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Reich und einflussreich. Katar betreibt seit Langem eine eigenständige Außenpolitik.

© Karim Jaafar/AFP

Endet der Streit zwischen den Golfstaaten?: Wie das kleine Katar das mächtige Saudi-Arabien zum Einlenken zwingt

Seit zweieinhalb Jahren trotzt Katar erfolgreich der Blockade der Saudis. Nun scheinen sich die Kontrahenten wieder anzunähern. Das liegt auch am Iran.

Auf dem Rasen hat Katar in den vergangenen Tagen eine Niederlage gegen den großen Nachbarn Saudi-Arabien einstecken müssen – doch auf dem diplomatischen Parkett steht das kleine Emirat möglicherweise vor einem großen Erfolg. Katars Fußball-Nationalmannschaft verlor zwar jüngst 0:1 vor eigenem Publikum das Halbfinale des Golf-Cups gegen die Saudis.

Aber dass Saudi-Arabien seine Mannschaft überhaupt zu dem Turnier schickte, war schon eine kleine Sensation, denn die beiden Staaten sind seit Jahren verfeindet. Die Fußball-Diplomatie war Teil einer Wiederannäherung, die beim 40. Gipfeltreffen des Golf-Kooperationsrates in Riad an diesem Dienstag mit einer Versöhnung enden könnte.

Der Vorwurf

Die Saudis hatten im Juni 2017 mit ihren Verbündeten – den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), Bahrain und Ägypten – quasi über Nacht die Grenzen zu Katar geschlossen. Das Emirat sollte damit gezwungen werden, eine Liste von 13 Forderungen seiner Nachbarn zu erfüllen.

Die Kataris unter ihrem Herrscher Tamin bin Hamad al Thani wurden unter anderem aufgerufen, ihre Unterstützung für die islamistische Muslimbruderschaft zu beenden, den Sender Al Dschasira und eine türkische Militärbasis zu schließen sowie ihre Beziehungen zum Iran auf ein Mindestmaß zu beschränken.

Damit sollte Katar den Führungsanspruch Saudi-Arabiens am Golf anerkennen, den der kleine Nachbar mit einer ehrgeizigen Außenpolitik in Frage gestellt hatte. Doch Katar lehnte den Forderungskatalog ab.

Obwohl auch der arabische Luftraum für Flüge von und nach Katar gesperrt wurde, hatte der Ministaat als weltweit größter Exporteur von Flüssiggas genug finanzielle Möglichkeiten, sich dem Würgegriff zu entziehen.

Lebensmittellieferungen aus der Türkei sicherten die Versorgung trotz geschlossener Grenzen. Geschickte Lobbyarbeit in Washington verhinderte einen Bruch zwischen Katar und dem saudischen Partner USA, der in dem Emirat mit der Al Udeid Air Base einen wichtigen Militärstützpunkt unterhält.

Brüskiert. Saudi-Arabiens König Salman (l.) und sein ehrgeiziger Sohn Mohammed bin Salman haben Katar nicht in den Griff bekommen.
Brüskiert. Saudi-Arabiens König Salman (l.) und sein ehrgeiziger Sohn Mohammed bin Salman haben Katar nicht in den Griff bekommen.

© Bandar al Jaloud/AFP

Das Einlenken

Dass das Königreich und Kronprinz Mohammed bin Salman jetzt einlenken, liegt nicht allein am Widerstand der Kataris. Auch der desaströse Krieg im Jemen, wo eine Allianz unter saudischer Führung seit vier Jahren ohne nennenswerten Erfolg gegen die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen kämpft, zwingt die Herrscher in Riad, von ihrer kompromisslosen Linie abzurücken.

Besonders jedoch die gewachsene Kriegsgefahr in der Region wegen der Eskalation zwischen dem Iran und den USA veranlasst Saudi-Arabien, wieder mehr auf Partnerschaft zu setzen.

Die Entsendung der Fußballmannschaften aus Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrain zu dem Turnier nach Katar Ende November war ein wichtiges Zeichen der Entspannung. Auch die politischen Kontakte wurden intensiviert.

So reiste der katarische Außenminister Scheich Mohammed bin Abdulrahman Al Thani nach Medienberichten zu Gesprächen nach Riad. Es gebe Fortschritte, sagte der Minister Al Dschasira zufolge. Kuwait, das in der Krise vermittelt, sprach von Anzeichen dafür, dass der Streit am Dienstag offiziell beigelegt werden könnte.

Der Gewinner

Sicher scheint schon jetzt: Katar wird wohl als Sieger aus der Konfrontation hervorgehen. Von den 13 Forderungen ist keine Rede mehr. Die Türkei verkündete kürzlich sogar den Bau einer weiteren Militärbasis in Katar. Als Zugeständnis an die Saudis ist das Emirat offenbar aber bereit, sich von den Muslimbrüdern zu distanzieren, die von Riad als Terrorgruppe bekämpft werden.

Katar dürfte dennoch mit gestärktem Selbstbewusstsein aus der Krise hervorgehen. Eine Versöhnung wäre für das Land auch mit Blick auf sein wichtigstes Projekt in den kommenden Jahren wichtig. Katar wird 2022 die erste Fußball-Weltmeisterschaft auf arabischem Boden ausrichten – eine Blockade durch die Nachbarn wäre ein schwarzer Schatten über dem Ereignis.

In Grund und Boden gebombt. Die saudische Militärallianz wird wegen ihres brutalen Vorgehens im Jemen scharf kritisiert.
In Grund und Boden gebombt. Die saudische Militärallianz wird wegen ihres brutalen Vorgehens im Jemen scharf kritisiert.

© Ahmad al Basha/AFP

Der Verlierer

Mohammed bin Salman mag ein mächtiger Mann sein. Doch außenpolitisch wirkt er oft ohnmächtig. Dass der ehrgeizige Thronfolger nun womöglich im Streit mit Katar einlenken muss, ist nur eine von mehreren herben Schlappen für ihn. Dabei mangelt es MbS, wie ihn alle in Saudi-Arabien nennen, nicht an vollmundigen Ankündigungen.

Auch die Blockade Katars wurde als Selbstläufer deklariert. Es werde nicht lange dauern, dann werde der Mini-Nachbar schon klein beigeben, hieß es vor zweieinhalb Jahren. Doch bin Salman hat sich verrechnet und den Widerstand unterschätzt.

Gleiches gilt für den Jemen. Als die Saudis in den Krieg zogen, versprach der Prinz als Oberbefehlshaber einen schnellen Sieg. Nun steckt er in einem Konflikt fest, den er kaum gewinnen kann und der wegen seiner Grausamkeit das Ansehen seines Landes sehr schadet.

Und da ist noch der gewaltsame Tod des Regimekritikers Jamal Khashoggi. Viel spricht dafür, dass bin Salman Bescheid wusste, wenn nicht gar den Mord in Auftrag gegeben hat. Prinz Ruchlos, dieser Titel klebt seitdem an ihm. Mit Blick auf Katar und Jemen kommt Prinz Hilflos noch dazu.

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