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Erste Auslandsreise nach Nahost: US-Präsident Donald Trump

© Pablo Martinez Monsivais/AP/dpa

Erste Auslandsreise des US-Präsidenten: Trump plant neuen Anlauf im Nahost-Friedensprozess

Im Wahlkampf hat er die muslimische Welt vor den Kopf gestoßen - nun führt Donald Trumps erste Auslandsreise als US-Präsident nach Saudi-Arabien. Und nach Israel.

Für Donald Trump ist die Ablehnung politischer Traditionen ein wichtiger Teil seines Programms als US-Präsident. Auch bei seiner ersten Auslandsreise hält sich der 70-Jährige nicht an den Brauch, wonach ein neuer US-Staatschef zunächst einem der amerikanischen Nachbarn Kanada oder Mexiko seine Aufwartung macht. Trump geht gleich in die Vollen und hat sich für das Wochenende eine Reise in den Nahen Osten vorgenommen, wo er unter anderem einen neuen Anlauf zur Wiederbelebung des israelisch-palästinensischen Friedensprozesses starten will.

Dass ausgerechnet der wegen seiner anti-muslimischen Äußerungen im Wahlkampf und dem versuchten Einreiseverbot für Muslime in die Kritik geratene Trump seine erste Reise als Staatschef in Saudi-Arabien beginnt, mag auf den ersten Blick verwundern. In Riad will Trump sogar eine Rede zum Thema Islam halten, wie die US-Regierung ankündigte; auch Trumps Vorgänger Barack Obama hatte 2009 mit einer Grundsatzrede zum Verhältnis zwischen dem Westen und dem Islam für Aufsehen gesorgt.

Aber Trump ist nicht Obama. Er will in Saudi-Arabien vor allem amerikanische Interessen durchsetzen, nicht über eine harmonischere Weltordnung reden. Diese Ziele verfolgt der Mann im Weißen Haus auf mehrere Arten. Zum einen will er die Zusammenarbeit mit den Golf-Staaten gegen den „Islamischen Staat“ (IS) und gegen den wachsenden Einfluss des schiitischen Iran stärken. Dazu gehören Waffenlieferungen ebenso wie die Erneuerung des Beistandsversprechens der Amerikaner für ihre Verbündeten in der islamischen Welt. Unter Obama fühlten sich einige traditionelle Partner der USA allein gelassen.

Trump will Blockaden im Friedensprozess brechen

Darüber hinaus will Trump um die Unterstützung der Muslime für den Nahost-Friedensprozess werben. Bei Begegnungen mit den Golf-Arabern und bei einer Konferenz mit einem breiteren Forum islamischer Staaten von Niger bis Pakistan will der US-Präsident die Muslime und insbesondere die Araber dazu bringen, bei den Palästinensern die Bereitschaft zu Zugeständnissen an Israel zu wecken.

Diese schon früher mit wenig Erfolg angewandte Methode, die unter dem Motto „Outside In“ bekannt ist, krankt aber nach Meinung des Nahost-Experten Dan Arbell von der Denkfabrik Brookings Institution in Washington an einer Tatsache: Weder die Araber noch die Israelis sind bereit, den ersten Schritt zu tun. Trump wolle nun versuchen, diese Blockade zu überwinden, sagte Arbell dem Tagesspiegel. Aber große Erfolgsaussichten misst er dem Präsidenten nicht zu. Dennoch: Es gibt vielleicht Bewegung. Das „Wall Street Journal“ berichtete kürzlich über einen angeblichen Plan der Golf-Staaten, unter bestimmten Bedingungen die Beziehungen zu Israel zu normalisieren. Demnach würden die Araber zum Beispiel Handelsbeschränkungen aufgeben und israelischen Fluggesellschaften das Durchqueren ihres Luftraums gestatten, wenn Jerusalem im Gegenzug etwa ein Baustopp im Westjordanland verfügt.

Eine derartige Initiative würde Trump entgegenkommen. Der sieht sich selbst als „Deal Maker“ und spricht öffentlich über seinen Traum, als Nahost-Friedensbringer in die Geschichte einzugehen. Er hat seinen Schwiegersohn Jared Kushner zu einer Art Nahost-Bevollmächtigten ernannt und in seinen ersten Monaten im Amt ein halbes Dutzend Spitzenpolitiker aus der Region im Weißen Haus empfangen. Mit dem jordanischen König Abdullah traf sich Trump sogar zweimal.

In Jerusalem herrscht vor dem Besuch Nervosität

Dieser außenpolitische Ehrgeiz des neuen US-Präsidenten ist ein wichtiger Beweggrund für die Reise. Von Riad aus fliegt Trump nach Israel, wo er Premier Benjamin Netanjahu und Palästinenserchef Mahmud Abbas trifft, und von dort aus nach Rom. Anschließend ist seine Teilnahme an den Gipfeltreffen von Nato und G7 kommende Woche geplant.

