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Wolodymir Selenski hat die Amtsgeschäfte übernommen.

© Efrem Lukatsky, dpa

Erster Schritt des ukrainischen Präsidenten: Selenski löst das Parlament auf

Aus dem Komiker wird der Politiker: Präsident Selenski will die ganze Macht. Und er macht Moskau ein Angebot zum Dialog.

Die Ukraine steht nach dem Wechsel im Präsidentenamt nun vor vorgezogenen Parlamentswahlen. Das neue Staatsoberhaupt Wolodymir Selenski hat am Montag nach seiner Amtseinführung in Kiew in der ersten Rede an die Nation angekündigt, die oberste Volksvertretung werde aufgelöst und er setze Neuwahlen zur Rada an. Die Abstimmung, die turnusmäßig im Herbst angestanden hätte, soll nun in zwei Monaten stattfinden.

Selenski, der die Präsidentenwahl mit rund 73 Prozent der Stimmen in der zweiten Runde gewann, hatte in seiner Kampagne grundlegende Veränderungen in der politischen Kultur des Landes versprochen, vor allem will er den Kampf gegen die endemische Korruption der politischen Klasse und in den Verwaltungen führen. Für Reformen fehlt ihm jedoch die Mehrheit im Parlament. Einer von ihm gegründeten Partei werden jetzt in Umfragen gute Chancen eingeräumt.

Gleich zu Beginn seiner Rede hatte Selenski die Einstellung der Kampfhandlungen in der Ost-Ukraine zum wichtigsten Ziel seiner Präsidentschaft erklärt. Dafür sei er „zu allem bereit“, auch zu Maßnahmen, die ihn seine Popularität oder gar das Amt kosten würden, erklärte der Präsident. Gleichzeitig forderte er jedoch auch die Rückgabe der von Russland 2014 annektierten Halbinsel Krim. Für diesen Teil seiner Rede wechselte Selenski vom Ukrainischen in die russische Sprache, was Kiewer Medien als Signal sowohl in Richtung Moskau als auch an die Separatisten im Donbas werteten, wo seit fünf Jahren Krieg herrscht. Ein erster Schritt zum Dialog solle die „Rückkehr aller ukrainischen Gefangenen“ sein, sagte Selenski.

Moskau reagiert abweisend

Sein Redeteil in russischer Sprache war aber auch ein Signal nach innen. Drei Tage nach seinem Wahlsieg hatte die Rada ein Sprachengesetz verabschiedet, das Behörden verpflichtet, Ukrainisch zu sprechen. Selenski, dessen erste Sprache Russisch ist, hatte das Gesetz kritisiert. In seiner Antrittsrede kritisierte er nun den Kurs seines Amtsvorgängers Petro Poroschenko, der nichts dafür getan habe, dass sich die Bewohner des Donbas als Ukrainer fühlten. Selenski sagte: „Sie sind keine Fremden, sie gehören zu uns, sie sind Ukrainer“, sagte Selenski – und erntete dafür nicht nur Zustimmung unter den Abgeordneten.

In einer ersten Stellungnahme reagierte Moskau abweisend auf das Angebot Selenskis zum Dialog. Gegenwärtig stünden Gespräche zwischen ihm und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht auf der Tagesordnung, erklärte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Derzeit gebe es nicht einmal Kontakte. Putin habe auch nicht die Absicht, Selenski zur Amtseinführung zu gratulieren. Zunächst müssten „erste Erfolge bei der Regulierung des inneren Konfliktes im Südosten der Ukraine“ erzielt werden. Damit beharrt Moskau auf seiner Position, man sei in dem Nachbarland nicht Kriegspartei. Die Ukraine – auch der neue Präsident – sieht sich dagegen in einem Krieg mit Russland.

Im innenpolitischen Teil seiner Rede legte der Präsident der Regierung, die faktisch eine Mannschaft seines Amtsvorgängers Poroschenko ist, den Rücktritt nahe. Premierminister Wladimir Groismann gab am Nachmittag seinen Rücktritt bekannt. Selenski kündigte außerdem an, die Immunität der Abgeordneten werde aufgehoben. In der Vergangenheit hatten Oligarchen wiederholt ein Abgeordnetenmandat angestrebt, um Ermittlungen der Staatsanwaltschaft beispielsweise in steuerrechtlichen oder anderen strafrechtlichen Fragen zu entgehen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Selenski am Montag Glückwünsche gesandt und der Ukraine später Hilfe bei der Wiederherstellung der territorialen Integrität des Landes zugesagt.

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