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Eine Runde Bundestag.

© /Illustration: Tagesspiegel/Felix Möller

„Eine Runde Bundestag“ mit CSU-Original: Peter Ramsauer will die Deutschland-Koalition und keine „Fraktions-Stasi“

Der frühere Verkehrsminister über neue Abgeordnetenregeln, das Eyjafjallajökulll-Chaos und wie er Hartmut Mehdorn antanzen ließ, um den BER fertig zu bauen.

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Grüß Gott! Peter Ramsauer hat gerade mit seinen Mitarbeitern einen kleinen Prosecco-Umtrunk in seinem Büro gemacht, auch seine Frau ist zum Ende der Legislaturperiode angereist, um abends gemeinsam ein Klavierkonzert in der Philharmonie zu besuchen, Ramsauer liebt Beethoven.

Der CSU-Politiker hat seit 1990 den Wahlkreis Traunstein immer direkt gewonnen, teilweise mit über 60 Prozent. Ramsauer weiß, wie Politik geht, er hat vier Koalitionen mitverhandelt.

Peter Ramsauer vor dem Reichstagsgebäude, seit 31 Jahren ist er im Bundestag.
Peter Ramsauer vor dem Reichstagsgebäude, seit 31 Jahren ist er im Bundestag.

© Georg Ismar /TSP

Wir verlassen zu einer sehr ungewöhnlichen "Runde Bundestag" (Produktion Markus Lücker), dem Politik-Podcast des Tagesspiegel, das Büro im Paul-Löbe-Haus.

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Wenn es nach ihm ginge, gäbe es dieses Mal am liebsten wieder eine Regierung ohne die Grünen und stattdessen eine Deutschland-Koalition mit SPD und FDP.

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Peter Ramsauer vor dem Balkon der Parlamentarischen Gesellschaft, wo er manche Pause in Koalitionsverhandlungen verbrachte.
Peter Ramsauer vor dem Balkon der Parlamentarischen Gesellschaft, wo er manche Pause in Koalitionsverhandlungen verbrachte.

© Georg Ismar/TSP:

"Die Sozis sind handschlagfähig"

„Ich sag nach 31 Jahren Parlament, bei meinen anständigen Sozis weiß ich, was ich hab.“ Da gebe es natürlich in der Sache Unterschiede. „Wenn mein Freund Hubertus Heil sagt, jetzt muss gesetzlich unbedingt Homeoffice verpflichtend sein, bin ich anderer Meinung.“ Aber, und das zählt für einen echten Bayern: „Sie sind für mich Handschlagfähig.“ Bei den Grünen sei das eine völlig andere Situation, man merkt, da stimmt es kulturell und menschlich nicht so. Daher steht für Ramsauer fest: „Lieber verhandle ich nach der Wahl mit der FDP und der SPD, als mit einem einzigen Grünen.“ Eine Deutschlandkoalition „wäre für mich bei den gegebenen Umständen meine Lieblings-Konstellation“.

Allerdings gilt dies wohl nur im Falle eines Wahlsiegs der Union mit Kanzlerkandidat Armin Laschet - führende CSU-Politiker sind gegen eine Juniorrolle in einer Regierungskoalition unter Führung der SPD;

Braungebrannt, sportlich, die 67 Jahre sind dem gelernten Müllermeister nicht anzusehen, er ist seit Anfang der 1980er Jahre auch Gesellschafter der Ramsauer Talmühle KG ist. Zugleich studierte er BWL und ist Diplom-Kaufmann.

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Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajokull 2010.
Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajokull 2010.

© Lucas Jackson/REUTERS

Ein Vulkan namens Eyjafjallajökull

Die verrückteste Zeit war für ihn die als Bundesverkehrsminister 2009 bis 2013. In seinem Schreibtisch hat er heute noch den von Angela Merkel unterzeichneten roten Bundesministerausweis.

Den Namen Eyjafjallajökull hatte er bis dahin nicht gehört, der isländische Vulkan bricht 2010 aus und seine Asche bringt den Flugverkehr in Europa zum Erliegen. Ramsauer lässt den deutschen Luftraum schließen. Kanzlerin Merkel muss nach einer Auslandsreise von Italien aus per Auto zurück nach Berlin. Er habe sich an den Notfallplan für ein Vulkanascheereignis gehalten, die Amtskollegen in Europa weniger - Ramsauer kann sie mit seinem bayerischen Akzent wunderbar imitieren.

"Ja mei, Peter Herz, ich bin in Madrid und I will hoam“

Am 18. April, einem Sonntag, habe er den französischen Verkehrsminister, der sehr gut deutsch kann, angerufen: „Dominiiiiique, wie kannst Du fliegen lassen in Frankreich?“  Antwort: „Peeeter, ich saaage dir, Frankreich ist sicher, isch kann fliegen.“ Und auch die österreichische Verkehrsministerin,  Doris Bures, „a supaliebe Kollegin“, habe einfach die Flughäfen offen gelassen. Prompt meldete sich der Chef des Münchner Flughafen bei „Ramses“ (so sein Spitzname) und sagte: Bitte machen Sie auf, Innsbruck fliegt, Linz fliegt, Salzburg fliegt. Da rief er dann „die Doris“ an: „Mensch, des is a Wahnsinn, geht nicht, das ist gegen alle europäischen Regeln.“ Ihre Antwort: „Ja mei, Peter Herz, ich bin in Madrid und I will hoam.“ Da habe er nicht mehr gewusst, ob er lachen soll oder sonst was machen soll. Ramsauer hielt die Linie der Luftraumsperrung durch, er erinnert sich noch genau.

