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Hunderttausende legten an der Gedenkstätte in der armenischen Hauptstadt Eriwan Blumen nieder, um des Beginns des Völkermords vor 100 Jahren zu gedenken.

© Reuters

Eriwan: Hunderttausende Armenier erinnern an den Völkermord

In der armenischen Hauptstadt Eriwan haben Hunderttausende des Beginns des Völkermords vor 100 Jahren gedacht. In vielen Städten der Welt versammelten sich ebenfalls Menschen, um zu gedenken.

In Armenien haben hunderttausende Menschen der Opfer des Völkermords an den Armeniern im Osmanischen Reich vor hundert Jahren gedacht. Nach einer offiziellen Feier am Freitagvormittag an der zentralen Gedenkstätte in der Hauptstadt Eriwan im Beisein internationaler Staatsführer legten Armenier aus aller Welt Blumen vor der ewigen Flamme nieder. "Nichts ist vergessen, nach hundert Jahren erinnern wir uns", sagte Armeniens Präsident Sersch Sarkissjan. Er dankte den internationalen Gästen für ihre Verbundenheit mit dem armenischen Volk. Zugleich forderte er die Türkei auf, die Massaker als Völkermord anzuerkennen. An der Zeremonie in der Gedenkstätte auf einem Hügel am Rande der Innenstadt von Eriwan nahmen auch Frankreichs Präsident François Hollande und Russlands Staatschef Wladimir Putin teil. Hollande sagte, er verneige sich vor den Opfern. "Wir werden die Tragödie, die Ihr Volk erduldet hat, niemals vergessen", versicherte er. In der Türkei seien bereits "wichtige Worte" geäußert worden, doch würden noch weitere erwartet. Putin sagte seinerseits, Massenmorde seien durch nichts zu rechtfertigen. Das türkische Außenministerium wies später Putins Einstufung der Ereignisse als Genozid zurück und verurteilte die Äußerungen. Russland, Frankreich und rund 20 weitere Länder sprechen von einem Völkermord. Nach armenischer Darstellung starben vom 24. April 1915 bis 1917 im Zuge der gezielten Vernichtung der armenischen Minderheit auf dem Gebiet der heutigen Türkei bis zu 1,5 Millionen Armenier. Die Türkei spricht dagegen von 300.000 bis 500.000 getöteten Armeniern und ebenso vielen Toten auf Seiten der Türken bei bürgerkriegsartigen Kämpfen und Hungersnöten.

Demonstrationen in vielen Städten der Welt

Nach der offiziellen Zeremonie in Eriwan legten hunderttausende Armenier Blumen an der Gedenkstätte nieder. "Ich hoffe, dass der hundertste Jahrestag ein Wendepunkt im Kampf der Armenier für die Anerkennung des Völkermords ist", sagte die 37-jährige Ani Sahakyan aus Eriwan. Sevan Gedelekian, der extra aus dem Libanon angereist war, sagte, die Armenier wollten, dass die Türkei ihre Schuld anerkennt und sich entschuldigt.
Auch in zahlreichen weiteren Städten der Welt gab es am Freitag Gedenkfeiern. In Istanbul versammelten sich hunderte Menschen in dem Viertel, in dem am 24. April 1915 die ersten armenischen Intellektuellen verhaftet wurden, und vor dem Bahnhof, von dem die Armenier deportiert wurden. Als erster türkischer Regierungsvertreter nahm EU-Minister Volkan Bozkir an einem Gedenkgottesdienst im armenischen Patriarchat in Istanbul teil.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bekräftigte in einer Botschaft an das Patriarchat sein "Mitgefühl" für die Opfer. Bereits vergangenes Jahr hatte er sein "Mitgefühl" geäußert, den Begriff "Genozid" aber weiter zurückgewiesen. Am Nachmittag nahm Erdogan an einer Gedenkfeier zum hundertsten Jahrestag der Schlacht von Gallipoli teil. Die Zeremonie war um einen Tag vorgezogen worden - offenbar um von dem Gedenken für die Armenier abzulenken.
In Teheran forderten rund tausend Menschen vor der türkischen Botschaft die Anerkennung der Massaker als Völkermord. Im Libanon marschierten tausende Menschen von der armenisch-katholischen Kirche in Antelias nördlich von Beirut zum Vorort Burdsch Hammud in Erinnerung an die Opfer. Dabei trugen die Teilnehmer Schilder wie "100 Jahre Straflosigkeit" und "Kriminelle Türkei".
In der Bundestags-Debatte zu den Massakern an den Armeniern gab es breite Übereinstimmung, von einem "Völkermord" zu sprechen. "Das, was mitten im Ersten Weltkrieg im Osmanischen Reich stattgefunden hat, war ein Völkermord", sagte Lammert. Der Bundestagspräsident bezog sich auf die völkerrechtliche Definition von Völkermord als Taten "mit der Absicht, eine Volksgruppe ganz oder teilweise zu zerstören". (AFP)

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