zum Hauptinhalt
Eine kleine Zahl von der FDP sei ausreichend, findet Parteichef Christian Linder.

© AFP

Erste Gespräche über "Jamaika": FDP will Sondierung mit kleiner Mannschaft beginnen

26 bei der Union, 14 bei den Grünen: Mit großen Teams beginnen die "Jamaika"-Gespräche. Nur die FDP könnte leicht übersehen werden.

Von Antje Sirleschtov

Wenn sich am Freitagabend nächster Woche in der Parlamentarischen Gesellschaft gegenüber dem Reichstag in Berlin die Türen öffnen, wird die Öffentlichkeit einen ersten Blick auf "Jamaika" werfen können – und dann erst einmal zwei personell beeindruckende Teams sehen.

Nicht weniger als 26 Bundes- und Landespolitiker von CDU und CSU sollen mit ihren Parteichefs Angela Merkel (CDU) und Horst Seehofer (CSU) dem politischen Gewicht der Unionsparteien bei der Sondierung Nachdruck verleihen. Und auch die Grünen haben die Tage seit der Bundestagswahl intensiv genutzt, um ihr 14-köpfiges Verhandlungsteam für die Sondierungsgespräche zur Bildung der nächsten Bundesregierung auszuwählen.

Nur die FDP könnte in dem Bild leicht untergehen. Bis jetzt sieht es danach aus, als ob Liberalen-Chef Christian Lindner vorhat, sich zu den Gesprächen allenfalls von einer Handvoll Mitstreiter begleiten zu lassen. Und das, obwohl seine Partei bei der Bundestagswahl mit 10,7 Prozent mehr Stimmen erhalten hat als CSU oder Grüne und von daher eigentlich keinen Grund hätte, sich wie ein Anhängsel von Schwarz-Grün zu präsentieren.

Den Wahlkampf hatten die Liberalen auf Lindner abgestellt

Den Wahlkampf hatten die Liberalen beinahe ausschließlich auf die Person ihres Vorsitzenden konzentriert. Lindner dominierte die Veranstaltungen, die Plakate und Web-Auftritte der Partei so stark, dass der FDP zuweilen vorgeworfen wurde, sie sei eine One-Man-Show. Die Lindner-FDP hatte das jedoch stets zurückgewiesen und die große Präsenz des Parteichefs damit begründet, dass eine kleine Partei, die den Sprung aus der außerparlamentarischen Opposition in den Bundestag nur schaffen könne, wenn sie ihr Erscheinungsbild stark konzentriert. Gleichwohl ging die Sorge davor, dass es nur schwer gelingen könnte, die Fokussierung auf Lindner nach der Wahl schnell aufzugeben und Verantwortung auf mehr Schultern zu verteilen, schon vor dem 24. September in der Parteizentrale um.

Erste Hinweise darauf, dass Union und Grüne in beachtlicher Zahl sondieren und damit auch zügig in verschiedenen Themengebieten inhaltliche Schnittmengen ausloten wollen, wurden in der FDP-Führung zunächst nicht sehr ernst genommen. Zunächst gehe es doch darum, Grundvertrauen aufzubauen, hieß es, und wozu sollten dazu ganze Säle gefüllt werden. Lindner, sein Vize Wolfgang Kubicki und Generalsekretärin Nicola Beer, so der Plan, würden liberale Interessen umfassend vertreten. Erst, wenn später in Facharbeitsgruppen Detailarbeit zu leisten sei, sollten andere Personen nachrücken.

Die FDP muss sich erstmal organisieren

Was nach einer Strategie aussehen soll und Lindners Credo, die FDP lässt sich nicht in eine Koalition zwingen, wenn kein wirklicher Politikwechsel zu erreichen ist, hat indes ganz praktische Hintergründe: Die Liberalen müssen sich zunächst erst einmal organisieren und strukturieren. So sollen Lindners Stellvertreter in der Fraktion, die dann auch thematisch Verantwortung tragen, erst am übernächsten Freitag, also wenige Stunden vor dem Treffen mit Union und Grünen, überhaupt gewählt werden. Von funktionierenden Teams oder Mitarbeiterstrukturen kann noch gar keine Rede sein. Und selbst im Parteipräsidium wurde noch kein einziges Mal über die Sondierungsgruppe gesprochen. Erst am nächsten Montag, heißt es bislang, sei das vorgesehen – drei Tage vor Sondierungsbeginn.

Dem Eindruck, die FDP könnte womöglich unvorbereitet in die Gespräche stolpern und die ernsthafte Suche nach inhaltlichen Kompromissen durch markige Sprüche stören, ist Parteivize Kubicki jetzt erst entgegengetreten. Zur Vertrauensbildung, moserte er im Magazin "Focus", trage es nicht gerade bei, wenn Union und Grüne "in Kompaniestärke" anträten.

Zur Startseite