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Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) verbietet nach Berlin auch Thüringen die Aufnahme von Flüchtlingen.

© Markus Schreiber/AP/Pool/dpa

Elendscamps auf griechischen Inseln: Seehofer verbietet auch Thüringen Aufnahme von Geflüchteten

Thüringen will Geflüchtete von den griechischen Inseln aufnehmen, doch der Innenminister legt sein Veto ein. Die Linke ist empört, ein Streit entbrennt.

Das Bundesinnenministerium hat nach Berlin auch Thüringen eine Absage für die geplante Aufnahme von zusätzlich 500 Flüchtlingen von den griechischen Inseln erteilt. Der Thüringer Migrationsminister Dirk Adams (Grüne) teilte am Freitag in Erfurt mit, dass das Ministerium kein Einvernehmen zum Thüringer Landesaufnahmeprogramm erklärt habe.

Adams fügte hinzu, er sei enttäuscht. Diese Entscheidung und ihre Begründung würden nun geprüft. Die Möglichkeit einer Klage steht im Raum. Die Linken-Vorsitzende Katja Kipping forderte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) auf, sich im Streit zwischen Berlin und Thüringen auf der einen und Seehofer auf der anderen Seite den Bundesländern anzuschließen.

Thüringen hatte das Bundesministerium im Juni um Einvernehmen zur Landesaufnahmeanordnung gebeten. Das Land wollte bis Ende 2022 bis zu 500 Personen eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erteilen, insbesondere unbegleiteten Minderjährigen, allein reisenden Frauen, Schwangeren, alleinstehenden Müttern mit ihren Kindern sowie alten, schwer erkrankten und traumatisierten Flüchtlingen.

Vor Thüringen hatte Berlin bereits in der vergangenen Woche eine Absage von Seehofer für ein geplantes Aufnahmeprogramm erhalten. Die Bundeshauptstadt wollte 300 Flüchtlinge aufnehmen.

Einer der von Seehofer angeführten Gründe für die Ablehnung der Landesaufnahmeprogramme ist die Zusage des Bundes, vor allem kranke Kinder aus den griechischen Lagern aufzunehmen. Dabei sollen 243 behandlungsbedürftige Kinder mit ihren Familienangehörigen – insgesamt rund 900 Menschen – nach Deutschland gebracht werden. Rund 150 sind bereits eingereist.

Stellt sich NRW auf die Seite von Berlin und Thüringen?

Über das Verbot der Landesaufnahmeprogramme gibt es nun erbitterten Streit. Linken-Chefin Kipping appellierte am Freitag an Laschet, der in dieser Woche das überfüllte Flüchtlingslager Moria auf Lesbos besucht hatte: „Schließen Sie sich Thüringen und Berlin an und bieten Sie selbst die Aufnahme von Geflüchteten an. Üben Sie Druck auf ihren Unionskollegen aus, die freiwillige Aufnahme zu erlauben.“

Verantwortungsvolle Politik heiße „helfen und handeln“, sagte Kipping am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zustände wie in Moria verlangten humanitäre Lösungen jenseits von Parteibüchern.

Aus Nordrhein-Westfalen gab es am Freitag bereits Forderungen an Seehofer, allerdings nicht von Laschet, sondern von Integrationsminister Joachim Stamp (FDP). Er schlug im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ vor, eine kurzfristige Videokonferenz zwischen Bund und Ländern abzuhalten, um eine Linie zu verabreden.

Üben Sie Druck auf ihren Unionskollege

Das Bündnis „Seebrücke“ forderte Thüringen und Berlin auf, das Recht zur Aufnahme durchzusetzen und eine gemeinsame Klage prüfen. Mit der Ablehnung verhindere Bundesinnenminister Seehofer „ganz konkret, dass Menschenleben gerettet werden und stellt sich gegen den demokratischen Willen der Länder und hunderter Kommunen“, erklärte ein Sprecher.

Die Thüringer Migrationsbeauftragte Mirjam Kruppa sagte: „Angesichts der katastrophalen Zustände in den Lagern hat mich die Ablehnung des Bundes ehrlich erschüttert. Es macht mich wütend zu sehen, wie der Bund die aufnahmebereiten Länder in ihrem humanitären Handeln ausbremst.“ (epd)

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