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Der deutsche Finanzminister: Christian Lindner (FDP).

© dpa/Kay Nietfeld

Update

„Es profitieren 48 Millionen Menschen davon“: Lindner will breite Mitte der Gesellschaft entlasten

Der Bundesfinanzminister stellte am Mittwoch seine Pläne zum Inflationsausgleich vor. Dabei verteidigte Lindner den Reichensteuersatz.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat die von ihm geplanten Steuerentlastungen als Gebot der Fairness gerechtfertigt. „Wir sind in einer Situation, wo gehandelt werden muss“, sagte Lindner am Mittwoch in Berlin. „Die Menschen sind angesichts der Inflation besorgt. Für viele ist das tägliche Leben sehr viel teurer geworden, wir befürchten steigende Preise für Gas, Energie und Lebensmittel.“

Lindner stellte vor, wie er die hohe Inflation für die Bürger abfedern will. Geplant ist dafür ein sogenanntes Inflationsausgleichsgesetz, das ein höheres Kindergeld und eine Steuersenkung vorsieht. So soll der Grundfreibetrag erhöht werden, also das Einkommen, bis zu dem keine Steuer gezahlt werden muss. „Davon profitieren 48 Millionen Menschen in der breiten Mitte der Gesellschaft“, erklärte Lindner. Er sprach von einer Steuersenkung in Höhe von mehr als zehn Milliarden Euro.

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Lindner will diese Grenze von derzeit 10.347 Euro auf 10.632 Euro im kommenden und 10.932 Euro im Jahr 2024 anheben, das geht aus einem Gesetzesentwurf hervor, der verschiedenen Medien vorliegt.

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Auch weitere Eckwerte des Steuertarifs werden verschoben, um den Effekt der kalten Progression auszugleichen. So bezeichnet man eine Art schleichende Steuererhöhung, wenn eine Gehaltserhöhung durch die Inflation aufgefressen wird, aber dennoch zu einer höheren Besteuerung führt.

[Lesen Sie auch: Lindners Inflationsausgleich: Was der Finanzminister plant und wie es wirkt (T+)]

„Hier geht es nicht um eine Entlastung, sondern um einen Verzicht auf Belastung“, sagte Lindner. Auch er sei dafür, dass „starke Schultern mehr tragen sollen als schmale Schultern“. Durch die kalte Progression würden aber auch „Menschen belastet, deren Schultern gar nicht breiter geworden sind“.

Reichensteuersatz soll bleiben

Nach Lindners Vorstellungen soll der Spitzensteuersatz künftig erst bei höheren Einkommen greifen. Konkret bei 61.972 Euro im kommenden Jahr und bei 63.515 Euro im Jahr 2024. Die Grenze für den noch höheren Reichensteuersatz will Lindner nicht antasten. Es gibt bereits Kritik, dass Topverdiener von den Plänen des FDP-Politikers in absoluten Zahlen stärker profitieren würden als Geringverdiener.

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Darauf angesprochen, wies der Finanzminister erneut auf den Deckel von über 60.000 Euro hin. Das sei das anderthalbfache des durchschnittlichen Nettoeinkommens. Lindner betonte allerdings auch, dass diejenigen, die abgeben, nicht vergessen werden dürfen. „Das Steuerrecht muss in der Mitte bleiben.“

Linder: „Der Haushaltsplan ist ausfinanziert“

Das Kindergeld für die beiden ersten Kinder soll 2023 um acht Euro auf dann 227 Euro pro Monat steigen. Für das dritte Kind sollen Eltern zwei Euro mehr erhalten, dann ebenfalls 227 Euro. Für das vierte Kind bleibt es bei 250 Euro. 2024 soll das Kindergeld für die ersten drei Kinder noch einmal um sechs Euro angehoben werden.

Weitere Reformen, wie sie aus den Reihen der Ampel-Koalition gefordert werden, soll es nicht geben. „Der Haushaltsplan ist ausfinanziert“, sagt Lindner. Wenn es weitere Entlastungen geben soll, müssen sie vom Bundestag beschlossen werden, der dann auch klären muss, wo an anderer Stelle gespart wird.

