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Bereits seit mehr als zehn Jahren befindet sich der Wikileaks-Gründer Julian Assange im Exil.

© AFP/William West.

„Er muss jetzt zurück nach Hause kommen“: Julian Assanges Familie appelliert in Berlin an die deutsche Regierung

Der Whistleblower soll in die USA ausgeliefert werden. Politiker:innen und Menschenrechtsverbände weltweit wollen das verhindern.

Die Erlaubnis der britischen Innenministerin Priti Patel, den australischen Wikileaks-Gründer Julian Assange an die USA ausliefern zu lassen, stößt weltweit auf Kritik.

Auch in Deutschland schlagen neben Journalisten- und Menschenrechtsverbänden auch Politiker:innen Alarm:

Um die Auslieferung Assanges  an die USA zu verhindern, hat sich im Deutschen Bundestag die fraktionsübergreifende Abgeordneten-AG „Freiheit für Julian Assange“ zusammengetan, der Mitglieder der Ampel-Parteien und der Linken angehören.

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„Wir appellieren an Großbritannien, die Auslieferung von Julian Assange an die USA, wo ihm wegen der Enthüllung von Kriegsverbrechen 175 Jahre Gefängnis drohen, nicht zu vollstrecken. Wir rufen US-Präsident Joe Biden auf, die Klage gegen Julian Assange fallenzulassen“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Arbeitsgemeinschaft.

Fraktionsübergreifende Gruppe fordert Eingreifen der Bundesregierung

„Angesichts der vielfältigen Appelle an die Bundesregierung, Julian Assange politisches Asyl in Deutschland anzubieten, sollte dies durch die Bundesregierung geprüft werden.“

Im Fall der drohenden Auslieferung des Wikileaks-Gründers Julian Assange von Großbritannien an die USA geht der Sprecher von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nicht von einer Aufnahme in Deutschland aus. "Ich glaube, dafür sind die Voraussetzungen nicht da", sagte Steffen Hebestreit am Montag vor Journalisten in Berlin. Assange könne nur aufgenommen werden, wenn er in Deutschland sei. 

Zu möglichen Kontakten zu den betroffenen Regierungen könne er nichts sagen, sagte Hebestreit weiter. Es handele sich um "ein Rechtsverfahren" in einem anderen Land. Er wüsste nicht, wie die Bundesregierung da auf politischer Ebene eingreifen könne. 

Assange wird vorgeworfen, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militär-Einsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen, veröffentlicht und damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben.

Seine Unterstützer sehen in ihm dagegen einen investigativen Journalisten, der Kriegsverbrechen ans Licht gebracht hat. Um sich der amerikanischen Strafverfolgung zu entziehen, war Assange 2012 in die ecuadorianische Botschaft in London geflohen, wo er sieben Jahre lang als politischer Flüchtling lebte und die ecuadorianische Staatsbürgerschaft erhielt.

Im April 2019 entzog ihm der neue ecuadorianische Präsident Asyl und Staatsbürgerschaft, Julian Assange wurde verhaftet und in ein Hochsicherheitsgefängnis gebracht. Wegen seines Gesundheitszustandes, ein Gutachter bescheinigte, dass er depressiv sei und Depressionen habe, wies eine Richterin seine Auslieferung im vergangenen Jahr ab: Die USA fochten die Entscheidung an und ein Gericht kippte sie schließlich. Assange hat vierzehn Tage lang Zeit, Berufungen die bewilligte Auslieferung einzulegen. Er kann sie vor dem High Court anfechten. Sollte er damit scheitern, bliebe ihm noch der Gang vor das höchste britische Gericht, den Supreme Court.

„Jetzt ist nicht mehr die Zeit für Ausflüchte“

Assanges Vater und Bruder, John und Gabriel Shipton appellierten am Montag in Berlin an die deutsche Politik, sich für Assange einzusetzen, zu schweigen würde die deutsche Regierung viel Glaubwürdigkeit kosten.

„Deutschland hat Einfluss, Deutschland ist ein strahlendes Beispiel für eine westliche Demokratie, wenn die deutsche Regierung sich für Julian einsetzt, dann wird das US-Präsident Biden nicht kalt lassen“, sagte Assanges Bruder.

Dessen Gesundheit befinde sich in einem sehr kritischen Zustand. „Er muss jetzt zurück nach Hause zu seiner Familie kommen.“ Es bleibe nicht mehr viel Zeit, ein Experte rechne mit Assanges Auslieferung in sechs Monaten.

Es gehe hier nicht nur um seinen Bruder, sagte Gabriel Shipton. „Dass Julian ausgeliefert werden soll, ist ein herber Schlage für die Pressefreiheit weltweit, es ist ein Skandal. Jeder Journalist, jeder Publizist, der unbequeme Wahrheiten ausspricht und sie an die Öffentlichkeit bringt, muss jetzt mit so etwas rechnen.“ Auch die Linken-Politikerin Sevim Dagdelen zeigte sich alarmiert.

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„Jetzt ist nicht mehr die Zeit für Ausflüchte.“ Sie kritisierte, dass etliche ihrer Kollegen, die sich noch vor der Wahl für die Freilassung Julian Assanges eingesetzt hätten, sich nun davon distanzierten.

„Wer jetzt schweigt, verwirkt jedes Recht, sich für Pressefreiheit oder für die Aufklärung von Kriegsverbrechen einzusetzen.“ Kolleg:innen sprächen von einer Abwägung zwischen Pressefreiheit und Sicherheit. „Julian Assange wird wegen Spionage angeklagt.

Welches Recht auf Sicherheit kann ein Land haben, wenn es Kriegsverbrechen vertuschen will?“

Dagdalen kündigte an, dass sich bald eine internationale Delegation auf den Weg nach Washington machen werde, um dort mit Abgeordneten zu sprechen. „In den USA hat die Verfolgung angefangen, sie wird auch dort zu beenden sein.“ In Washington wisse man wenig über die Solidarität der Parlamentarier mit Assange weltweit.

„Die Kenntnis darüber wird helfen, das Eis der Angst zu brechen.“ John und Gabriel Shipton werden noch bis Mittwoch in Berlin und am Dienstag im Bundestag in einem fraktionsübergreifenden Fachgespräch zu Gast sein.

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