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Eine Runde Bundestag.

© /Illustration: Tagesspiegel/Felix Möller

„Eine Runde Bundestag“ mit Agnieszka Brugger: „Wir Frauen hätten Jamaika besser verhandelt"

Agnieszka Brugger war mit 24 schon im Bundestag und musste erstmal Skepsis bei der Bundeswehr ausräumen. Ein Spaziergang mit einer Grünen, die regieren will.

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Agnieszka Brugger schaut zur Parlamentarischen Gesellschaft, jenem Ort gegenüber vom Reichstag, in dem sie vor vier Jahren vergeblich über eine Jamaika-Koalition mitsondiert hat. „Am Ende ist die FDP aufgestanden. Und jetzt blicken wir wieder auf vier verlorene Jahre für den Klimaschutz.“

2009 war sie mit 24 Jahren die jüngste weibliche Abgeordnete, als sie über die Landesliste Baden-Württemberg erstmals in den Bundestag einzog. Mit ihren roten Haaren und dem Lippen-Piercing ist sie eine, die richtig auffällt – aber doch recht angepasst daherkommt; die Worte wägend. Heute ist sie stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen. Wir laufen los zu einer „Runde Bundestag“ (Produktion: Markus Lücker), dem Politik-Podcast des Tagesspiegel, zunächst um das Reichstagsgebäude, an den Kreuzen für die Mauertoten vorbei Richtung Reichstagswiese.

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Es ist der Tag der letzten Sitzung vor der Wahl, viele Absperrungen, viel Polizei. Geboren in Polen, kam Brugger kurz vor dem Mauerfall mit ihrer Familie nach Dortmund, studierte dann in Tübingen Politikwissenschaft, Philosophie und Öffentliches Recht, heute lebt Brugger in Ravensburg.

Aber wo ist die „richtige“ Heimat? Ravensburg sei die Wahlheimat ihres Herzens. „Und mit den vielen Wohnorten und Hintergründen, die ich habe, ist Heimat für mich immer da, wo meine Familie ist, wo ich mich wohlfühle.“ Das sei halt gar nicht so ein fester Ort, sagt die 36-Jährige.

Agnieszka Brugger ist seit 2009 im Deutschen Bundestag.
Agnieszka Brugger ist seit 2009 im Deutschen Bundestag.

© Derek Schuh

Am meisten überraschte der Einzug sie selbst

Sie kandidierte 2009, um ein Zeichen für junge Menschen zu setzen und dachte, dass Berufspolitik so in 20, 30 Jahren was für sie sein könnte. Doch dann schnitten die Grünen in Baden-Württemberg überraschend gut ab. „Um vier Uhr morgens hat mich mein damaliger Freund, der heute mein Mann ist, geweckt und gesagt: Herzlichen Glückwunsch, du bist Abgeordnete des Deutschen Bundestages.“

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Agnieszka Brugger vor dem Reichstagsgebäude.
Agnieszka Brugger vor dem Reichstagsgebäude.

© Paula Beck/Tagesspiegel

Sind Frauen die besseren Verhandler für eine Jamaika-Koalition?

Jetzt könnten wieder Grüne und FDP irgendwie miteinander koalieren müssen, ob unter Führung der SPD oder der Union. Brugger kennt auch viele FDP-Politiker, eines hat sie gelernt, und will es auch leben: „Wir alle sind demokratische Parteien, die am Ende des Tages die Pflicht haben, miteinander in Gespräche zu gehen und eine gute und stabile Regierung für die Menschen im Land zu bilden.“

Wichtig seien vertrauliche Runden, offen Differenzen ausdiskutieren zu können. Sie nerven manche Männerrituale, Frauen würden oft anders, kompromissorientierter Politik machen: „Wenn die Frauen auf allen Seiten bei den Jamaika-Sondierungen alleine verhandelt hätten, dann wäre es nicht so geendet.“

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Vorurteile bei der Bundeswehr gegen sie?

Brugger hat sich als Verteidigungsexpertin ihrer Partei einen Namen gemacht, war auch mehrfach in Afghanistan.

Gab es nie komische Reaktionen bei der Bundeswehr?  Klar, anfangs habe es gewisse Skepsis gegeben, aber „ich höre auch einfach gerne zu, weil ich halt nicht 10 Jahre bei der Bundeswehr gedient habe.“ Brugger wägt stets ihre Worte, sie ist da ein ziemlicher Politprofi.

Agnieszka Brugger (Bündnis90/Die Grünen) im Plenum des Bundestags.
Agnieszka Brugger (Bündnis90/Die Grünen) im Plenum des Bundestags.

© imago/Metodi Popow

Angesprochen darauf, dass sie nach dem Noteinsatz der Bundeswehr in Afghanistan Annalena Baerbock vor ihrer Rede im Bundestag erstmal ausführlich beraten musste, sagt Brugger: „Annalena Baerbock muss von mir nicht gebrieft werden.“ Es habe aber zuvor noch Sondersitzungen etwa des Verteidigungsausschusses gegeben. „Und da finde ich es nur sehr professionell, dass sie checkt, gab's da nochmal neue Punkte, die man in der Debatte ansprechen muss.“

Baerbock sei nicht immer fair behandelt worden, das gelte auch für die Medien. Sie selbst habe von Anfang an versucht, über ihre Arbeit Respekt zu bekommen. „Ich bin hier angekommen mit 24 und dachte, jetzt muss ich mich erst einmal so richtig beweisen und die werden alle ganz große Vorurteile über mich im Kopf haben.“ Zumal sie erklärte Abrüstungs- und Friedenspolitikerin ist.

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Aber sie habe dann die positive Erfahrung gemacht, gerade bei der Bundeswehr, dass man sehr stark daran gemessen wurde: Wie gut ist man vorbereitet? Wie geht man mit den anderen Kolleginnen und Kollegen um? Ein CDU-Staatssekretär habe irgendwann mal intern gesagt haben: „Sie sind immer so gut vorbereitet und stellen die richtigen Fragen.“

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Jenseits der inhaltlichen Differenzen sei die menschliche Ebene wie im normalen Leben entscheidend. Brugger blickt rüber zum Hauptportal: „Wir sind gerade da vorbeigelaufen, da steht ja „Dem Deutschen Volke“. Und ich denke immer: Es ist so ein Privileg in diesem Gebäude für die Menschen, an diesen Diskussionen, an diesen Aufgaben, an den Lösungen mitwirken zu dürfen. Deshalb gilt für mich: Es ist eine der schönsten Aufgaben der Welt.“

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