SPD und Grüne: Vorschläge sind „verbesserungsbedürftig“

In der SPD werden Lindners Vorschläge kritisch gesehen. „Ein weiterer kräftiger Entlastungsimpuls bis in die Mitte der Gesellschaft ist richtig und notwendig, sollte aber vor allem auf Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen zielen“, sagte Achim Post, der Vizevorsitzende der Bundestagsfraktion.

Finanzpolitiker der SPD: Achim Post – hier im Juni im Bundestag.
Finanzpolitiker der SPD: Achim Post – hier im Juni im Bundestag.

© Imago/Future Image/F. Kern

Kritik kommt auch von Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch: „Steuersenkungen in Milliardenhöhe, von denen Topverdiener dreimal so stark profitieren wie Menschen mit kleinen Einkommen, gehen an der Realität vorbei.“ Es müssten nun Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen entlastet werden.

Post betonte zudem, dass ein vollständiger Abbau der sogenannten kalten Progression gerade in der jetzigen Phase einer hohen Inflation „äußert kostspielig und alles andere als zielgerichtet“ sei, da hohe Einkommen davon besonders stark profitieren würden. „Ein Festhalten am jetzigen Satz der Reichensteuer könnte diesen Effekt nur in Teilen abfedern“, sagte er in Anspielung auf den FDP-Widerstand gegen Steuererhöhungen.

Die hohen Energiekosten treiben die Inflation.
Die hohen Energiekosten treiben die Inflation.

© Imago/Rene Traut

„Die vorgeschlagenen Anhebungen beim Grundfreibetrag und Kindergeld gehen zwar in die richtige Richtung, reichen jedoch nicht aus“, fügte der SPD-Finanzpolitiker hinzu. Er schlug als Alternative Direktzahlungen vor, mit denen kleine und mittlere Einkommen gezielt entlastet werden könnten.

Es sei aber klar, dass die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP weitere Entlastungen in Angriff nehmen werde. „Über die genaue und gerechte Ausgestaltung besteht aber weiterer Gesprächsbedarf.“

Union unterstützt Lindner

Der finanzpolitische Sprecher der Linken-Fraktion im Bundestag, Christian Görke, nannte Lindners Steuerplan einen „Witz“. Die unteren 70 Prozent der Bevölkerung würden fast komplett leer ausgehen, da sie kaum Einkommensteuer zahlten. „Eine Senkung hilft ihnen daher nur minimal. In absoluten Zahlen profitieren Spitzenverdiener nach Lindners Vorschlag sogar am stärksten.

Wirtschaftspolitische Sprecherin der Unions-Fraktion: Julia Klöckner (CDU).
Wirtschaftspolitische Sprecherin der Unions-Fraktion: Julia Klöckner (CDU).

© Imago images/Jens Schicke

Unterstützung erhält Lindner dagegen aus der Union. „Die Entlastungsvorschläge von Herrn Lindner sind zwar noch ausbaufähig, gehen aber in die richtige Richtung“, sagte die wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Julia Klöckner (CDU). Der Ampel-Koalition warf sie Handlungsunfähigkeit in der Frage der kalten Progression vor.

DGB lehnt Pläne von Lindner ab

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) lehnt die am Mittwoch vorgestellten Pläne ab: „Christian Lindners Steuerkonzept greift viel zu kurz“, sagte Vorstandsmitglied Stefan Körzell. Für eine ausreichende Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen müsste der Grundfreibetrag auf 12.800 Euro steigen.

„Stattdessen profitieren Spitzenverdiener und Reiche, obwohl sie weit weniger Probleme haben, mit den aktuellen Preissteigerungen zurecht zu kommen“, kritisierte Körzell. Aus Sicht des DGB ist die Beseitigung der kalten Progression allein nicht der Schlüssel zu mehr Steuergerechtigkeit, wie Körzell betonte. (Tsp, dpa, Reuters)

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