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Die Gaspipeline Nord Stream 1 ist für Deutschland sehr wichtig.

© Hannibal Hanschke/Reuters

Update

Energieversorger und Politiker sehen keine Entwarnung: Gaslieferung durch Nord Stream 1 wieder angelaufen

Entgegen vieler Befürchtungen fließt nach Ende der Wartung wieder Gas durch die deutsch-russische Pipeline Nord Stream 1. Wie viel, ist noch nicht klar.

Nach der Wartung von Nord Stream 1 ist am Donnerstagmorgen die Gaslieferung durch die deutsch-russische Gaspipeline wieder angelaufen. Es fließe wieder Gas, sagte ein Sprecher der Nord Stream AG der Deutschen Presse-Agentur.

Nord Stream teilte am Vormittag dann offiziell mit, man habe „alle geplanten Wartungsarbeiten innerhalb des vorgesehenen Zeitraums erfolgreich abgeschlossen“. Bis die volle Transportleistung erreicht sei, werde es einige Zeit dauern.

Nach Aussage des Präsidenten der Bundesnetzagentur Klaus Müller liegt die für Donnerstag angekündigte Gasliefermenge über die Pipeline Nord Stream 1 weiterhin unter der Menge vor der Wartung. Die angekündigte Menge sei bei etwa 530 Gigawattstunden pro Tag geblieben, twitterte Müller am Donnerstagmorgen. Das entspreche in etwa einer 30-prozentigen Auslastung. Ein Sprecher der Nord Stream AG hatte von angekündigten Mengen auf dem Niveau von vor der Wartung gesprochen, als die Auslastung bei etwa 40 Prozent lag.

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Zwischen 7.00 und 8.00 Uhr floss laut der Nord Stream AG Erdgas, das einer Energie von mehr als 29,28 Gigawattstunden (GWh) entsprach. Das war in etwa so viel, wie das Unternehmen zuvor zugesagt hatte. In der darauffolgenden Stunde nahm der Wert nochmals leicht auf knapp 29,3 GWh zu und überstieg auch den für diesen Zeitraum geplanten Umfang. Zahlen von beiden Empfangspunkten im vorpommerschen Lubmin zeigten, dass die Werte von 9.00 bis 10.00 Uhr in etwa konstant blieben.

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In der ersten Stunde des Gastages, also zwischen 6.00 und 7.00 Uhr, war das Niveau wegen des Hochlaufs noch unterhalb der Ankündigung geblieben. Ein Nord-Stream-Sprecher erklärte, diese Differenz werde mit Mengen verrechnet, die vor den Arbeiten vor anderthalb Wochen beim Herunterfahren noch nach dem eigentlichen Lieferstopp anfielen.

In seinem Tweet von Donnerstagmorgen wies Müller außerdem darauf hin, dass die Ankündigungen hinsichtlich der Liefermengen – die sogenannten Nominierungen – für die jeweils folgenden zwei Stunden verbindlich seien, für den Folgetag werde man am Nachmittag Informationen erhalten.

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Neue Gaslieferungen laut Energieversorger nur eine

Die Energieversorger in Deutschland sehen trotz der Wiederaufnahme der Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 keinen Anlass zur Entwarnung. „Auf eine dauerhafte und verlässliche Belieferung aus Russland werden wir nicht mehr bauen können“, sagte Kerstin Andrae, Vorsitzende des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Das aktuell wieder Gas fließe, könne höchstens zu „vorläufiger Beruhigung“ beitragen.

Mit Blick auf den kommenden Winter und die nächsten Jahre müsse weiter alles für den Aufbau alternativer Gasimportstrukturen und den schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien getan werden, sagte Andrae weiter. „Es ist gut, dass es eine breite Debatte über das Thema Energiesparen gibt.“

Gefragt seien hier aber nicht nur die privaten Verbraucher. „Auch in der Industrie sind Einsparpotenziale vorhanden, die gehoben werden können“, erklärte Andrae. Wichtig sei außerdem ein europäischer Blick auf das Thema Versorgungssicherheit.

[Lesen Sie auch: Russische Drohungen beim Gas: Ein Liefer-Aus für Europa könnte auch Gazprom in Bedrängnis bringen (T+)]

Grünen und Union sehen noch keinen Anlass zur Entwarnung

 CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt

© IMAGO/Chris Emil Janßen

Auch die Grünen halten nach der wieder angelaufenen Gaslieferung durch die Ostseepipeline einen vollständigen Lieferstopp durch Russland für möglich. Der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Dieter Janecek, sagte der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ (Freitagsausgabe), „mit einer gewaltigen Kraftanstrengung bereiten wir uns auf alle Szenarien vor inklusive eines vollständigen russischen Gaslieferstopps“.

