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Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon und der britische Premier Boris Johnson

© Reuters/Russell Cheyne

„Eine Regierung, die gefährlich ist“: Schottische Regierungschefin unterstellt Johnson No-Deal-Strategie

Nicola Sturgeon ist sicher, dass die neue britische Regierung einen Brexit ohne Abkommen anstrebt. Schottlands Regierungschefin misstraut Boris Johnson.

Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon hat dem neuen britischen Premierminister Boris Johnson vorgeworfen, insgeheim einen Brexit ohne Austrittsabkommen anzustreben. "Hinter allem Bluff und Getöse ist dies eine Regierung, die gefährlich ist", sagte Sturgeon nach einem Treffen mit Johnson am Montag in Edinburgh. "Dies ist eine Regierung, die eine No-Deal-Strategie verfolgt, so sehr sie das auch bestreiten mag." Johnson zeigte sich bei seinem ersten Besuch in Schottland als Premierminister hingegen "zuversichtlich, dass wir ein Abkommen bekommen".

Der britische Premier sagte, es sei jedoch "auch richtig, dass wir uns auf kein Abkommen vorbereiten". Journalisten gegenüber bekräftigte er, dass das von seiner Vorgängerin Theresa May mit der EU ausgehandelte Austrittsabkommen "tot" sei.

Vor seinem Treffen mit Sturgeon hatte Johnson eine "strahlende Zukunft" nach dem Brexit vorhergesagt. Das Vereinigte Königreich sei eine "globale Marke", sagte er. Es sei "lebenswichtig", die Bande zu "erneuern", die die britischen Landesteile zusammenhielten.

Insbesondere mit Schottland, das einen EU-Austritt mehrheitlich ablehnt, sind diese Bande angespannt. Schottland ist die erste Station von Johnsons Reise durch die britischen Landesteile, bei denen er seine Brexit-Pläne erläutern will. Der Premier will dann auch neue Investitionen in Höhe von 300 Millionen Pfund (rund 334 Millionen Euro) für Schottland, Wales und Nordirland verkünden.

Sturgeon, Vorsitzende der die Unabhängigkeit befürwortenden Schottischen Nationalpartei, sagte, der Glaube an einen Kurswechsel in Brüssel sei "eine zum Scheitern verurteilte Strategie". Sie wies Johnson darauf hin, dass das schottische Parlament in den kommenden Monaten über eine weiteres Referendum zum Verlassen des Vereinigten Königreichs diskutieren werde.

Die schottische Regierungschefin hatte von Johnson bereits nach dessen Amtsantritt einen Kurswechsel beim Brexit gefordert und ihre Ankündigung eines Unabhängigkeitsreferendums bekräftigt. Angesichts des geplanten EU-Austritts Großbritanniens sei es "mehr als je zuvor wesentlich, dass wir in Schottland eine alternative Option haben". Neben Sturgeon wollte Johnson auch die Chefin der schottischen Konservativen, Ruth Davidson, treffen, die eine entschiedene Gegnerin eines No-Deal-Brexits ist.

Der irische Premierminister Leo Varadkar hat gewarnt, bei einem Brexit ohne Abkommen mit der EU würden die Menschen in Nordirland die Union mit Großbritannien "in Frage stellen".

Regierung erwartet Brexit zum 31. Oktober

Johnson hatte am vergangenen Mittwoch das Amt des britischen Premierministers angetreten. Er hat angekündigt, den EU-Austritt seines Landes "ohne Wenn und Aber" bis zum 31. Oktober abwickeln zu wollen - also notfalls auch ohne Abkommen mit der EU. Gegen einen solchen No-Deal-Brexit gibt es in Großbritannien aber große Widerstände.

Britische Wirtschaftsverbände warnten am Montag erneut vor den Folgen eines No-Deal-Brexits. Die Chefin des Industrieverbands, Carolyn Fairbairn, erklärte, da es unmöglich sei, die britische Wirtschaft von "allen Schäden der Fluten eines No-Deal abzuschotten", müssen wir "Sandsäcke aufstapeln und so viel wie möglich schützen". Weder Großbritannien noch die EU seien für einen Austritt ohne Abkommen gerüstet.

Das britische Pfund verlor am Montag gegenüber dem Dollar mehr als einen Prozent und sank auf den niedrigsten Stand seit März 2017. (AFP)

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