zum Hauptinhalt
Geschafft: Diese Menschen besteigen gerade ein Evakuierungsflugzeug am Flughafen Kabul.

© Reuters

Ein Schicksal in Afghanistan: Vom verzweifelten Versuch, die eigene Familie zu retten

Drei Menschen sind berechtigt, aus Kabul ausgeflogen zu werden - doch es fehlt die entscheidende Bestätigung. Ein Fallbeispiel für das Grauen dieser Tage.

Wollen wir uns einen Moment in diese grauenvolle Situation versetzen? Einen Moment versuchen nachzufühlen, wie es ist, wenn die Angst Platz greift, ans Herz greift, das zu rasen beginnt? Die Rede ist, natürlich, von Afghanistan.

Also: Stellen wir uns vor. wir wären Lehrer:in und versuchten seit Sonntag unaufhörlich, der afghanischen Familie eines früheren Schülers dabei zu helfen, vom Auswärtigen Amt als Mitarbeiter bei UN (Vater), schwedischer NGO (Mutter) und Juristin bei der Regierung (Schwester) registriert zu werden. Und dafür eine schriftliche Bestätigung zu erhalten. Die ja zwingend notwendig ist, um überhaupt das Flughafengelände in Kabul betreten zu können. Laut Regierungserklärung sind Vater, Mutter, Schwester als Mitarbeiter von Menschenrechtsorganisationen berechtigt, von uns Deutschen ausgeflogen zu werden. Doch sie kommen nicht auf die Liste; oder sie sind auf der Liste der Berechtigten und erhalten keine Bestätigung beziehungsweise Nachricht, wann und wie sie sich zum Flughafen begeben sollen.

Der frühere Schüler ist darum jetzt dem Nervenzusammenbruch nahe. Wir versuchen deshalb, über vier Bundestagsabgeordnete und über Flüchtlingsinitiativen, die Registrierung zu erreichen. Einer der Abgeordneten versichert, alle Unterlagen - Ausweiskopien, Beschäftigungsnachweise - ans Außenministerium übermittelt zu haben, weiß aber nicht, was damit weiter gemacht wurde und "bezweifelt, dass das Amt noch was hinbekommt".

Die Visa liegen bei der türkischen Botschaft

Der Schüler ist vor Wochen mit 10.000 Euro Bankkredit nach Kabul geflogen und hat damit Visa der türkischen Botschaft bezahlt, die nun dort liegen - zusammen mit den Pässen der Familie. Er selbst kam mit einem Linienflug gerade noch aus Kabul heraus. Jetzt dreht er fast durch vor Sorge. Die Familie war schon am Flughafen, der Vater mehrmals, aber sie haben ohne Berechtigungsnachweis keine Chance, durch eines der Tore zu kommen.

So ist die Situation. Ein Beispiel für das Grauen dieser Tage, wo Menschen auf Registrierung und Benachrichtigung hoffen. Es wird hunderte davon geben.

[Lesen Sie mehr bei Tagesspiegel Plus: Zeuge eines historischen Moments -:So erlebte ein Deutscher die Flucht aus Kabul]

Ach ja: Dieser Tage hat einer per Handy aus Afghanistan im Außenministerium angerufen. Er wurde mit dem Bürgertelefon verbunden. Nach gefühlt fünf Minuten Beethoven flog er aus der Leitung.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false