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Ein Bild aus glücklichen Tagen: Thomas Gottschalk und seine Frau Thea im Jahr 1979.

© dpa

Ehe-Aus bei Gottschalks nach 42 Jahren: "Meistens sind es die Frauen, die sich trennen“

Immer mehr ältere Paare lassen sich scheiden. Die Paartherapeutin Christine Geschke erzählt von Risiken und Gründen - und wie man die Beziehung retten kann.

Christine Geschke ist Diplom-Psychologin und Ratgeberautorin („Alles auf neu“). Sie leitet eine Praxis für Paartherapie und Eheberatung in Hamburg.

Frau Geschke, der Entertainer Thomas Gottschalk und seine Frau Thea lassen sich nach mehr als 40 Ehejahren scheiden. Wie oft kommt es zu Trennungen im Alter?

Das ist ein Phänomen, das etwa seit den 50er-Jahren stetig zugenommen hat. Ehen werden mittlerweile nicht nur häufiger, sondern auch später geschieden.

Woran liegt das?

Früher war es eine Schande, getrennt zu sein. Dieses Stigma gibt es nicht mehr. Im Gegenteil: Es ist gesellschaftlich akzeptiert, dass Menschen auseinander gehen. Zudem ist der Anspruch an das eigene Leben höher geworden. Früher war die Bereitschaft höher, sein Leben für die Familie zu opfern. Und wenn die Kinder aus dem Haus waren, hatte man keine Sehnsüchte mehr, die man sich gestattet hätte. Inzwischen geht es viel häufiger um Lebensqualität, der Wunsch nach Selbstverwirklichung erwacht. Dem gehen die Leute heute mehr nach.

Sind es mehr Männer oder Frauen, die eine Partnerschaft im Alter beenden?

Meistens sind es die Frauen, die sich trennen. Sie haben häufig das Familienleben organisiert und die Familie zusammengehalten. Der Mann hingegen konnte sich auf beruflicher Ebene verwirklichen. Der Drang zur Selbstverwirklichung geht daher vor allem von Frauen aus. Bei Männern ist es eher der Wunsch nach Bestätigung, der wieder größer wird. Sie möchten wieder das Gefühl haben, bewundert zu werden, so wie früher von der eigenen Ehefrau. Und dafür suchen sie sich nun jemand anderen.

Was kommt an Problemen auf ältere Menschen zu, die nach langer Zeit wieder allein sind?

Gerade der, der verlassen wurde, hat es oft schwer, jemand Neues kennenzulernen. Nicht selten ist Einsamkeit und Depression die Folge. Hinzu kommt der finanzielle Aspekt, der oft vernachlässigt wird. Meistens ist einer der Hauptverdiener und der andere arbeitet in Teilzeit oder gar nicht. Nach der Trennung entstehen zwei Haushalte, zwei Existenzen, die in der Summe teurer sind als es vorher der Fall war.

Werden durch die Aussicht auf Freiheit und neuen Lebenselan die finanziellen Veränderungen oft unterschätzt?

Menschen lassen sich, gerade heutzutage, oft von ihren Gefühlen leiten. Dafür übersehen sie gerne Risiken. Das ist der ganz große Unterschied zu früher, als man sich eher an gesellschaftliche Codes hielt. Heute ist das Gefühl die Triebfeder. Auch im späten Alter geben die Menschen immer häufiger ihren Sehnsüchten nach, die über das Risiko dominieren.

Was gibt es für Alternativen zu Trennung und Scheidung?

Ehe man im Affekt dem Wunsch folgt, nach dem jahrelang gleichen Trott etwas zu verändern, sollte man für einen Moment das Gefühl entkoppeln. Etwa indem, man einen Paartherapeuten  hinzuzieht, der die Situation realistisch betrachtet. Die ehemaligen Partner müssen ja nicht unbedingt eine Liebesbeziehung mehr führen, sondern könnten sich miteinander arrangieren, um den finanziellen Ruin zu vermeiden. Man kann das Haus aufteilen, sich voneinander abgrenzen. Damit der andere nicht zum Feind wird, sollte aber das eigene Ich stärker betont werden. Dafür darf man ruhig kreativ sein. Oder aber die Therapie sorgt dafür, dass die Partner für so viele positive Veränderungen sorgen, dass sie wieder zueinander finden.

Helge Hommers

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