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Der Spanier Pedro Agramunt ist Präsident der Parlamentarischen Versammlung des Europarates.

© Sandro Weltin/picture alliance/dpa

Eklat im Europarat: Amtsenthebung wegen Reise nach Syrien?

Im Europarat wollen viele Abgeordnete den Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung nach einem Besuch bei Assad absetzen. Aber Pedro Agramunt hat noch Unterstützer - auch aus Deutschland.

So empört waren die Abgeordneten im Europarat selten: Lautstark forderten sie im April in Straßburg den Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung, Pedro Agramunt, zum Rücktritt auf. Der Spanier war zuvor gemeinsam mit zwei anderen Abgeordneten des Europarats nach Syrien gereist, den Besuch hatten russische Parlamentarier organisiert. Am Ende ließ er sich mit Syriens Staatschef Baschar al Assad fotografieren, dem schwerste Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden. Der Europarat versteht sich als Hüter von Demokratie, Menschenrechten und Rechtstaatlichkeit. So sahen viele Abgeordnete mit Agramunts Besuch bei Assad eine Grenze überschritten, sie fühlten sich von ihm  nicht mehr vertreten. Der spanische Senator musste im April die Leitung der Versammlung vorläufig abgeben und sich einer Anhörung stellen. Das Präsidium sprach ihm das Misstrauen aus und beschloss, dass er die Versammlung nicht mehr nach außen vertreten dürfe. Doch der Präsident trat nicht zurück. In dieser Woche soll in Straßburg nun über seine mögliche Ablösung entschieden werden.

Pedro Agramunt kämpft um sein Amt

Am Dienstag wollen die Abgeordneten über eine Änderung der Geschäftsordnung abstimmen, die eine Abwahl des Parlamentspräsidenten ermöglichen würde. Agramunt, dessen Amtszeit offiziell Anfang 2018 endet, hat sich entschlossen,  um sein Amt zu kämpfen. Seine Anwälte schrieben an alle Botschafter der 47 Mitgliedsstaaten des Europarates und argumentierten, die vorgesehene Ergänzung der Geschäftsordnung bedeute eine Änderung der Statuten des Europarates, wozu nicht die Abgeordneten berechtigt seien, sondern nur die Vertreter der Regierungen. Der ganze Prozess diene einem „politischen Ziel“, nämlich der Abwahl Agramunts, betonen die Anwälte in dem Brief, der dem Tagesspiegel vorliegt. Zuvor hatte allerdings der Generalsekretär der Parlamentarischen Versammlung, Wojciech Sawicki, in einem Schreiben an Agramunt betont, der für die Geschäftsordnung zuständige Ausschuss habe seine Kompetenzen nicht überschritten.

Sollte es am Dienstag eine Mehrheit für die Änderung der Geschäftsordnung geben, könnte noch in dieser Woche über die Amtsenthebung abgestimmt werden. Agramunt kann allerdings nach wie vor auf Unterstützer in der Versammlung zählen, wie ein Brief von zehn Abgeordneten an alle Parlamentarier zeigt. Darin bezeichnen sie die geplante Neuregelung als „Angriff auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“ und bemängeln, die Regelung würde rückwirkend angewendet. Zu den Unterzeichnern zählt der CSU-Bundestagsabgeordnete Tobias Zech.  

Drei Richter sollen Korruptionsvorwürfe aufklären

In diesem Konflikt geht es keineswegs nur um Agramunt. Die Parlamentarische Versammlung des Europarates muss angesichts eines Korruptionsskandals um ihre Glaubwürdigkeit kämpfen. Ein italienischer Europaratsabgeordneter hatte von 2012 und 2014 insgesamt 2,39 Millionen Euro aus Aserbaidschan erhalten. Italienische Staatsanwälte sahen einen Zusammenhang zwischen den Zahlungen und seiner Tätigkeit im Europarat, wo er eine Resolution über politische Gefangene in Aserbaidschan verhindern half. Recherchen des Tagesspiegels zufolge könnte das Ausmaß des Skandals noch größer sein: So flossen auf das estnische Konto einer Briefkastenfirma, über das der italienische Abgeordnete sein Geld erhielt, fast eine Milliarde Euro aus Aserbaidschan.

Die Aufarbeitung des Skandals begann in Straßburg nur schleppend. So stellte sich Agramunt zunächst hinter den italienischen Abgeordneten und sprach von „ungesetzlichen Angriffen auf die Ehre und den Ruf einer Person“. Nun sollen jedoch drei Richter die Korruptionsvorwürfe im Europarat aufklären. Die Parlamentarische Versammlung will an diesem Montag grünes Licht für die Untersuchungskommission geben.

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