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Ein Freudentag. Palästinenser im Gazastreifen feiern die Übereinkunft.

© Suhaib Salem/Reuters

Einigung zwischen Hamas und Fatah: Warum die Palästinenser sich jetzt versöhnen wollen

Seit Jahren sind Fatah und Hamas verfeindet. Nun wollen sie sich versöhnen - ein Erfolg für Mahmud Abbas, der Israel in Bedrängnis bringen könnte. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christian Böhme

Versöhnung. Welch ein großes Wort. Zumal wenn es um die verfeindeten palästinensischen „Brüder“ Hamas und Fatah geht. Seit vielen Jahren bekämpfen sich die beiden Parteien und haben ihre Herrschaftsgebiete aufgeteilt. Im Gazastreifen haben die Radikalislamisten der Hamas das Sagen, im von Israel besetzten Westjordanland die Autonomiebehörde unter Präsident Mahmud Abbas.

Das Verhältnis ist von Misstrauen und Missgunst geprägt, einige Beobachter sprechen sogar von Hass. Deshalb sind auch bisher alle Versuche krachend gescheitert, zwischen Fatah und Hamas wieder Einvernehmen herzustellen.

Das Projekt „nationale Einheitsregierung“, oft wortreich und öffentlichkeitswirksam herbeigeredet, galt denn auch bestenfalls als Trugbild. Ebenso wie gemeinsame Wahlen. Derartige Bekenntnisse demonstrierten Nähe, wo es keine gab. Der palästinensischen Sache, dem eigenen, souveränen Staat, hat dieses schroffe Gegeneinander immer nur geschadet.

Mit ägyptischem Zwang

Doch nun könnte alles anders werden. Unter ägyptischer Vermittlung, besser gesagt: mit ägyptischem Zwang, haben sich Fatah und Hamas auf ein Abkommen geeinigt, das den Streit beilegen soll. Noch ist allerdings völlig unklar, ob dieser Übereinkunft eine bessere Zukunft beschieden ist als den vielen früheren. Denn an der prinzipiellen Rivalität hat sich nichts geändert.

Vertreter der Hamas (links) und der Fatah unterzeichnen das Versöhnungsabkommen.
Vertreter der Hamas (links) und der Fatah unterzeichnen das Versöhnungsabkommen.

© Khaled Desouki/AFP

Allerdings ist die politische Großwetterlage eine andere. Das bekommt vor allem die Hamas zu spüren. Die Islamisten sind in große Bedrängnis geraten, ihre Herrschaft bröckelt massiv. Zum einen, weil Abbas nichts unversucht lässt, der Hamas zu schaden.

Er machte sogar mit den „Zionisten“ gemeinsame Sache und bat Israel, die Stromzufuhr für Gaza erheblich zu drosseln. Das schadete nämlich vor allem dem ohnehin ramponierten Ansehen der Islamisten. Denn die Bevölkerung im Gazastreifen leidet unter Armut und Arbeitslosigkeit und macht immer häufiger die Hamas dafür verantwortlich.

Islamisten ohne Gönner

Der entscheidende Grund für die Verhandlungsbereitschaft der Machthaber in Gaza ist jedoch ein anderer: Ihnen kommen wichtige Gönner abhanden, allen voran die Katarer. Jahrelang war auf die Millionenspenden aus dem Emirat Verlass. Doch die reichen Männer vom Golf werden von Saudi-Arabien massiv bedrängt, ihre Hilfe für die Hamas einzustellen.

Sollte es jetzt wirklich zu einer palästinensischen Einheitsregierung kommen, profitiert davon am meisten Abbas. Bisher ist dem 82-Jährigen wenig gelungen. Von einem eigenen Staat sind die Palästinenser weiter entfernt denn je. Gelänge es ihm jedoch, das Volk zu einen, könnte dies sein Bild etwas aufhübschen.

Ein erstarkter Abbas

Und es brächte Benjamin Netanjahu in Erklärungsnöte. Denn Israels Regierungschef betont bei jeder Gelegenheit, er habe ja keinen Partner für ernsthafte Friedensgespräche. In der Tat war mit Abbas kein Staat zu machen: ein Präsident ohne die Legitimation einer Wahl. Einer, der im eigenen Volk kaum Rückhalt besitzt. Einer, der nur für einen Teil der Palästinenser spricht.

Diese Argumente könnten bald ins Leere laufen – wenn die Versöhnung zwischen Fatah und Hamas unter Abbas’ Ägide von Dauer sein wird.

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