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Der britische Premier Boris Johnson und Oppositionschef Jeremy Corbyn.

© imago images/ZUMA Press

Entscheidung über das britische Unterhaus: Johnson muss Corbyn wichtige Wahlkreise abluchsen

650 Mandate sind im Unterhaus zu vergeben. Wenn Premier Johnson die Parlamentswahl gewinnen will, muss er in den Labour-Wahlkreisen in Nordengland punkten.

Bei jeder Parlamentswahl in Großbritannien gibt es einen Wettlauf. Es ist ein Wettbewerb zwischen besonders kleinen Wahlkreisen, und es geht darum, wer das erste Wahlergebnis in der Nacht verkünden kann. Bei der letzten Unterhauswahl hatten die Wahlhelfer im Wahlkreis Newcastle Central 2017 die Nase vorn. Dort wurde das Ergebnis eine Stunde und eine Minute nach Schließung der Wahllokale verkündet.

Den Rekord für die schnellste Auszählung halten aber die Frauen und Männer im nordenglischen Wahlkreis Houghton and Sunderland South. Dort dauerte es bei der vorletzten Wahl im Jahr 2015 gerade einmal 49 Minuten, bis das Ergebnis bekannt gegeben wurde.

Der sportliche Wettbewerb zwischen den Wahlkreisen ist insofern von Bedeutung, als sich die Parlamentswahl an diesem Donnerstag eigentlich aus 650 Einzelentscheidungen zusammensetzt. Im Unterhaus werden 650 Mandate vergeben, und alle müssen in den entsprechenden Wahlkreisen von Direktkandidaten gewonnen werden. So will es das britische Mehrheitswahlsystem.

Johnson möchte Labour-Wahlkreise wie Workington erobern

Nachdem also die Wahllokale in Großbritannien um 23 Uhr mitteleuropäischer Zeit schließen, wird einige Zeit vergehen, bevor sich eine zuverlässige Prognose über den Wahlausgang treffen lässt. Nach den schnell gemeldeten Wahlkreisen im Norden Englands wird das Ergebnis vor allem vom Ausgang in den so genannten „marginal seats“ abhängen. Diese wackligen Wahlkreise liegen in erster Linie im Norden Englands, und sie befinden sich derzeit in der Hand der oppositionellen Labour Party. Premierminister Boris Johnson, der derzeit über keine Mehrheit im Parlament verfügt, möchte diese Wahlkreise dem Oppositionschef Jeremy Corbyn abluchsen.

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Das gilt beispielsweise für das Labour-Mandat in Workington, einem Ort an der nordenglischen Westküste. Ein Thinktank hatte den „Workington Man“ als ideales Ziel für Johnsons „Let’s get Brexit done“-Kampagne auserkoren, was wiederum einen Ansturm von Journalisten in der Stadt mit ihren 24.000 Einwohnern auslöste.

Nachwahlbefragung nach 23 Uhr mitteleuropäischer Zeit

Einen Hinweis für den Wahlausgang wird die Nachwahlbefragung unmittelbar nach Schließung der Wahllokale liefern, welche genauer ist als die derzeitigen Umfrageergebnisse. Derzeit gehen die Meinungsforscher entweder von einem knappen Sieg von Premier Johnson oder einem „hung parliament“ als Ergebnis aus. Nach letzten Umfragen schmilzt Johnsons Vorsprung etwas. Demnach kommen die Tories im Schnitt auf 43 und die Labour Party auf 33 Prozent.

Im Fall eines „hung parliament“ würde es Johnson nicht gelingen, die für eine absolute Mehrheit nötige Zahl von 326 Mandaten zu erobern. Allerdings lässt sich aus der Nachwahlbefragung nur bedingt der endgültige Wahlausgang ablesen. Bei den Wahlen von 2010 und 2017 sagte die Nachwahlbefragung korrekt voraus, dass weder die Tories noch die Labour Party die absolute Mehrheit holen würden. Aber bei der Wahl im Jahr 2015 lagen die Prognostiker falsch: Entgegen der Nachwahlbefragung gewannen die Tories mit dem damaligen Premierminister David Cameron die absolute Mehrheit mit 331 Sitzen.

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Nicht zuletzt wird auch die Wahlbeteiligung für den Ausgang des Votums an diesem Donnerstag eine entscheidende Rolle spielen. Eine hohe Wahlbeteiligung dürfte mit einer Mobilisierung junger Wähler einhergehen, was vor allem der Labour Party zugute kommen könnte. Bei der letzten Parlamentswahl vor zwei Jahren lag die Beteiligung noch bei 69 Prozent.

Die Briten wählen erstmals seit 1923 wieder im Dezember

Ob diesmal der Wert von 72 Prozent, der beim EU-Referendum von 2016 erreicht wurde, erreicht oder übertroffen wird, bleibt abzuwarten. Zwar ist der Brexit auf nationaler Ebene das alles beherrschende Thema, aber in den Wahlkreisen spielt etwa die Diskussion um die Zukunft des nationalen Gesundheitssystems eine mindestens genauso große Rolle. Unklar ist auch, wie groß die Wahlbereitschaft bei diesem Votum kurz vor Weihnachten sein wird. Die letzten Wahlen im Dezember gab es in Großbritannien im Jahr 1923. Damals lagen die Konservativen zwar vorn, verfehlten aber die absolute Mehrheit.

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