Oberste Priorität habe die Einsparung von Gas in Industrie und Haushalten, um die Gasspeicher für den kommenden Winter möglichst stark zu füllen und gleichzeitig die Nachfrage nach Gas kurzfristig um bis zu 20 Prozent zu senken. Dabei arbeite Deutschland mit den europäischen Partnern eng zusammen. „Norwegen und die Niederlande sind kurzfristig bereit, zusätzliches Gas zu liefern, um russisches Gas zu ersetzen“, sagte der Grünen-Energiepolitiker.

Zudem halte er weitere Schritte auf EU-Ebene für notwendig: „Um die Preise beim Einkauf auch wieder senken zu können, werben wir dafür, dass die Europäische Union ein Einkäufer-Kartell bildet, um mit einer Stimme zu sprechen.“

[Lesen Sie auch: Empfehlung vom Nachhaltigkeitsforscher: „Drei Monate AKW-Streckbetrieb könnten durchaus sinnvoll sein“ (T+)]

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Eine ähnliche Skepsis äußerte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. „Wir sind nach wie vor in einer vollkommenen Energieunsicherheit“, sagte Dobrindt am Donnerstag bei der Klausurtagung der CSU-Bundestagsabgeordneten im Kloster Banz. Das derzeitige Niveau der russischen Gaslieferungen reiche nicht aus, um eine Gasknappheit im Winter zu vermeiden, sagte Dobrindt. „Es sind noch eine Menge an Hausaufgaben von der Bundesregierung zu erledigen“, sagte er.

Die Erpressung des russischen Staatschefs Wladimir Putin gehe weiter. „Es wären andere Lieferkapazitäten möglich - sie werden bewusst nicht ergriffen“, sagte Dobrindt.

Bundesnetzagentur schaut Richtung Wintermonate

Wenn in den nächsten Wochen etwa 40 Prozent der Kapazitäten der Pipeline ausgelastet würden, wären laut Bundesnetzagentur-Chef Müller die schlimmsten Befürchtungen zwar nicht bestätigt. Aber Putin habe unlängst Aussagen getroffen, die auf ein Absinken in Richtung 20 Prozent hindeuten könnten.

„Wir sind Russland momentan ausgeliefert, weil sie darüber entscheiden, wie viel Gas Nord Stream 1 an uns weiterleitet“, so Müller. Umso wichtiger seien daher Einsparungen und der Bezug aus anderen Quellen.

Es war befürchtet worden, Moskau könne nach der zehntägigen Wartung den Gashahn komplett zulassen und so die Energiekrise weiter verschärfen. Nach Russlands Angriff auf die Ukraine hatte der Westen Sanktionen gegen Russland verhängt. Russland hatte wiederum Gaslieferungen in europäische Länder ganz oder teilweise eingestellt.

Bei ihren Prognoseberechnungen geht die Bundesnetzagentur von einem durchschnittlichen Winter 2022/23 aus. Sie nimmt außerdem an, dass die ersten eigenen Terminals für verflüssigtes Erdgas (LNG) an der Nordsee ab Januar 2023 einsatzbereit sind.

Falls der Winter jedoch kalt werde und die Terminals nicht schnell genug in Betrieb gehen sollten, „müsste das durch zusätzliche Einsparungen kompensiert werden, um eine Gasmangellage zu vermeiden beziehungsweise zu niedrige Füllstände im Frühjahr zu vermeiden“, warnte Müller.

[Lesen Sie auch: Europa in der Gas-Falle: Für Putins Erpressung wird der Winter entscheidend (T+)]

Italien bangt ebenso um den Winter

Auch bei anderen Gasabnehmern deutete sich am Donnerstag zumindest vorläufig etwas Entspannung an. Der italienische Versorger Eni teilte mit, Russlands Energieriese Gazprom habe ihm eine Erhöhung der täglichen Mengen angekündigt.

Italien ist ebenfalls stark abhängig von dem Energierohstoff - vor dem Krieg kamen knapp 40 Prozent der Importe aus Russland. In Deutschland entfiel über lange Zeit mehr als die Hälfte des gesamten Gasverbrauchs auf russische Quellen.

Die Liefermenge in den kommenden Monaten dürfte große Auswirkungen etwa auf die deutsche Wirtschaft, aber auch Privatkunden haben, da sie sich wahrscheinlich auf Gaspreise niederschlägt.

Den letzten Speicherstand für die gesamte Bundesrepublik gab die Datenbank des Netzwerks Gas Infrastructure Europe für Dienstag (19. Juli) mit rund 65,1 Prozent an. Im größten deutschen Speicher im niedersächsischen Rehden waren es nur knapp 34,7 Prozent.

Kremlchef Wladimir Putin hatte in der Nacht zu Mittwoch vor einer Drosselung Ende Juli gewarnt und technische Gründe angeführt. Die Bundesregierung hält diese für vorgeschoben. (dpa)

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