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Premierminister David Cameron bei der Pressekonferenz nach den Verhandlungen.

© AFP

Einigung beim EU-Gipfel: Cameron: "Das beste aus beiden Welten"

Der "Brexit" ist abgewendet. Großbritanniens Premierminister zeigt sich zufrieden mit dem Kompromissvorschlag. Laut Gipfelpräsident Tusk stimmten alle 27 EU-Staaten für die Einigung. Lesen Sie die Ereignisse des Freitags in unserem Newsblog nach.

Beim EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs dreht sich (fast) alles nur noch um die britischen Reformvorstellungen. Die Flüchtlingsfrage ist auf einen Gipfel im März verschoben worden. Hier finden Sie die Ereignisse des Freitags in unserem Newsblog:

+++David Cameron spricht von einem "Sonderstatus Großbritanniens", den er in dem Deal ausgehandelt habe. „Ich glaube, das ist für mich genug, um zu empfehlen, dass das Vereinigte Königreich in der Europäischen Union bleibt - und damit das Beste aus beiden Welten hat", sagte er auf einer Pressekonferenz. Aber "Großbritannien wird niemals Teil eines europäischen Superstaates sein und niemals den Euro annehmen." Er setzte zahlreiche Zugeständnisse, vor allem bei den Sozialleistungen durch. Zugewanderte Arbeitnehmer aus anderen EU-Staaten sollen nach diesen Regelungen in Großbritannien künftig erst nach vier Jahren Anspruch auf volle Sozialleistungen haben. Großbritannien dürfte diese Regelung sieben Jahre lang nutzen. Im Juni will Cameron in Großbritannien über den Verbleib in der EU abstimmen lassen.

+++Zähe Verhandlungen mit fast zwölf Stunden Verspätung haben ein Ende. Der Kompromiss werde von allen EU-Partnern getragen, sagte EU-Gipfelchef Donald Tusk der Deutschen Presse-Agentur zufolge. Diplomaten sprechen von einem "sehr fairen und ausgewogenen Vorschlag". Tusk hatte die Einigung auf ein Reformpaket zunächst auf Twitter gepostet.

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+++EU-Kommissionschef Jean-Clausse Juncker und EU-Gipfel-Chef Donald Tusk haben einen endgültigen Kompromissvorschlag vorgelegt, der den Austritt Großbritanniens abwenden soll. Die Staats- und Regierungschefs haben am Freitagabend darüber beraten. Die litauische Staatspräsidentin Dalia Grybauskaite sprach auf Twitter von einer Einigung.

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+++ Der eigentlich auf zwei Tage angesetzte EU-Gipfel wird sich wegen zäher Debatten um ein Reformpaket für Großbritannien voraussichtlich bis zum Samstag hinziehen. Die Delegationen seien gebeten worden, sich Hotelzimmer zu besorgen, berichteten Diplomaten am Freitag in Brüssel. Für 20.00 Uhr sei ein Abendessen der EU-Chefs geplant.

+++ Bringt ein mögliches Veto Griechenlands in der „Brexit“-Frage den ganzen Gipfel zum Scheitern? Nach den Angaben von EU-Diplomaten kommt es jedenfalls nicht völlig überraschend, dass Griechenland angeblich seine Zustimmung zum Deal mit Großbritannien von einer Zusicherung abhängig macht, dass die anderen EU-Staaten bis zum nächsten Gipfel Anfang März ihre Grenzen nicht einseitig schließen würden. Bereits in der Vergangenheit hätten die Griechen deutlich gemacht, dass die beiden Themen – die Flüchtlingskrise und  die Anti-„Brexit“-Vereinbarung – für sie zusammengehörten, hieß in den Diplomatenkreisen. Allerdings sei bislang nicht die Drohung mit einem Veto aufgetaucht. Nach den Angaben aus griechischen Regierungskreisen will Ministerpräsident Tsipras seine Zustimmung zur Abschlusserklärung nötigenfalls verweigern.

