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Barholomäus I. wird in den USA empfangen werden wie ein Staatsgast.

© imago images/ZUMA Wire

Einladung ins Weiße Haus: Biden empfängt den Patriarchen – und lässt Erdogan warten

US-Präsident Joe Biden trifft den Kirchenführer Bartholomäus I. aus der Türkei. Deren Präsident Erdogan wartet weiter vergeblich auf Einladung.

Für die türkische Regierung ist Bartholomäus I. nicht mehr als ein einfacher orthodoxer Geistlicher in Istanbul. Der 81-Jährige vertritt nach offizieller Sicht Ankaras nur etwa 2000 griechisch-orthodoxe Christen am Bosporus. Doch jetzt wird der Priester von US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus in Washington empfangen – während der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan seit Januar vergeblich auf einen Termin bei Biden wartet. Denn Bartholomäus ist nicht irgendwer: Als Ökumenischer Patriarch von Konstantinopel ist er das geistliche Oberhaupt von 300 Millionen orthodoxen Christen in der ganzen Welt. Die Unterstützung der USA kann er gut gebrauchen.

Bartholomäus reist am Wochenende zu einem zehntägigen Besuch in die USA, um das hundertjährige Bestehen der griechisch-orthodoxen Erzdiözese von Amerika zu feiern. Der Patriarch wird dort hofiert wie ein wichtiger Staatsgast. Gleich am ersten Tag seines Aufenthaltes ist er Gast von Biden im Weißen Haus. Auch die Präsidentin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, und Außenminister Antony Blinken werden dabei sein.

Bidens Gastfreundschaft für den Patriarchen steht in einem krassen Gegensatz zu seinem Umgang mit Erdogan. Er hält den türkischen Präsidenten auf Abstand und wollte sich mit ihm nicht einmal bei der UN-Vollversammlung im September in New York zusammensetzen, geschweige denn ihn im Weißen Haus empfangen. Die beiden Politiker hatten im Juni in Brüssel ihr erstes persönliches Gespräch seit Bidens Amtsantritt im Januar geführt und wollen laut türkischen Medienberichten kommende Woche beim G20-Gipfel in Rom erneut zusammenkommen. Eine Einladung für Erdogan ins Weiße Haus gibt es aber nicht.

Im Wahlkampf nannte Biden den türkischen Staatschef einen Autokraten

Die türkisch-amerikanischen Beziehungen sind aus vielerlei Gründen belastet, von der türkischen Entscheidung für ein russisches Flugabwehrsystem bis zur Syrien-Politik und dem Demokratie-Abbau in der Türkei. Im Wahlkampf nannte Biden den türkischen Staatschef einen Autokraten; Erdogan sagte vor wenigen Tagen, er komme mit Biden nicht zurecht.

Beim Treffen des US-Präsidenten mit dem Patriarchen dürfte es auch um die Rechte der Christen in der Türkei gehen. Ein wichtiges Thema ist das Verbot der christlichen Priesterausbildung in der Türkei: In diesem Jahr jährt sich die Schließung des Priesterseminars Halki bei Istanbul zum 50. Mal. Seit 1971 kann der orthodoxe Klerus in der Türkei deshalb keinen Nachwuchs mehr ausbilden. Bartholomäus, selbst Absolvent von Halki, gehört zur letzten Generation eines in Istanbul beheimateten Klerus, dessen Geschichte bis ins oströmische Reich zurückreicht.

Weil religiöse Minderheiten wie die Christen vom türkischen Staat mit Misstrauen betrachtet werden, dürfen sie sich nicht selbst verwalten. Die Behörden mischen bei der Neuwahl von Kirchenführern mit. Rechtliche Beschränkungen schaffen für christliche Gemeinden zudem Probleme beim Immobilienbesitz und in anderen Bereichen.

In den USA wächst die Kritik am Kurs der Türkei. Das Außenministerium in Washington forderte kürzlich die Wiedereröffnung von Halki. Die US-Regierungskommission für internationale Religionsfreiheit will die Türkei auf eine Schwarze Liste setzen lassen, weil das Land „schwere Verletzungen der Religionsfreiheit begeht oder zulässt“. Zu den Beispielen zählt die Umwandlung der Hagia Sophia in Istanbul in eine Moschee. Das Repräsentantenhaus forderte im Frühjahr in einer Entschließung Hilfe für das Patriarchat in Istanbul.

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