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Benjamin Netanjahu hat sein Ziel, stärkste Kraft zu werden, bei den Wahlen verfehlt.

© Menahem Kahane/AFP

Einheitsregierung für Israel?: Warum Netanjahu eine große Koalition fordert

Israels Premier Netanjahu fordert jetzt eine große Koalition - sein Kontrahent Benny Gantz erteilt ihm eine Absage. Er will selbst die Regierung führen.

Für Benjamin Netanjahu ist es richtig schlecht gelaufen. Von der Parlamentswahl – die er mit aller Kraft und allen Mitteln nach gescheiterten Koalitionsverhandlungen durchsetzte – hatte sich Israels Premier eigentlich dreierlei versprochen: eine komfortable Mehrheit für seinen rechts-religiösen Block, weitere Regierungsjahre mit ihm als Ministerpräsident und ein Amnestie-Gesetz, das ihn vor einer Anklage wegen Korruption schützt.

Doch „Bibis“ Rechnung ist nicht aufgegangen. Im Gegenteil. Weder gibt es nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit der Opposition um Ex-Armeechef Benny Gantz ausreichend Mandate für eine eigene Mehrheit in der Knesset. Noch kann sich Netanjahu sicher sein, dass er Premier bleibt. Viel spricht sogar dafür, dass seine Ära jetzt endet.

Das wird der Grund für seine Kehrtwende sein. Denn plötzlich plädiert Netanjahu für die Bildung einer großen Koalition. Die soll aus dem Likud, anderen rechten sowie religiösen Parteien und Gantz’ Mitte-Bündnis Blau-Weiß bestehen.

"Benny, es gibt keine andere Wahl"

Mit patriotischem Pathos forderte Netanjahu am Mittwoch: „Es gibt keine andere Wahl, als eine breite Einheitsregierung zu bilden, die aus allen Parteien besteht, denen der Staat Israel wichtig ist, Benny, wir müssen noch heute eine breite Einheitsregierung einrichten!“

Benny Gantz vom Mitte-Bündnis Blau-Weiß will Israels Premier werden.
Benny Gantz vom Mitte-Bündnis Blau-Weiß will Israels Premier werden.

© Amir Cohen/Reuters

Auf den ersten Blick mag das ein cleverer Schachzug sein. Denn Gantz hatte sich bereits vor den Wahlen ebenfalls für eine große Koalition ausgesprochen – aber dafür zwei Bedingungen formuliert: Es müsse zum einen ein säkulares Bündnis sein, also eines, in dem vor allem die Ultraorthodoxen außen vor bleiben.

Zum anderen komme Netanjahu als Regierungschef auf keinen Fall infrage. Es kann daher kaum überraschen, dass Gantz dem Vorstoß umgehend eine Absage erteilte. Das sei nichts anderes als eine Finte. Überhaupt komme nur er als Ministerpräsident in Betracht. Er verwies auf die 33 Mandate seiner Partei – der Likud kommt auf 31 – und betonte: „Blau-Weiß hat bei der Wahl gesiegt, sie ist die größte Partei.“

Kommt Netanjahu vor Gericht?

Für Netanjahu ist das eine weitere Niederlage. Eine, die ihm vor Augen führen dürfte, dass er unter den Gegebenheiten kaum noch etwas aus eigener Kraft bewegen kann. Das könnte den Premier nicht nur das Amt kosten, sondern ihn auch vor Gericht bringen.

Anfang Oktober wird Netanjahu von Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit vernommen. Der strebt ein Verfahren wegen Bestechlichkeit, Betrugs und Vertrauensmissbrauchs an. Kann Netanjahu die Vorwürfe nicht entkräften – er spricht von einer „Hexenjagd“ –, muss er sich bald vor Gericht verantworten. Nur ein Immunitätsgesetz könnte ihn davor bewahren. Doch ob er das noch durchsetzen kann, ist mehr als ungewiss.

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