Ratspräsident Donald Tusk mit David Cameron und Alexis Tsipras.
Ratspräsident Donald Tusk mit David Cameron und Alexis Tsipras.

© dpa/OLIVIER HOSLET

Am Freitagvormittag hatte es noch ein Treffen zwischen Tsipras, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem französischen Präsidenten François Hollande gegeben – und da hatte der Regierungschef aus Athen keinerlei Andeutungen gemacht, dass er eine Vereinbarung mit dem britischen Regierungschef David Cameron platzen lassen würde. In der Sache unterstützt Merkel derweil die Forderung Tsipras’, dass Griechenland nicht die Folgen eines denkbaren Flüchtlings-Rückstaus tragen dürfe. Der würde nämlich dann zur Realität, wenn beispielsweise die griechisch-mazedonische Grenze abgeriegelt würde.

+++ Griechenland hat seine Zustimmung zu einem "Brexit"-Kompromiss in Brüssel von Zusicherungen in der Flüchtlingskrise abhängig gemacht. Griechenland wolle die "einstimmige Entscheidung" beim EU-Gipfel in Brüssel, dass bis zum nächsten Gipfel Anfang März kein Staat einseitig seine Grenze für Flüchtlinge schließe, hieß es am Freitag aus Regierungskreisen in Athen. "Wenn nicht, wird die griechische Regierung dem Abschlusstext nicht zustimmen."

+++ Auf dem EU-Gipfel in Brüssel ist am Freitag das harte Ringen um die britischen Reformforderungen fortgesetzt worden - mit offenem Ausgang. Es habe zwar im Laufe der Nacht "etwas Fortschritt" gegeben, sagte der britische Premierminister David Cameron. "Aber es gibt noch keinen Deal." Er bekräftigte, er werde keine Vereinbarung akzeptieren, die nicht seinen Vorstellungen entspreche. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz äußerte sich indes vorsichtig optimistisch. „Die unterschiedlichen Positionen bewegen sich auf einander zu“, sagte der SPD-Politiker am Freitag am Rande des EU-Gipfels in Brüssel. Nach seinem Kenntnisstand bewege sich auch die Regierung des Vereinigten Königreiches in einigen Bereichen. Beispiele nannte er allerdings nicht. "Die Methode 'Ich sage euch, was ihr mir geben müsst, damit ich hierbleibe', die funktioniert nicht", sagte Schulz. Luxemburgs Regierungschef Xavier Bettel erklärte, die jüngsten Vorschläge "stellen nicht alle Parteien zufrieden", er hoffe aber auf einen tragfähigen Kompromiss "am Ende des Nachmittages".

+++ Vor der großen Runde, am Rande des EU-Gipfels, trifft sich Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einem Dreiergespräch mit dem französischen Präsidenten François Hollande und dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. Themen des für Freitagmorgen geplanten Gesprächs sind laut Diplomaten die Finanzkrise und der Grenzschutz in der Flüchtlingsfrage. Griechenland steht hier als "Eintrittstor" vieler Migranten nach Europa besonders im Fokus. Brüssel hat Athen eine Frist von drei Monaten gesetzt, um Verbesserungen beim Grenzschutz zu erreichen. Sonst könnten andere Staaten des eigentlich reisefreien Schengen-Raums ihre Grenzkontrollen auf bis zu zwei Jahre verlängern. Athen hofft, dass es nicht dazu kommt.

