ist größer, als die eines Deals", sagte von der Leyen.

Auch der britische Premierminister Boris Johnson hatte seine Landsleute am Donnerstag aufgefordert, sich auf ein Scheitern der Gespräche mit der EU einzustellen. Ein Treffen von Johnson und von der Leyen am Mittwochabend in Brüssel hatte keinen Durchbruch gebracht.

Großbritannien war zum 1. Februar aus der EU ausgetreten, bis zum Jahresende bleibt das Land aber noch im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion. In dieser Übergangsphase ist es bisher nicht gelungen, ein Handelsabkommen für die Zeit nach dem Brexit auszuhandeln. Ohne Einigung würden im beiderseitigen Handel zum Jahreswechsel Zölle erhoben mit gravierenden Folgen für die Wirtschaft.

Inzwischen wäre die Zeit für die rechtzeitige Ratifizierung eines Abkommens bis zum Jahresende äußerst knapp. Hauptstreitpunkte in den Verhandlungen sind nach wie vor faire Wettbewerbsbedingungen, die Kontrolle eines künftigen Abkommens und die Fangrechte für EU-Fischer in britischen Gewässern.

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Britischer Minister: Brexit-Handelspakt ist noch immer möglich

Die Regierung in London rückte unterdessen am Freitag ein wenig von ihrer Haltung ab. Zwar stimme er Regierungschef Boris Johnson zu, dass ein Scheitern der Verhandlungen wahrscheinlich sei. Doch gebe es „eine bedeutende Möglichkeit, dass wir diesen Deal hinbekommen“, sagte Kultur- und Medienminister Oliver Dowden dem Sender Sky News. „Wir haben fast 90 Prozent des Weges geschafft.“ Ein Handelsvertrag sei für die EU wie für das Vereinigte Königreich die beste Lösung - aber nicht zu jedem Preis.

Johnson hatte am Donnerstagabend gesagt: „Ich denke, wir müssen uns sehr, sehr klar darüber sein, dass es nun eine hohe Wahrscheinlichkeit - eine hohe Wahrscheinlichkeit - gibt, dass wir eine Lösung haben werden, die eher der australischen Beziehung mit der EU entspricht als der kanadischen.“ Alle müssten sich nun auf „die australische Option“ vorbereiten - also Handel ohne Abkommen, wobei Zölle nach Regeln der Welthandelsorganisation fällig würden.

Notfallgesetze für den Fall, dass es kein Handelsabkommen gibt

Angesichts der festgefahrenen Gespräche veröffentlichte die EU-Kommission am Donnerstag Notfallgesetze für den Fall, dass es am 1. Januar kein Handelsabkommen gibt. Die Pläne der Brüsseler Behörde sollen "einige der bedeutenden Störungen" etwa im Flug- und Straßenverkehr abmildern.

Der EU-Gipfel in Brüssel ist am Freitag nach gut 21 Stunden zu Ende gegangen. Gerungen hatten die EU-Staaten vor allem um ein verschärftes Klimaziel für 2030. Am Freitagmorgen einigten sie sich dann darauf, dass der Ausstoß von Treibhausgasen um mindestens 55 Prozent unter den Wert von 1990 sinken soll.

Eine Einigung beim strittigen Thema Haushalt war ihnen bereits am Donnerstag gelungen. EU-Ratschef Charles Michel, Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Bundeskanzlerin Angela Merkel wollten am Freitagvormittag über die Beschlüsse informieren. (AFP, dpa)

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