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Die Regierung von Neuseelands Premierministerin Ardern hadert mit der bisherigen Corona-Strategie.

© Robert Kitchin/Pool via AP/dp

Einstiger Vorzeigestaat von Delta „überrumpelt“: Die No-Covid-Strategie ernüchtert Neuseeland

Seit die Delta-Variante grassiert, schlingert Neuseeland durch die Pandemie. Die Regierung räumt „große Fragen“ zur bisherigen No-Covid-Strategie ein.

Weniger als einen Monat vor dem Frühlingsbeginn herrscht Tristesse in Neuseeland. Die Corona-Fallzahlen sind verhältnismäßig hoch, die Impfkampagne lahmt. Und der einst für seine scheinbar erfolgreiche No-Covid-Politik bestaunte Staat schlingert von einem Lockdown zum nächsten.

Immerhin: Am Mittwoch endete ein landesweiter harter Lockdown, einzig für die nördlichen Regionen Auckland und Northland gilt weiterhin die höchste Warnstufe vier. Doch die Gefahr ist noch nicht gebannt, betont die Regierung von Premierministerin Jacinda Ardern immer wieder.

Trotz der Lockerungen sei das Land noch nicht über den Berg, sagte der Chef der neuseeländischen Gesundheitsbehörde, Ashley Bloomfield, am Mittwoch. Demnach ist „noch harte Arbeit nötig“, um den Delta-Ausbruch zu besiegen. Zu tief sitzt der Schock über die Entwicklungen der vergangenen Wochen, in denen die grassierende Delta-Variante den bisherigen Erfolg der No-Covid-Strategie infrage stellte.

Das hatte auch Bildungsminister Chris Hipkins, der für die neuseeländische Covid-Politik zuständig ist, jüngst zugegeben. „Das Ausmaß der Ansteckungen und die Geschwindigkeit, mit der sich das Virus verbreitet hat, hat unser System trotz aller Vorbereitungen unter Druck gesetzt“, sagte er am Sonntag dem Sender TVNZ.

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Bis zum Sommer galt Neuseeland als Vorzeigestaat

Neuseeland sei überrumpelt worden. Zugleich räumte Hipkins ein, „dass unsere bestehenden Schutzmaßnahmen weniger adäquat und robust erscheinen“ und dies „einige große Fragen“ hinsichtlich der Pandemie-Strategie der Regierung aufwerfe.

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Das ist beachtlich, denn bis zum Sommer dieses Jahres galt Neuseeland noch als eines der Vorzeigeländer in der Pandemiebekämpfung. Bereits im März 2020 hatte sich der Fünf-Millionen-Staat weitgehend von der Außenwelt abgeschottet und sich nach einem zweimonatigen Lockdown für coronafrei erklärt. Mit strengen Grenzkontrollen und Quarantäne-Auflagen sollte dieser Status quo gehalten werden. Doch die seit August steigenden Fallzahlen führten dies ad absurdum.

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Erst Ende August hatte die Regierung den landesweiten Lockdown um vier Tage verlängert, weil die gewünschte Trendwende bei den Fallzahlen nicht einsetzen mochte.

Davon kann auch jetzt noch nicht die Rede sein: Am 1. September verzeichnete das neuseeländischen Gesundheitsministerium 76 weitere landeseigene Infektionen mit dem Coronavirus. Das mag hierzulande erstaunlich gering erscheinen - das RKI registrierte deutschlandweit 13.531 Fälle - für Neuseeland bedeutet dies jedoch den vierthöchsten Wert seit Beginn der Pandemie.

Die Delta-Variante sei „mit nichts zu vergleichen, womit wir es in dieser Pandemie bislang zu tun hatten“, sagte Minister Hipkins am Sonntag. Dies bedeute, „dass alle unsere bisherigen Vorbereitungen weniger sinnvoll erscheinen“ und werfe zudem „ziemlich große Fragen zur Zukunft unserer langfristigen Pläne auf“.

Neuseeland kämpft aktuell mit einem Delta-Ausbruch.
Neuseeland kämpft aktuell mit einem Delta-Ausbruch.

© IMAGO / ZUMA Wire

Mit Blick auf die jüngste Entwicklung warnen Fachleute davor, der Pazifikstaat könnte nun die pandemische Zuspitzung der vergangenen Wochen verschleppen. Wie der „New Zealand Herald“ berichtet, fordern nun Krankenhäuser in der Region Auckland mehr medizinisches Personal für die Intensivstationen, um mit den Folgen des jüngsten Virus-Ausbruchs fertig zu werden.

Bislang allerdings erscheinen die Zahlen moderat: Aktuell befinden sich laut Gesundheitsministerium 32 Personen im Krankenhaus, acht davon auf der Intensivstation inklusive drei an Beatmungsgeräten.

Impfkampagne sorgt für ungutes Gefühl

Auch die Impfkampagne sorgt für ein ungutes Gefühl im Inselstaat, sie schreitet nur mühsam voran. Zwar sind laut Gesundheitsministerium mittlerweile mehr als 1,2 Millionen Menschen vollständig geimpft, doch das entspricht lediglich 24 Prozent der Bevölkerung – und liegt damit deutlich hinter anderen Industriestaaten zurück.

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„Die Impfdosen wurden erst im Februar bestellt, da war Israel schon fast fertig mit dem Impfen“, erklärte der Neuseeland-Experte Oliver Hartwich vom Thinktank New Zealand Initiative jüngst im Tagesspiegel. Diese Verzögerung räche sich nun.

Auch die Opposition kritisiert die aktuelle Entwicklung. Die Regierung von Premierministerin Jacinda Ardern habe sich zu wenig um das Fortschreiten der Impfkampagne gekümmert, sagte Chris Bishop von der rechtsliberalen National Party. „Die Selbstgefälligkeit der Regierung und ihre Unfähigkeit, die Versorgung und Lieferung des Impfstoffs sicherzustellen, hat uns alle zur leichten Beute gemacht“, kritisierte der Politiker.

Zudem droht die Gefahr einer Impfskepsis: Am Montag hatte das Gesundheitsministerium mitgeteilt, dass eine Frau nach einer Covid-19-Impfung mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer gestorben ist.

Demnach haben Untersuchungen des Independent Safety Monitoring Board ergeben, dass der Tod der Frau auf eine Herzmuskelentzündung zurückzuführen ist sowie weitere medizinische Probleme das Risiko beeinflusst haben könnten. Auch wenn dies noch nicht abschließend geklärt sei, deutet sich mit Blick auf den Todesfall ein weiterer Dämpfer in der neuseeländischen Pandemiebekämpfung an.

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