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Ekrem Imamoglu

© AFP/ Bulent Kilic

Update

Erdogan gratuliert: Oppositionskandidat Imamoglu steht vor Wahlsieg in Istanbul

Auch die Wiederholung der Bürgermeisterwahl entscheidet der CHP-Kandidat für sich. Präsident Erdogan scheint diesmal keine Einwände gegen das Ergebnis zu haben.

Bei der Wiederholung der Bürgermeisterwahl in Istanbul liegt Berichten zufolge der Oppositionskandidat Ekrem Imamoglu von der oppositionellen CHP-Partei deutlich vorn.

Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu erhielt Imamoglu nach Auszählung fast aller Stimmen 54 Prozent der Stimmen, sein Gegner, der ehemalige Ministerpräsident Binali Yildirim von der AKP, kam auf 45 Prozent. Auch CNN Türk berichtete von einem deutlich Vorsprung. Eine Erklärung der Hohen Wahlkommission steht noch aus.

Imamoglu bezeichnete seinen Sieg bei der wiederholten Wahl als "neuen Beginn" für die Türkei. "Nicht eine einzelne Partei, sondern ganz Istanbul und die Türkei haben diese Wahl gewonnen", sagte er am Sonntagabend nach Bekanntgabe der vorläufigen Wahlergebnisse.

Yildirim gestand seine Niederlage ein und gratulierte seinem Rivalen bei einem Fernsehauftritt zu seinem Vorsprung. Der AKP-Politiker wünschte ihm viel Glück für seine künftigen Aufgaben. "Ich hoffe, dass Ekrem Imamoglu Istanbul gut dienen wird. Wir werden versuchen, ihm auf jede Weise zu helfen." Die Abstimmung zeige, dass "die türkische Demokratie ohne Probleme funktioniert", sagte Yildirim.

Sieg fällt deutlicher aus als bei der ersten Wahl

Der Abstand zwischen den beiden Kandidaten betrug nach Auszählung von Auszählung von 99,4 Prozent der Stimmen mehr als 770.000 Stimmen. In Hochburgen der Opposition wie Sisli wurde der Sieg Imamoglus mit Jubel und Gehupe begrüßt. Die AKP-Anhänger, die sich vor dem Hauptquartier der Partei versammelten, reagierten dagegen wütend und traurig. "Dies ist eine Lehre für uns", sagte der AKP-Anhänger Ali Kasapoglu unter Tränen. "Ich bin mir aber sicher, dass Imamoglus Wähler es am Ende bereuen werden, für ihn gestimmt zu haben. Er ist eine lahme Ente, er kann nichts tun in Istanbul."

Nach der ersten Wahl vom 31. März hatte Imamoglu nur einen Vorsprung von gut 20.000 Stimmen gehabt. Die AKP hatte daraufhin seinen Sieg angefochten und der Opposition "Diebstahl an den Urnen" vorgeworfen. Unter ihrem Druck annullierte die Wahlkommission Anfang Mai die Wahl schließlich mit Verweis auf angebliche Regelwidrigkeiten.

Der Wahltag selbst verlief weitgehend ruhig. Die Grünen-Abgeordnete Margit Stumpp, die zur Beobachtung angereist war, sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Uns wird berichtet, dass die Wahllisten und Abläufe korrekt sind“.

Auch Renate Zikmund von der 14-köpfigen Beobachtermission des Europarates sagte, „alles in allem“ sei die Abstimmung geordnet verlaufen. „Organisatorisch ist alles aufgeboten worden, was man machen kann.“

Der Bürgermeisterposten von Istanbul ist der wichtigste im Land: In der Metropole leben mit rund 16 Millionen Menschen fast 20 Prozent aller Türken. Die Bedeutung der Wahl ging weit über das Lokale hinaus und wurde international intensiv verfolgt. Für viele galt sie als Test für den Zustand der Demokratie im Land.

Die Wahlbeteiligung lag nach Angaben von Anadolu bei 84,4 Prozent und damit etwa auf dem gleichen Niveau wie bei der ersten Wahl Ende März. Wahlberechtigt waren rund 10,5 Millionen Menschen. Das Ergebnis ist auch eine krachende Niederlage für Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, der sich im Wahlkampf für Yildirim stark gemacht hatte. Erdogan hatte selbst seine politische Karriere 1994 als Bürgermeister von Istanbul begonnen. "Wer Istanbul gewinnt, gewinnt die Türkei", hat Erdogan einmal gesagt.

Der Präsident gratulierte Imamoglu am Sonntagabend schließlich auf Twitter zum Wahlsieg. „Der nationale Wille hat sich heute einmal mehr gezeigt. Ich gratuliere Ekrem Imamoglu, der inoffiziellen Ergebnissen zufolge die Wahl gewonnen hat“, schrieb Erdogan. (mes, dpa, Reuters, AFP)

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