+++ In den Verhandlungen beim EU-Gipfel über Reformangebote an Großbritannien liegen die Positionen offenbar noch weit auseinander. Im zeitlichen Ablauf kam es am Freitagmorgen erneut zu Verzögerungen. Die ursprünglich für 9.00 Uhr anberaumten Treffen der Staats- und Regierungschefs in kleiner Runde sollten nun erst um 11.00 Uhr beginnen, wie der Sprecher von EU-Gipfelchef Donald Tusk über den Kurzmitteilungsdienst Twitter mitteilte. „Arbeiten an einer veränderten Abmachung zu #UKinEU dauern an“, twitterte er. Aus dem zuletzt für 11.00 Uhr geplanten Brunch in großer Runde werde ein Mittagessen um 13.30 Uhr.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (Mitte) beim EU-Gipfel in Brüssel
Bundeskanzlerin Angela Merkel (Mitte) beim EU-Gipfel in Brüssel

© dpa/EPA/Stephanie Lecocq

+++ EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hat sich zuversichtlich geäußert, dass es beim EU-Gipfel noch zu Fortschritten in der gemeinsamen Flüchtlingspolitik kommt. "Ich glaube schon, dass wir gestern - und sicher auch heute - schon ein paar Schritte vorwärts gekommen sind", sagte Schulz am Freitag im Deutschlandfunk. "Langsam aber sicher kriegen wir Bewegung in die Sache." Auch kritische Länder schwenkten zunehmend ein. Bundeskanzlerin Merkel sei "auf keinen Fall" mit ihrer Linie gescheitert. Schulz warnte, nationale Wege, wie sie einige Länder gingen, seien "zerstörerisch" für Europa.

+++ Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht sich durch den Flüchtlings-Sondergipfel der EU mit der Türkei Anfang März in ihren Bemühungen um eine Lösung der Krise bestätigt. „Ich bin sehr zufrieden mit der Diskussion“, sagte Merkel am frühen Freitagmorgen in Brüssel. Zum Ringen um den Verbleib Großbritanniens in der EU sagte die CDU-Chefin: „Wir sind kompromissbereit.“

+++ „Die hat natürlich keine ausgesprochene Freude“: Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann nach dem Arbeitsessen beim EU-Gipfel am Freitagmorgen in Brüssel zur Reaktion von Bundeskanzlerin Angela Merkel auf die österreichische Flüchtlings-Obergrenze.

+++ Die EU plant in der Flüchtlingskrise ein erneutes Sondertreffen mit der Türkei Anfang März. Das kündigte Gipfelchef Donald Tusk am Freitagmorgen auf dem EU-Gipfel in Brüssel an. Der gemeinsame Aktionsplan mit der Türkei, der im vergangenen November vereinbart worden war, „bleibt eine Priorität“, sagte Tusk. Der Plan sieht unter anderem vor, dass die EU drei Milliarden Euro zur besseren Versorgung syrischer Kriegsflüchtlinge in der Türkei zur Verfügung stellt.

+++ Im Streit um Flüchtlingsobergrenzen setzen mehrere EU-Partner Österreich unter Druck. Beim EU-Gipfel wurde nach Angaben von Diplomaten die Forderung laut, dass Wien bis zum nächsten EU-Gipfel Mitte März die Obergrenze erst einmal nicht in die Tat umsetzt.

Der Union Jack und die Europa Flagge.
Der Union Jack und die Europa Flagge.

© dpa / picture alliance

Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann sagte allerdings nach den Beratungen, seine Regierung werde an der Obergrenze festhalten. „Da gibt es nichts zu verschieben, nichts zu ändern“, sagte er. Sein Land habe bereits im Vorjahr deutlich mehr Asylanträge gehabt als beispielsweise Italien und Frankreich. „Jeder, der schon mal auf der Landkarte nachgesehen hat, weiß, dass zum Beispiel diese beiden Länder größer sind als Österreich und auch mehr Einwohner haben“, sagte er. „Wir sind können getrost allen sagen, dass wir helfen. Wir sind keine Wegdrücker.“

+++ Für viele der Sherpas, Anwälte, Referenten und Diplomaten dürfte es eine schlaflose Brüsseler Nacht gewesen sein. Die Staats- und Regierungschefs durften wohl zwischendrin ein wenig ruhen, müssen aber spätestens um 11 Uhr wieder an den Verhandlungstisch. Denn auf diesen Zeitpunkt hat EU-Ratspräsident Donald Tusk das ursprünglich geplante "Englische Frühstück" am Freitag nach hinten verschoben.

