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Die Ikone der Emanzipation hält sich in Steuerfragen eher bedeckt.

© dpa

Ein SPRUCH: Koch auf dem Grill

Alice Schwarzer und der Spitzenkoch Johann Lafer stehen im Visier der Steuerfahndung. Doch nur bei Schwarzer hält die Staatsanwaltschaft dicht. Misst die Justiz mit zweierlei Maß? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Alice Schwarzer hat eine Gelegenheit versäumt, für die Gleichbehandlung der Geschlechter einzutreten. Es geht um den Spitzenkoch Johann Lafer. Beide, Schwarzer wie Lafer, stehen vereint im Visier der Steuerfahndung. Schwarzer, weil es trotz Schweizerkonto, Selbstanzeige und Reuebeteuerns wohl noch einige offene Fragen gibt. Lafer, weil eine Ex-Mitarbeiterin ihn angezeigt hatte; anschließend rückte eine halbe Hundertschaft Beamte in Lafers Restaurant in Stromberg und seine Kochschule bei Bad Kreuznach ein.

Zwei Fälle, die, soweit sich der Verdacht überhaupt bestätigt, weit unterhalb der Liga von Uli Hoeneß spielen, worauf Schwarzer bei ihrem ersten öffentlichen Nachsteuer-Auftritt in einer Talkshow Ende August erwartbar hingewiesen hat. Und doch behandeln die Behörden beide in einem wichtigen Punkt unterschiedlich: Bei Schwarzer wird das Steuergeheimnis gehütet, bei Lafer kurz gelüftet.

So bestätigte die Staatsanwaltschaft Koblenz, die in Lafers Fall ermittelt, den Verdacht und die Durchsuchung. Die für Schwarzer zuständige Staatsanwaltschaft Frankfurt dagegen bestätigt – nichts. Schweigen auf einer Linie, bis hinauf in Generalstaatsanwaltschaft und Justizministerium. Steuergeheimnis, heißt es. Man sei lediglich „befugt mitzuteilen, dass der Rechtsvertreter von Frau Schwarzer bei der Staatsanwaltschaft Köln Strafanzeige wegen Geheimnisverrats gegen unbekannt erstattet hat“. In dieser Art Empörung spielt Schwarzer durchaus in einer Liga mit Hoeneß.

Der Steuerzahler soll sich auf den Staat verlassen können

Das Steuergeheimnis ist selbst ein Geheimnis. Es gilt nicht absolut, aber wann nicht, das ist dann auch wieder schwierig. Der Steuerzahler soll sich auf den Staat verlassen können, lautet die Maxime. Auch, wenn Finanzbehörden und Strafverfolger ihm Hand in Hand an den Kragen wollen. Für das Bundesfinanzministerium rechtfertigt deshalb eine Presseanfrage „grundsätzlich keine Durchbrechung des Steuergeheimnisses“. Anders sieht es offenbar die Lafer-Staatsanwaltschaft Koblenz: Man sei schließlich „verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen“.

Was denn nun? Der Koch soll auf den Grill, während sich an der Ikone der Emanzipation niemand die Finger verbrennen möchte? Ein merkwürdiges Verständnis von Gleichheit vor dem Gesetz. Und ein merkwürdiges Verständnis von Geheimnis. Der Staat soll die Steuerdaten seiner Bürger schützen. Aber wenn er den Verdacht hegt, betrogen worden zu sein, sollte er diesen Schutz einschränken dürfen. Denn mit diesem Verdacht ist das Vertrauen vorerst erledigt, das Bürger und Staat zum Wohl der gemeinsamen Kasse verbinden soll. Gleiches gilt für etwaige Klassenunterschiede. Lafer, Schwarzer, Hoeneß – in diesem Punkt gehören sie alle in dieselbe Liga.

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