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SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil spricht im Namen der drei Sondierungsparteien von einem "neuen politischen Stil".

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Erster Tag der Sondierungen: 45 Milliarden für eine neue Regierung

Union und SPD kündigen nach dem ersten Tag der Sondierungen einen "neuen politischen Stil" an - und besitzen finanziellen Spielraum.

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Zu Beginn ihrer Sondierungsgespräche zur Bildung einer großen Koalition haben Union und SPD am Sonntag den Finanzrahmen für die nächsten vier Jahre abgesteckt. Erwartet wird, dass das Volumen bei rund 45 Milliarden Euro bis 2021 liegt. In diesem Rahmen können die Sondierer zusätzliche Ausgaben oder Steuersenkungen vereinbaren, ohne dass neue Schulden aufgenommen werden müssen. Alle drei Parteien wollen kleine und mittlere Einkommen entlasten – die SPD will dafür Spitzenverdiener stärker zur Kasse bitten.

Die geschäftsführende Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel sagte zum Auftakt der Gespräche, es gehe nun darum, dass die Deutschen „auch in fünf bis zehn Jahren in Wohlstand, Sicherheit und Demokratie“ leben könnten. Voraussetzung dafür seien ein gefestigter Zusammenhalt in der Gesellschaft, die Sicherung der Arbeitsplätze in Zeiten des digitalen Wandels, eine gerechte Verteilung sowie innere und äußere Sicherheit. CDU-Chefin Merkel zeigte sich zuversichtlich, dass sich Union und SPD auf Voraussetzungen zur Bildung einer stabilen Regierung einigen können. „Ich glaube, es kann gelingen“, sagte sie am Sonntag.

SPD-Chef Martin Schulz kündigte „konstruktive und ergebnisoffene Gespräche“ an. „Die Deutschen haben einen Anspruch darauf, dass es schnell geht“, sagte er. Die nächsten fünf Tage müssten ausreichen, um auszuloten, ob es genügend Gemeinsamkeiten gebe. Auch Schulz verwies auf „große Herausforderungen“. Um Deutschland auf die Höhe der Zeit zu bringen, seien Investitionen in Bildung und Infrastruktur, die Förderung des sozialen Wohnungsbaus und Verbesserungen bei der Pflege notwendig.

CSU-Chef Horst Seehofer gab sich ebenfalls zuversichtlich. Er sei „bester Stimmung“, versicherte der scheidende bayerische Ministerpräsident. Seehofer betonte die Notwendigkeit zur Einigung: „Wir müssen uns verständigen.“ Als Knackpunkte bei den Verhandlungen gelten unter anderem die umstrittene Einführung einer Bürgerversicherung im Gesundheitswesen sowie die Flüchtlings- und Asylpolitik. Hier beharrt die Union auf der weiteren Aussetzung des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutz.

SPD-Generalsekretär: "Die neue Zeit braucht neue Politik"

Nach dem ersten Treffen am Sonntag zog SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil in einer gemeinsamen Erklärung ein positives Fazit. Man habe konzentrierte und offene Gespräche geführt, die Parteichefs hätten deutlich gemacht, dass es ein „Weiter so“ nicht geben könne. Die Situation in Europa und der Welt sowie die Zusammensetzung des Bundestages zeige: „Wir befinden uns in einer neuen Zeit. Und diese neue Zeit braucht eine neue Politik.“ Über die Frage, wie CDU, SPD und CSU auf die großen Herausforderungen Antworten finden könnten, werde man nun reden. Alle Seiten würden auch darüber verhandeln, „wie ein neuer politischer Stil in diesem Land aussehen kann und wie die drei Parteien diesen Stil gemeinsam prägen können“, sagte der SPD-Politiker, ohne die Rechtspopulisten von der AfD ausdrücklich zu nennen.
Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte zuvor in der „ARD“ erklärt, im Zentrum eines möglichen Koalitionsvertrages müsse Europa stehen. die große Koalition habe 2013 den Fehler gemacht, dass sie sich mehr auf die Innenpolitik konzentriert habe und zu wenig auf Europa. Es werde endlich Zeit, dass Deutschland eine Antwort auf die Reformvorschläge des französischen Präsidenten Emmanuel Macron gebe. In die Stabilität Europas müsse mehr investiert werden, etwa in der Bildung. CDU, CSU und FDP seien hier sehr zurückhaltend gewesen.
Die Sondierungen sollen spätestens in der Nacht zum Freitag abgeschlossen sein. Danach will die SPD-Führung entscheiden, ob sie dem SPD-Sonderparteitag am 21.Januar in Bonn die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen empfiehlt. An der SPD-Basis gibt es erheblichen Widerstand gegen eine Neuauflage der großen Koalition. (mit dpa/rtr)

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