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André Poggenburg, Daniel Roi, Matthias Büttner und Tobias Rausch (von links) sitzen in der ersten Reihe der AfD-Fraktion des neuen Landtages im Plenarsaal in Magdeburg.

© Jens Wolf/dpa

Erste Sitzung des Landtags in Sachsen-Anhalt: Leise Niederlagen, wechselnde Mehrheiten

Die AfD ist im Parlamentsbetrieb angekommen: In der ersten Sitzung des Landtags in Sachsen-Anhalt unterstützt die CDU bei der Wahl der Vizepräsidenten die AfD. Der Linke Wulf Gallert fiel zunächst durch.

Der Tag eins im neuen Landtag von Sachsen-Anhalt war ein Tag der leisen Niederlagen. Jene des Wulf Gallert war dabei die lauteste. Nur 39 der 87 Abgeordneten wollten den Spitzenmann der Linken im ersten Wahlgang als zweiten Stellvertreter des Landtagspräsidenten sehen, 44 wollten ihn nicht. Das Ergebnis verdutzte alle Seiten dermaßen, dass die Sitzung erst mal unterbrochen werden musste.

Auch der neue Landtagspräsident, der CDU-Mann Hardy Peter Güssau, konnte nicht eben kraftvoll ins Amt starten. Der Lehrer aus Stendal wurde am Vormittag mit bescheidenen 47 Ja-Stimmen gewählt.

Dass ein Vize bei der Wahl durchfällt, hat es zuvor in Magdeburg noch nicht gegeben. Zumal vorher die AfD problemlos ihren Kandidaten für den ersten Stellvertreter durchbekam. Der 53-jährige Daniel Rausch, Metallbauer aus Staßfurt, ist bundesweit der erste AfD-Mann in dieser Funktion. Seine Wahl glückte mit 46 Ja-Stimmen, von denen wohl etliche aus der CDU kamen.

CDU wählt AFD-Kandidaten, AfD lässt Linken-Kandidaten durchfallen

Umgekehrt sah aber die 25-köpfige AfD-Fraktion keinen Grund, den Linken Gallert zu wählen. AfD-Frontmann André Poggenburg begründete dies mit der „ideologischen Positionierung“ der Linken, die sich gegen Rausch ausgesprochen hatte.

Linken-, SPD- und Grünen-Mitglieder, aber auch Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) zeigten sich erstaunt. Der Fraktionschef der CDU, Siegfried Borgwardt, hingegen überreichte Rausch nach dessen Wahl Blumen. „Das ist ein ganz demokratisches Verhalten. Wir ehren das Amt, nicht die Person“, sagte er.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Claudia Dalbert ärgerte sich über eine „Belastung für künftige Kooperationen, die gerade im Entstehen begriffen sind“. Denn von den fünf Parteien, die am 13. März in den Landtag gewählt wurden, wollen drei demnächst regieren: CDU, SPD und Grüne handeln gerade die erste deutsche „Kenia-Koalition“ aus. In der Opposition verblieben dann AfD und Linke - die voneinander nichts wissen wollen. Aber die Größenverhältnisse sprechen für sich: Die AfD stellt 25 Abgeordnete, die Linken sind auf 16 abgesackt.

Die AfD ist im Parlamentsbetrieb angekommen - die CDU wertet sie auf

Auch deshalb kommt dem AfD-Granden Poggenburg Bedeutung zu. Der 41-jährige Unternehmer aus Zeitz hat als Stimme der Opposition in Magdeburg eine fabelhafte Plattform für seine weitere Parteikarriere. Damit legte er gestern auch wortgewaltig los: Die AfD sei es ja nicht, die sich nicht an die parlamentarischen Gepflogenheiten halte, schmetterte er am Pult, im grauen Anzug und mit blauem Schlips.

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Steffi Lemke wertete die Abstimmungsergebnisse ebenso wie der Politologe Thomas Kliche von der Hochschule Magdeburg als Einladung des rechten CDU-Flügels zur Zusammenarbeit an die AfD - und als Signal an die kleinen Fraktionen von SPD und Grünen, dass es auch ohne sie gehe.

Die nächsten fünf Jahre werden nicht leicht. Die Kenia-Koalitionäre kommen zusammen auf 46 Stimmen – nur fünf mehr als AfD und Linke. Die Linke, die als drittstärkste Fraktion den zweiten Vize stellen darf, blieb gestern stur und präsentierte den durchgefallenen Kandidaten am Nachmittag ein zweites Mal. Kurz vor vier wurde der 52-jährige Wulf Gallert doch noch zweiter Vize. Mit 45 Ja-Stimmen – eine mehr, als er gebraucht hätte.

Christine Keilholz

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