Völlig offen ist, wie lange der eigentlich bis Freitagnachmittag terminierte Gipfel weitergeht. Mehrfach wurde bereits die Bereitschaft geäußert, das Wochenende durchzuverhandeln. Andererseits hat David Cameron auch erklärt, notfalls würde er eben ohne "Deal" nach London zurückfliegen.

Die BBC-Reporterin Laura Kuenssberg sagt dazu: Es sei schwer einzuschätzen, ob die Aussagen über eine "Sackgasse", in der die Verhandlungen stecken würden, nun ernst seien oder "Gipfeltheater". An sich bestehe aber eine sehr ernsthafte Bereitschaft zu einem "Deal". Und, twittert Kuenssberg: "Einige Politiker lieben es einfach, einen Sieg in der allerletzten Sekunde vor dem Scheitern zu Erringen."

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+++ "Völlig versagt" habe die europäische Kooperation in der Flüchtlingspolitik, hat der UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi den europäischen Regierungen vorgeworfen. Ein entsprechendes Interview hat er der "FAZ" gegeben, das an diesem Freitag erscheint. Was am Donnerstag und Freitag beim dem Brüsseler Gipfel stattfindet, wird seine Haltung nicht ändern. Denn das Thema Flüchtlinge ist zu Gunsten der Verhandlungen mit Großbritannien fast völlig von der Tagesordnung gerutscht. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hat das am Donnerstagabend in einer Pressekonferenz scharf kritisiert.

Der Präsident des EU-Parlaments sagte: "Die EU-Mitgliedstaaten verursachen eine Krise ihrer eigenen Union." Auf die Frage, ob die EU es sich leisten könne, die Flüchtlingsfrage nun auf den nächsten Gipfel im März zu verschieben, sagte Schulz klar: "Gar nicht". Er räumte ein, dass ohne das "verständliche Fernbleiben des türkischen Premiers Davutoglu" anders über die Flüchtlingsfrage diskutiert worden wäre. Dennoch sagt Schulz, könne man deshalb "aber nicht bis März warten".  Während in der Eurokrise viele Milliarden in kurzer Zeit mobilisiert worden seien, hielten die EU-Länder ihre Zusagen etwa gegenüber Jordanienund dem Libanon nicht ein. Von versprochenen 4,2 Milliarden Euro für die beiden von der Fluchtbewegung aus Syrien besonders betroffenen Länder seien nach Angaben von Hilfsorganisationen erst 1,9 Milliarden ausgezahlt. Auch die Türkei warte auf die versprochenen drei Milliarden Euro. 

Filippo Grandi warnt im Übrigen vor Grenzschließungen in Europa. "Unsere Angst ist, dass das Schließen nationaler Grenzen in Europa dazu führt, dass sich Hunderttausende Flüchtlinge in Griechenland einfinden werden." Seine Botschaft an Europa laute: "Reißt Euch zusammen und kümmert Euch selbst drum. Wenn unsere Hilfe aber benötigt wird, werden wir da sein."

+++ David Cameron hat am Donnerstagabend offenbar die Katze aus dem Sack gelassen und erklärt, für wie lange er bestimmte Sozialleistungen für EU-Bürger in Großbritannien aussetzen lassen möchte. Nach einem Bloomberg-Bericht sind es nicht - wie weithin erwartet - vier Jahre, sondern maximal 13! Das ist doch deutlich länger und mehrere osteuropäische Regierungschefs sollen schon klargemacht haben: nicht mit ihnen. Ihr Limit liegt, auch das berichtet Bloomberg, bei fünf Jahren.

In welchen Bereichen David Cameron ebenfalls über Veränderungen verhandelt und wann es einen Durchbruch geben könnte, analysiert hier Albrecht Meier.

(mit dpa)

Einen Newsblog zu den Ereignissen vom Donnerstag können Sie hier nachlesen.

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