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Delegierte der Loja Dschirga in Kabul

© Reuters/Omar Sobhani

Erste Loja Dschirga seit 2013: Afghanistans Stammesversammlung sucht Wege zum Frieden

Afghanistans "Großer Rat" tritt immer dann zusammen, wenn weitreichende Entscheidungen anstehen. Nun sitzen mehr als 3000 Delegierte wieder zusammen.

Bei Afghanistans erster Stammesversammlung Loja Dschirga seit sechs Jahren sind mehr als 3000 Delegierte zusammengekommen. Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen versammelten sich am Montag Teilnehmer aus allen Landesteilen in der Hauptstadt Kabul. Staatschef Aschraf Ghani eröffnete das viertägige Treffen, von dem er sich ein starkes Mandat für Friedensverhandlungen mit den radikalislamischen Taliban erhofft.

Bei der Loja Dschirga, die zum ersten Mal seit 2013 tagt, sollen die Delegierten über den anhaltenden Krieg im Land und die Friedensverhandlungen mit den Taliban beraten. "Wir wollen die Leitlinien für die Verhandlungen mit den Taliban festlegen", sagte Ghani zur Eröffnung des Treffens. Die Regierung wünsche sich "klare Ratschläge" von den Delegierten.

Eine Loja Dschirga wird in Afghanistan immer dann einberufen, wenn besonders weitreichende politische Entscheidungen anstehen. Übersetzt bedeutet Loja Dschirga soviel wie "große Versammlung".

Taliban lehnen Teilnahme ab

Präsident Ghani will bei dem Treffen vor allem Führungsstärke beweisen. Bei den Friedensgesprächen zwischen den USA und den Taliban war er bisher außen vor geblieben, da die radikalislamischen Aufständischen ihn für eine Marionette der USA halten.

Ghani hofft, in Zukunft mehr Einfluss auf die Verhandlungen nehmen zu können. Dazu soll die Loja Dschirga Bedingungen für einen Friedensvertrag festlegen - etwa den Schutz von Frauenrechten, Presse- und Meinungsfreiheit und der Verfassung.

Einige prominente Politiker wie Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah boykottierten die Versammlung. Sie sehen sie als Versuch Ghanis, sich für die Präsidentschaftswahl im September in Stellung zu bringen.

Die Taliban waren zu der Loja Dschirga eingeladen worden, hatten aber abgelehnt. Ghani appellierte am Montag an die Islamisten, sich einem Dialog nicht zu verschließen. "Wir sind zu Gesprächen bereit, ohne Vorbedingungen", sagte der Präsident.

Die Taliban hatten zuvor erklärt, was auch immer bei der Loja Dschirga an Entscheidungen getroffen werde, sei "für die echten, gläubigen Söhne" Afghanistans inakzeptabel. Die Aufständischen kontrollieren mehr als die Hälfte des Landes. Mitte April hatten sie den Beginn ihrer jährlichen "Frühjahrsoffensive" verkündet und damit die Hoffnung auf eine schnelle Waffenruhe zerstört.

In der Vergangenheit hatten die Taliban Raketen auf Treffen der Loja Dschirga abgefeuert. Weite Teile Kabuls waren am Montag abgeriegelt.

Die Loja Dschirga hat in Afghanistan eine jahrhundertealte Geschichte. Zuletzt tagte die Versammlung im Jahr 2013 und erlaubte es den US-Truppen, über den ursprünglich geplanten Abzugstermin im Jahr 2014 hinaus im Land zu bleiben. Mit Ergebnissen des aktuellen Treffens wird am Donnerstag gerechnet. (AFP)

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