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Der Ältestenrat des Bundestags hat die Prämie beschlossen, die manche Mitarbeiter nicht behalten wollen.

© Tobias Schwarz, AFP

Eine Extrawurst, die keine sein soll: Überraschende Corona-Prämie für Bundestagsmitarbeiter

Einige Bundestagsbeschäftigte wollen ihren Corona-Bonus spenden. Sollen sie. Moralische Pflicht kann das aber nicht werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ariane Bemmer

Dieser Stoff ist geeignet für ein empörtes „Ach so ist das“-Rufen. Der Ältestenrat des Bundestags hat für die 4500 Mitarbeiter von Bundestagsabgeordneten einen Corona-Bonus von bis zu 600 Euro (Auszubildende erhalten 200 Euro) beschlossen. Auszahlbar steuerfrei im Dezember. Grund: die zusätzlichen Belastungen in Pandemiezeiten.

Der Geldsegen kommt für die Beschäftigten überraschend, wie mehrfach zu hören war, und manchem soll er aus sozialen Gewissensgründen auch nicht ganz recht sein. Während bei den angekündigten Bonuszahlungen für Pflegekräfte genau geschaut wird, wer auch wirklich mehr geleistet hat, soll über die – unter Seuchengesichtspunkten privilegiert – Beschäftigten per Gießkanne Geld verteilt werden. Obwohl sie ihrer Arbeit in der Regel gut ausgestattet im Homeoffice weiter nachgehen konnten.

Wie ungerecht ist das? Offenbar eine Frage, die sich einigen Beschäftigten auch selbst stellt. Es ist von Plänen zu lesen und zu hören, den Bonus für gemeinnützige Zwecke zu spenden oder an die Kita des eigenen Nachwuchses zu übergeben.

Und ja, sollten das nicht alle der 4500 unverhofft Beglückten machen? In einer beeindruckenden Aktion gemeinsam aufstehen für eine gerechtere Idee von Arbeitseinsatz und Belohnung?

Nein, sollten sie nicht. Sie können, wenn sie wollen, das ist klar. Aber daraus eine moralische Pflicht zu machen, würde die Verhältnisse auf den Kopf stellen. Es würde soziale und politische Fragestellungen zur Privatangelegenheit von Einzelnen machen – was sie nicht sind. Neidanfall hin oder her.

Eine Folge der Verdi-Tarife

Die Bonuszahlungen sind eine indirekte Folge der Verdi-Tarifverhandlungen für den Öffentlichen Dienst, die üblicherweise eine Art Richtwert für die Bezahlung seien, wie es heißt. Und von Verdi wurden sowohl Lohnzuwächse wie auch Sonderzahlungen erstritten. Und zwar ohne genauer zu schauen, wo sie wirklich gerechtfertigt und nötig sind und wo nicht. Dass Verdi in einem Schreiben an die Abgeordneten die Kritik an der Zahlung schon aufgreift und mitteilt, dass es sich hierbei keinesfalls um eine

„Extrawurst“ handele, sagt da vielleicht schon viel.

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Wenn man sich also über etwas aufregen möchte, dann lieber über die Mechanismen hinter den Bonusvereinbarungen. Was waren das für undifferenzierte Beschlüsse? Wie zeitgemäß kann überhaupt eine Tariflösung für eine so diverse Gruppe wie den Öffentlichen Dienst sein?

Wenn ein Bonus für verzichtbar gehalten wird, stimmt etwas nicht

Schon kurz nach dem Tarifabschluss haben manche der Beglückten darauf hingewiesen, dass sie lieber keine Bonuszahlungen hätten, wenn dafür diejenigen ganz vorn an der Corona-Front ein dickeres finanzielles Dankeschön erhalten würden. Das ist ein schöner Spirit, der ganz sicher nicht selten anzutreffen ist. Zur Pflicht machen kann man ihn aber nicht.

Wenn die Gewerkschaften Sonderzahlungen durchsetzen können, die von den Empfängern als unpassend oder auch nur verzichtbar angesehen werden, dann sind die falschen Ziele angestrebt und durch Mitwirkung der Tarifpartner auf der anderen Seite des Verhandlungstisches ermöglicht worden. Und der Ältestenrat des Bundestags hätte die Regelung nicht übernehmen müssen. Das ist die richtige Adresse für Wehklagen und Beschwerden. Und nicht die einzelnen Empfänger des Extrageldes. 

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