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Netanjahu beteuert immer wieder seine Unschuld.

© Reuven Castro/imago/UPI Photo

Entgeht Israels Ex-Premier dem Gefängnis?: Netanjahus letzte Schlacht vor Gericht

Benjamin Netanjahu steht wegen Korruption vor Gericht. Israels Ex-Premier könnte zwar der Haft entgehen, seine Karriere wäre aber am Ende. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christian Böhme

Es geht um Macht und deren Missbrauch. Um moralische Verfehlungen und abhandengekommene Maßstäbe. Um Recht und Strafe. Und um eine besondere politische Karriere und deren womöglich unrühmliches Ende.

Das alles kommt im Korruptionsverfahren gegen Benjamin Netanjahu zum Tragen. Der Staat Israel gegen den früheren Langzeitregierungschef – so lässt sich der spektakuläre Prozess nüchtern betiteln.

Seit Monaten muss sich Netanjahu vor einem Jerusalemer Gericht verantworten. Die Anklage lautet auf Bestechlichkeit, Betrug und Untreue. Im Gegenzug für politische Gefälligkeiten soll er teure Geschenke angenommen und versucht haben, die Berichterstattung mehrerer Medien zu beeinflussen.

Die Staatsanwaltschaft soll sich mit Netanjahus Verteidigern auf einen Deal verständigt haben

Sollten die Richter ihn schuldig sprechen, müsste der 72-Jährige wohl längere Zeit in Haft. Doch bis zu einem Urteil könnte viel Zeit vergehen – so schien es zumindest bis vor Kurzem. Nun aber berichten israelische Medien über einen möglichen Deal zwischen der Justiz und Netanjahus Anwälten.

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Käme er Zustande, würde der heutige Oppositionschef wohl dem Gefängnis entgehen. Seine Karriere wäre jedoch sicherlich endgültig am Ende und damit ein überaus ambitionierter, ja, machtverliebter Politiker unrühmlich gescheitert. Vor allem an sich selbst.

Der Vorwurf der Bestechlickeit könnte fallengelassen werden

Netanjahus Verteidiger sollen mit den Anklägern eine Vereinbarung ausgehandelt haben, die unter anderem vorsieht, dass der schwerwiegendste Vorwurf der Bestechlichkeit fallengelassen wird. Dafür müsste sich Netanjahu allerdings im Gegenzug der Untreue und des Betrugs schuldig bekennen. Am Ende stünde als Strafe vermutlich gemeinnützige Arbeit und eine beträchtliche Geldzahlung.

Viele Israelis sind gegen einen Deal mit Netanjahu. Hier protestieren Korruptionsgegner vor dem Haus des Generalstaatsanwalts Mandelblit.
Viele Israelis sind gegen einen Deal mit Netanjahu. Hier protestieren Korruptionsgegner vor dem Haus des Generalstaatsanwalts Mandelblit.

© Ilia Yefimovich/dpa

Nur: Es dürfte dem Mann, der Israel länger regierte als Staatsgründer David Ben Gurion, schwerfallen, dem Deal zuzustimmen. Zum einen wäre es eben doch ein Schuldeingeständnis. Dabei beteuert Netanjahu, an den Vorwürfen sei nichts dran. Er hätte also selbst in den eigenen Reihen ein Glaubwürdigkeitsproblem.

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Zum anderen müsste der Vorsitzende der rechtskonservativen Likudpartei nach den Vorgaben der Staatsanwaltschaft „moralische Verfehlungen“ eingestehen – was eine siebenjährige Ämtersperre zur Folge hätte. Damit dürfte sich eine Rückkehr auf die große politische Bühne endgültig erledigt haben.

Viele Israelis hoffen, dass die Justiz nicht einknickt

Lässt sich „Bibi“, wie ihn alle im jüdischen Staat nennen, auf das Angebot ein? Noch habe er sich nicht entschieden, heißt es. Seine Anhänger möchten, dass er weiter kämpft. Auch viele Israelis hoffen Umfragen zufolge, dass die Übereinkunft nicht zustande kommt. Denn sie sehen in dem Deal ein Einknicken der Justiz – vor einem, der ihre Unabhängigkeit immer einzuschränken versuchte. Christian Böhme

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