In Jerusalem herrscht einige Tage vor dem prominenten Besuch Nervosität. Denn die politischen Flitterwochen seit Trumps Amtsantritt scheinen vorbei zu sein. Die anfängliche Euphorie über die Verbundenheit des US-Präsidenten mit Israel ist einer gewissen Ernüchterung gewichen. Die Regierenden um Netanjahu und vor allem die rechtsstehenden Nationalreligiösen merken: Der Republikaner hat zwar im Wahlkampf vieles vollmundig in Aussicht gestellt, doch wird er – konfrontiert mit den schwierigen Gegebenheiten im Nahen Osten – allenfalls einige seiner Zusagen einhalten können oder wollen. Trumps Sprunghaftigkeit macht denn auch dessen Israel-Reise aus Sicht der Regierenden in Jerusalem zu einem riskanten Unternehmen.

Denn keiner weiß, womit der hohe Gast aus Washington aufhorchen lassen will, wenn er zum Beispiel vor der imposanten Kulisse der Festung Massada oberhalb des Toten Meeres eine Rede hält. Verkündet Trump dann womöglich, wie er sich seinen „ultimativen Deal“ zur Lösung des Nahostkonflikts vorstellt? Fordert er vom jüdischen Staat gar schmerzhafte Kompromisse? Soll Netanjahu womöglich auf Abbas zugehen? Gerade das rechte Lager wäre entsetzt.

Kein Wunder, dass sich Israels konservative Regierung bemüht, Trump Entgegenkommen zu signalisieren. So hat Netanjahu vorsichtshalber das Genehmigungsverfahren für neue Bauvorhaben im Westjordanland verschoben. Wohl eine Reaktion darauf, dass die US-Administration in den vergangenen Monaten mehrfach klarstellte, Washington erwarte Mäßigung bei den jüdischen Siedlungen. Vor Trumps Amtsantritt klang das noch ganz anders. Damals sagte er, die Siedlungen in den besetzten Palästinensergebieten seien kein ernsthaftes Hindernis für eine Friedensregelung. Jüdische Nationalisten waren begeistert – heute ist die Euphorie verfolgen. Und dass Trump womöglich brisante Geheimdienstinformationen aus Israel an Russland weitergegeben hat, trägt nicht zur Entspannung bei.

Bei der Botschafts-Verlegung ist die US-Administration vorsichtig geworden

Auch bei der Frage, ob die USA ihre Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen, scheint die US-Administration auf dem Rückzug. Außenminister Rex Tillerson hat angedeutet, dass es mittlerweile erhebliche Vorbehalte gebe. Man müsse „sehr vorsichtig“ sein, sagte Amerikas Chefdiplomat. Offenbar will Washington die Palästinenser und die arabisch-muslimische Welt nicht gegen sich aufbringen. Beide warnen vor „ernsthaften Konsequenzen“ für die gesamte Region, wenn die USA mit dem Umzug ihrer diplomatischen Vertretung Jerusalem als Hauptstadt des jüdischen Staates anerkennen würden.

In Washington gilt es bereits als ausgemacht, dass Trump den Botschaftsumzug wieder in der Schublade verschwinden lässt. Die Warnungen der arabischen Besucher im Weißen Haus in den vergangenen Monaten hätten ihre Wirkung nicht verfehlt, sagt Nahost-Experte Arbell. Laut US-Medienberichten soll der von Trump ernannte neue US-Botschafter in Israel, David Friedman, wie seine Vorgänger in Tel Aviv residieren. Auch aus dem amerikanischen Regierungsapparat, insbesondere aus dem Außenamt, dem Verteidigungsministerium und den Geheimdiensten, kommen dringende Aufforderungen, auf den Botschaftsumzug auch offiziell zu verzichten.

Viel Zeit bleibt Trump dafür nicht nicht, er muss bald entscheiden. Am 1. Juni läuft die präsidiale Verfügung aus, wonach die eigentlich schon 1995 beschlossene Botschaftsverlegung aus Gründen der nationalen Sicherheit auf Eis gelegt wird. Verlängern oder beenden?, lautet die gewichtige Frage. Kein Wunder, dass Netanjahu nichts unversucht lässt, um den Freund im Weißen Haus in seine Richtung zu lenken. Für Israels Premier wäre es ein riesiger Prestigeerfolg, sollte die Weltmacht USA ihre Botschaft verlegen. Seiner Lesart nach wäre das die Korrektur einer „historischen Ungerechtigkeit“. Mehrfach soll Netanjahu deshalb mit Trump telefoniert haben. Vermutlich ohne Erfolg.

Den Palästinensern käme das entgegen. Es wäre zumindest eine kleine Genugtuung. Denn Mahmud Abbas und seine Mitstreiter denken wehmütig an die Zeit zurück, als Barack Obama noch im Amt war. Der hatte immer wieder betont, er sehe in den Palästinensern gleichberechtigte Partner bei der Suche nach Frieden im Nahen Osten. Auch mit Kritik an Israel sparte der Demokrat nicht. Trump gibt den Palästinensern dagegen das ungute Gefühl, nicht wirklich wichtig zu sein. Als sich der US-Präsident Mitte Februar dann auch noch vom Dogma der Zwei-Staaten-Lösung verabschiedete, war den Palästinensern klar: Mit Trump wird so leicht kein eigener Staat zu machen sein.

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