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Im Südwesten schon Realität: Die Stuttgarter City ist in der Nacht zu Sonntag menschenleer.

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Es kommt auf die Solidarität aller an: Wir müssen uns im Lockdown beweisen

Die neuen Maßnahmen sind hart. Man hätte auch ein besseres Verfahren finden können. Aber sie sind unumgänglich. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albert Funk

Es werden nun stille Tage werden. Der harte Lockdown des öffentlichen Lebens beginnt am Mittwoch. Er reicht bis zum 10. Januar – vorerst. Dreieinhalb Wochen also haben wir nun, um die Corona-Infektionszahlen wieder zu senken. Um auf ein Level zu kommen, das beherrschbar ist. 

Gelingt das nicht, weil die Zahl der Leichtsinnigen, der Unbelehrbaren oder auch nur der Verhaltensmuffel zu groß bleibt, dann werden die Maßnahmen zwangsläufig weiter in das neue Jahr hineinreichen.

All jene, die schon etwas früher gemerkt haben, dass die im Oktober und Anfang November beschlossenen Einschnitte wohl nicht reichen werden – so unangenehm sie sind –, dürfen sich nun bestätigt fühlen. Die Kanzlerin gehörte dazu, einige der Ministerpräsidenten, aber eben nicht alle.

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Hätte man schon vor zwei Wochen den jetzt beschlossenen Lockdown mit der Ferienverlängerung auf den Weg gebracht, statt noch von familienfreundlichen Weihnachtsfeiern zu träumen – man hätte allen mehr Planbarkeit verschafft, nicht zuletzt auch den Unternehmen, und der wirtschaftliche Schaden wäre wohl etwas geringer ausgefallen.

Zu lange gekleckert?

Andererseits war der Ansatz, mit moderateren Einschnitten zu einem frühen Zeitpunkt die Festtage sozusagen zu retten, auch verständlich. Hat man also zu lange gekleckert und zu spät geklotzt? Darüber muss man sich jetzt nicht mehr streiten. Es ist verschüttete Milch.

Corona sei eine Katastrophe, sagt Markus Söder. Das klingt nach Übertreibung. Aber es stimmt. Doch sie kommt leider auf leisen Sohlen daher. Die Ansteckung verläuft bei vielen unbemerkt bis sanft. 

Und daher ist es schwierig, die ernsthafte Situation in der gesamten Gesellschaft so zu vermitteln, wie es jetzt nötig ist. Doch wir stecken mitten in einer Infektionswelle, die das Gesundheitssystem stark zu belasten droht.

Die Corona-Welle muss wie die Grippe-Welle gebrochen werden

Das Coronavirus hat andere Wirkungen als eine Grippe. Aber die Wege der Ansteckung verlaufen ähnlich. Schaut man sich den Grippeverlauf in diesem Herbst an, so sieht man: Er ist moderater als in den Vorjahren. Was auch an dem Teil-Lockdown seit November liegt. 

Die Zahl der Grippe-Infektionen, immerhin gebremst durch millionenfache Impfungen, geht üblicherweise erst im Januar deutlich nach oben, auch im Februar noch, und sie sinkt dann wieder im März. Im Frühjahr brach sie wegen des Corona-Lockdowns regelrecht ein.

Und das ist das Szenario auch beim Coronavirus. Wir werden, so oder so, mehr Fälle nach dem Jahreswechsel bekommen. Ohne die jetzt beschlossenen Maßnahmen würde diese Zahl viel zu hoch. Es ist also ein Gebot der Vernunft, es ist nichts anderes als gesunder Menschenverstand, sich nun dem zu beugen, was die Spitzen im Bund und in den Ländern beschlossen haben.

Eine Abwägung

Natürlich steht hinter all dem eine Abwägung – bei den Spitzen der Politik wie auch bei uns allen. Merkel, Scholz & Co. haben einen Amtseid geleistet, in dem sie gelobten, Schaden vom Volk abzuwenden. Die strikten Maßnahmen haben sie am Sonntag auch mit diesem Amtseid begründet. 

Der Schaden, den sie vielen Unternehmen und Beschäftigten jetzt zumuten, soll den Schaden geringer halten, den das Virus bewirkt. Dieser Schaden lässt sich nicht so leicht nach Milliarden Euro berechnen.

Doch wer all jene, die schwer erkranken, und diejenigen, die ihnen in den Kliniken helfen wollen und müssen, im Stich lässt, der bewirkt einen Schaden anderer Natur – einen gesellschaftlichen Schaden, weil damit deutlich gemacht wird, dass der Egoismus triumphieren darf.

In einer einigermaßen solidarischen Gesellschaft gehört das Abwenden von Schaden zu den Aufgaben aller Mitglieder dieser Gesellschaft. Im Frühjahr und auch jetzt im Herbst haben viele sich glücklicherweise so verhalten. Die große Mehrheit in diesem Land versteht sich als Solidargemeinschaft. So sollte es auch jetzt in dieser winterlichen Bewährungsprobe sein.

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