Die Vulkanaschewolke war am Mittwoch 21. April um 06.30 Uhr weg und um 11 Uhr konnten wir den Luftraum wieder öffnen.“ Und um 13 Uhr musste Ramsauer da drin, er zeigt auf das Reichstagsgebäude, eine Regierungserklärung zur Lage abgeben.

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Das Foto vom 17.04.2010 zeigt den isländischen Vulkan am Eyjafjallajökull-Gletscher, aus dem eine Aschewolke ausgestoßen wird. Im Frühling 2010 spuckt der isländische Vulkan wochenlang Asche in den Himmel. Es folgt das größte Chaos in Europas Luftfahrtgeschichte.
Das Foto vom 17.04.2010 zeigt den isländischen Vulkan am Eyjafjallajökull-Gletscher, aus dem eine Aschewolke ausgestoßen wird. Im Frühling 2010 spuckt der isländische Vulkan wochenlang Asche in den Himmel. Es folgt das größte Chaos in Europas Luftfahrtgeschichte.

© S.Olfas/dpa

40 000 Einladungen für BER-Eröffnung verschickt

Wir bleiben beim Fliegen, Ramsauer kann wie kein zweiter Hartmut Mehdorn nachmachen, den er später aussuchte, um den BER irgendwie ans Laufen zu bekommen. „Ich war ja amtlich gesehen einer der drei Eigentümer, der Bund, das Land Berlin und Brandenburg.“ Ihm sei immer gesagt worden, das laufe alles perfekt, Eröffnung am 3. Juni 2012. „Ende April waren 40 000 Einladungskarten für die Eröffnung verschickt, da bin rausgefahren und wollte mir mal anschauen, wie weit die sind. Und ich laufe da in der Haupthalle herum, die Ladenbesitzer haben alle ihre Pullover eingeräumt, da dachte ich mir hier: Perfekt, das klappt hier alles.“ Eine Woche später habe Flughafenchef Rainer Schwarz angerufen: „Wir können das nicht einhalten, wir müssen das verschieben.“

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"Holt mir sofort den Mehdorn her"

Doch es kam alles noch viel schlimmer, da fiel ihm Mehdorn ein, der zuvor Bahnchef war. „Ich halte super viel von ihm“, auch wenn sich Ramsauers Hoffnungsträger später an dem BER ebenfalls immer wieder verheben sollte. „Der war damals in so einer Art Ruhestand“, erinnert sich Ramsauer beim Spaziergang. Er habe den Auftrag gegeben: „Treibt mir den Mehdorn auf. Das war Montagfrüh, mittags hab‘ ich ihn schon an der Strippe gehabt: Wo sind sie Herr Mehdorn – ja, in Südfrankreich.“ Dann kam von Ramsauer die Anweisung: „Ins Auto, ins Flugzeug, sofort herkommen: Sie bauen den Flughafen fertig.“

Angela Merkel und Peter Ramsauer kennen sich schon lange (Archivbild vom Hessenfest 2012)
Angela Merkel und Peter Ramsauer kennen sich schon lange (Archivbild vom Hessenfest 2012)

© dpa/Eventpress Herrmann

Schlagen wir nochmal den Bogen zu einem Krisenthema anno 2021 im eigenen Laden. Ramsauer sieht die schärferen Abgeordnetenregeln nach den schweren Korruptionsfällen in der Unions-Fraktion im Zuge der Maskenbeschaffungen während der Corona-Pandemie sehr kritisch. „Unter den Voraussetzungen hat doch niemand mehr Lust, Politik zu machen“, meint Ramsauer.

Auf Betreiben Ramsauers wurde Hartmut Mehdorn neuer Flughafenchef in Berlin beim BER.
Auf Betreiben Ramsauers wurde Hartmut Mehdorn neuer Flughafenchef in Berlin beim BER.

© Patrick Pleul/dpa

Ramsauer Ärger mit dem neuen Verhaltenskodex

Dieser Verhaltenskodex in der Unionsfraktion laufe auf eine massive Einschränkung des freien Mandats hinaus oder auf Berufsverbote. „Ich sag‘s ganz ehrlich“, betont er. Das sei „die Einrichtung einer Fraktions-Stasi, die alles Mögliche genehmigen muss, wenn man irgendwas tut“. Das schrecke erfolgreiche Leute mit Beruf ab. Es sei aber gerade wichtig, nicht nur reine Berufspolitiker zu bekommen, sondern Leute, die mit beiden Beinen im Leben stehen, die auch ein anderes Standbein und Erfahrungen in der Wirtschaft haben. Mindestens eine Wahlperiode will der Oberbayer noch machen, seit 2017 ist der Vater von vier Töchtern Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses.

Zusammen mit Wolfgang Schäuble (CDU) wird er künftig einer der Dienstältesten sein, mit 31 Jahren im Parlament. Aber Schäuble will er nicht noch überholen: „Der ist ja seit 1972 dabei, da ist er mir 18 Jahre voraus. So einen Marathonlauf, den werde ich mir garantiert nicht mehr antun.“

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