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Vor Containern mit radioaktiver Lauge hängt in der Schachtanlage Asse ein Warnschild mit der Aufschrift "Radioaktiv".

© dpa/ Sebastian Gollnow

Endlagersuche in Deutschland: Heikles Gesetz für transparente Endlagersuche

Derzeit wird ein Entwurf für ein Geologie-Datengesetz erarbeitet. Über die Veröffentlichung der geologischen Daten bei der Endlagersuche könnte es bald Streit geben.

Lange war es still um Atommüll und Endlagersuche. Menschenketten von Geesthacht bis Brunsbüttel, Blockaden gegen Castor-Transporte, der Widerstand im Wendland, all das liegt lange zurück. Nun könnte die Endlagersuche bald wieder mehr Aufmerksamkeit erlangen. „Ohne das Geologie-Datengesetz werden wir eine stärkere Auseinandersetzung erleben als mit einem Gesetz“, sagte Klaus Töpfer (CDU), Vorsitzender des Nationalen Begleitgremiums (NBG) und ehemaliger Bundesumweltminister am Samstag in Berlin.

„Es geht um den gefährlichsten Müll der Welt. Natürlich will den niemand hinter seinem Garten haben“, sagte Sylvia Kotting-Uhl, Vorsitzende des Umweltausschusses im Bundestag. „Das Misstrauen der Menschen in den Regionen ist immer noch da“, so die Grünen-Politikerin auf einer Veranstaltung des NBG.

Bewegung in eine heikle Debatte

Das NBG bringt Bewegung in eine heikle Debatte. Das geplante Geologie-Datengesetz ist ein kniffliger Punkt bei der Standortsuche für ein Atommüll-Endlager. Die Politik hat der Transparenz im novellierten Standortauswahlgesetz einen hohen Stellenwert eingeräumt. Die Öffentlichkeit soll umfassend über das Verfahren informiert werden, teilweise sogar mitgestalten können. Doch die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), betraut mit der Standortsuche, kann die Daten nicht ohne Zustimmung der Eigentümer, etwa Explorationsfirmen, veröffentlichen.

Mit dem Gesetz soll nun die Bereitstellung geologischer Daten geregelt, ihre öffentliche Zugänglichkeit erleichtert werden. Es geht auch darum, Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Erst am Freitag betonte Töpfer in einer Sitzung des NBG, dass ohne das Gesetz Rechtsunsicherheit bestehe. Nun drängt die Zeit, bereits Mitte 2020 sollen die infrage kommenden Regionen für ein Endlager benannt werden.

Wie es um das Gesetz steht

Wir arbeiten unter einem hohen zeitlichen Druck und sind im Zeitplan“, sagte Steffen Kanitz, stellvertretender Vorsitzender der BGE. Natürlich müsse man später erklären, wie man zu einer Eingrenzung der Regionen gekommen sei. „Dafür ist die Veröffentlichung der Daten sehr wichtig.“ Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi), bei der Ausarbeitung des Gesetzes federführend, teilte dem NBG erst vor wenigen Tagen mit, dass noch kein herausgabefähiger Entwurf des Gesetzes vorliege. Dieser war für Ende 2018 vorgesehen.

Vertreter des BMWi präsentierten am Samstag zumindest so viel: Das Gros der Daten, das älter als zehn Jahre sei, könne durch das Gesetz öffentlich gemacht werden. Auch viele jüngere, nicht bewertete Daten könnten publiziert werden. Doch ein Teil, vor allem von Unternehmen erstellte Modelle des Untergrunds, sogenannte Bewertungsdaten, sollen vor Veröffentlichung und damit vor konkurrierenden Unternehmen geschützt werden. Die Ressortabstimmung solle laut BMWi noch in den kommenden Monaten abgeschlossen werden, ein Kabinettsbeschluss bis Juni 2019 folgen.

"Das Standortauswahlgesetz muss vollumfänglich erfüllbar sein"

Sollten Daten der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht werden, könnte dies gerade nach Veröffentlichung möglicher Teilgebiete zu Widerständen in den Regionen führen – eine Nagelprobe für die Endlagersuche und Regierungshandeln insgesamt. „Das Standortauswahlgesetz muss vollumfänglich erfüllbar sein. Die Datengrundlage, die zur Ermittlung der Teilgebiete führt, muss öffentlich zugänglich sein“, sagte Kanitz dem Tagesspiegel. Auf dem Podium brachte er Kompromisslösungen ins Spiel, etwa gewerbliche Nutzungsrechte der Daten durch Unterlassungs- und Entschädigungsrechte zu schützen.

Töpfer schlug Instanzen vor, die Zugang zu nicht-öffentlichen Daten haben sollten. „Wir müssen einen Weg finden, dass vereidigte Vertrauenspersonen im Gesetz verankert werden, die auch die Daten einsehen können, die nicht veröffentlicht werden“, sagte Töpfer dem Tagesspiegel.

Welche Brisanz das Thema hat, wurde bereits im vergangenen Herbst deutlich, als die Umweltorganisation Ausgestrahlt geologische Karten veröffentlichte und mögliche Standorte für ein Atommüll-Endlager nannte. In einzelnen Regionen hatte dies zu Unruhe geführt.

Politiker machen Druck zur Beschleunigung

„Es wird nicht funktionieren, wenn irgendwelche Institutionen entscheiden, welche Daten veröffentlicht werden dürfen und welche nicht. Das erarbeitet kein Vertrauen“, sagte die grüne Bundestagsabgeordnete Julia Verlinden. „Ich habe meine Zweifel, dass die Akteure, die hier eine tragende Rolle in der Diskussion spielen, die Bedeutung der Transparenz bereits richtig verstanden haben.“ Kotting-Uhl, bis 2016 auch in der Endlagerkommission, sagte: „Das Gemeinwohl steht bei der Endlagersuche ganz real vor jedem privaten oder wirtschaftlichen Interesse. Wenn das nicht von allen Beteiligten umgesetzt wird, dann wird die Endlagersuche in Deutschland scheitern.“

Politiker und Verbände machen nun auch Druck, mahnen zur Beschleunigung der Arbeit am Gesetz. Seit dem Koalitionsvertrag sei das Geologie-Datengesetz in der Regierung scheinbar nicht mehr auf die Tagesordnung gekommen, so Verlinden. „Ich hoffe, dass wir eine gewisse Zügigkeit ins Verfahren gekommen, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Carsten Müller.

Auf einen Ausschluss von Regionen für ein Endlager hat das Gesetz jedoch keinen Einfluss. „Regionen, über die es nicht genügend Daten gibt, um sie sicher auszuschließen, bleiben im Verfahren“, bekräftigte Kanitz am Rande der Veranstaltung erneut. Auch nach der Veröffentlichung möglicher Teilgebiete könne es nach Datenaktualisierung noch Anpassungen geben. „Bis 2031 ist kein Standort sicher. Es kann noch immer Veränderungen geben“, sagte Kanitz.

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