zum Hauptinhalt
Ensaf Haidar, die Frau des saudischen Bloggers Raif Badawi, kämpft weltweit für dessen Freiheit.

© dpa

Ehefrau des inhaftierten Bloggers: "Raif Badawi hat nur seine Meinung geäußert"

Der Blogger Raif Badawi wurde in Saudi-Arabien zu zehn Jahren Haft und 1000 Hieben verurteilt. Seine Frau Ensaf Haidar will nun eine Stiftung gründen.

Frau Haidar, dass eine Stiftung, die sich um Meinungsfreiheit kümmern soll, den Namen eines Häftlings trägt, sagt viel aus über die Situation der Menschenrechte vor allem in Saudi-Arabien...

Ja, leider. Aber genau deswegen gründen wir die Raif-Badawi-Stiftung für Meinungsfreiheit. Wir wollen dafür arbeiten, dass niemand wegen seiner Meinung, seinen Äußerungen oder Texten inhaftiert wird. Wir wollen uns darum kümmern, dass die freie Presse, die Diskussionskultur vor allem im Nahen Osten weiter gestärkt wird.

Was planen Sie konkret?

Wir werden bald die Stiftung in Kanada formal gründen. Nun geht es darum, Partner, eine stabile Finanzierung zu suchen und konkrete Projekte auf die Beine zu stellen. Wir wollen den Dialog zwischen den Menschen in bestimmten Ländern fördern. Ich kann mir vorstellen, dass wir schon demnächst Seminare für arabische Journalisten anbieten können oder Workshops für Blogger und alle, die Freiheit und Diskurs lieben. Wir wollen eine Art Netzwerk im realen Leben etablieren, damit sich die Menschen austauschen können. Auf jeden Fall geht es darum, das richtige Verständnis von Menschenrechten zu verbreiten.

Raif Badawi hatte erzkonservative Kleriker und das Treiben der Religionspolizei kritisiert.
Raif Badawi hatte erzkonservative Kleriker und das Treiben der Religionspolizei kritisiert.

© epd-bild / privat

Das richtige Verständnis?

Es stimmt, das ist kompliziert. Es ist wichtig, dass in mehr Ländern überhaupt frei und vor allem angstfrei über diese Frage diskutiert werden kann. Auf jeden Fall darf es nicht sein, dass Menschen wegen ihrer Meinung eingesperrt werden. Raif hat nichts Schlimmes getan, er hat nur seine Meinung geäußert und die war noch nicht mal radikal. Es ist schlimm, dass seine Kinder ohne ihren Vater aufwachsen müssen.

Wie geht es Ihnen? Ihren Kindern?

Es ist schwierig. Es geht uns in Kanada gut, aber wir werden erst ruhen können, wenn Raif wieder bei uns ist. Ich kann immer wieder nur appellieren, dass mein Mann freikommt. Er hat nichts getan. Und wenn Sie damit meine Müdigkeit ansprechen wollen: Ich bin erst vor ein paar Augenblicken aus Montreal hier in Berlin gelandet. Leider ist mein Terminkalender so voll, dass ich mich nicht kurz hinlegen kann. Das müssen wir beim nächsten Mal vielleicht anders machen.

Man könnte tatsächlich meinen, dass Sie selten zum Schlafen kommen. Sie reisen um die Welt, nehmen Preise für ihren Mann entgegen. Es gibt demnächst einen Raif Badawi Award für Meinungsfreiheit, unzählige Mahnwachen vor saudischen Botschaften in vielen Hauptstädten weltweit, ein Buch mit Texten von ihrem Mann. Woher kam die Idee, zusätzlich eine Stiftung zu gründen?

Ich habe mit Raif im Jahr 2011 über diese Idee gesprochen. Wir haben damals sehr viel diskutiert. Da waren wir noch in Saudi-Arabien. Er war so begeistert und wollte unbedingt eine Plattform gründen für liberale Denker, wie er einer ist. Wir hatten sogar mit Human Rights Watch Kontakt, dann haben sie ihn leider im Jahr 2012 festgenommen und ich musste mit den Kindern fliehen. Die Stiftung ist also eine Idee von Raif. Ich setze sie jetzt nur um.

Sie können ein Mal pro Woche kurz mit Ihrem Mann im Gefängnis telefonieren. Was sagt Raif Badawi zu seiner neuen Stiftung?

Er weiß noch gar nichts davon. Ich wollte es ihm nicht sagen. Es soll eine Überraschung für ihn sein, wenn er aus dem Gefängnis kommt und endlich zu uns nach Kanada ziehen kann. Es ist auch sicher, dass er davon in Saudi-Arabien nichts mitbekommt. Er darf ja höchstens saudische Zeitungen lesen, die werden sicher nicht über die Stiftung berichten und meine Überraschung kaputt machen.

Dieses Interview entstand in Kooperation mit "Zeit"-Online.

Zur Startseite