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Der Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) im Finanzausschuss des Bundestags.

© dpa/ Carsten Koall

Update

Durchsuchungen im Finanzministerium: Scholz stellt sich Fragen im Ausschuss zu Geldwäsche-Ermittlungen

Kurz vor der Wahl muss Finanzminister Olaf Scholz Rede und Antwort stehen. Er wies die Vorwürfe gegen die Anti-Geldwäsche-Einheit FIU zurück.

Sechs Tage vor der Bundestagswahl hat sich Finanzminister Olaf Scholz (SPD) im Finanzausschuss des Bundestags Fragen zur Affäre um die Anti-Geldwäsche-Einheit FIU gestellt. Anders als erwartet erschien der SPD-Kanzlerkandidat am Montag doch persönlich in Berlin - und sagte dafür Wahlkampftermine in Baden-Württemberg ab.

Scholz wies die Vorwürfe gegen die Anti-Geldwäsche-Einheit FIU. Scholz sagte am Montag nach der Sitzung in Berlin, die Behörde habe in den vergangenen drei Jahren mehr hinbekommen als in 30 Jahren. Scholz betonte erneut, die FIU sei personell aufgestockt worden und habe eine moderne IT-Struktur bekommen. Das Meldungsaufkommen werde weiter steigen. Die Kriterien, welche Geldwäschemeldungen an Behörden weitergeben werden, würden weiter verbessert.

Scholz traf im Ausschuss auch mit FIU-Chef Christof Schulte zusammen - zum ersten Mal traf er ihn in seiner Zeit als Minister persönlich. Anders als erwartet war der SPD-Kanzlerkandidat doch persönlich in Berlin erschienen - und sagte dafür Wahlkampftermine in Baden-Württemberg ab.

FDP, Grüne und Linke hatten die Sondersitzung des Bundestagsausschusses beantragt, nachdem die Osnabrücker Staatsanwaltschaft eine Durchsuchung beim Finanz- und beim Justizministerium durchgeführt hatte. Hintergrund der Aktion sind Ermittlungen gegen Mitarbeiter der FIU, einer Anti-Geldwäsche- Spezialeinheit des Zolls in Köln, die Scholz' Finanzministerium zugeordnet ist. FIU-Mitarbeiter sollen Hinweise auf Terrorfinanzierung nicht rechtzeitig an Justiz und Polizei weitergeleitet haben. In diesem Zusammenhang wollten die Ermittler Unterlagen aus beiden Ministerien einsehen.

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Die wichtigste Frage sei: „Haben Vorgaben aus Berlin zu riesigen Lücken bei der Geldwäsche-Bekämpfung geführt?“, sagte der FDP-Finanzpolitiker Florian Toncar. Es geht darum, welche der Verdachtsmeldungen der Banken auf Geldwäsche weitergeleitet werden müssen und welche nicht. Es müsse geklärt werden, ob die FIU-Mitarbeiter nur Anweisungen aus Berlin umgesetzt oder selbst entschieden hätten, sagte Toncar.

FDP, Grüne, Linke, AfD und Union hatten Scholz aufgefordert, persönlich vor dem Ausschuss zu erscheinen und sich nicht - wie einige Ausschussmitglieder selbst - digital zuzuschalten. „Es ist keine Petitesse, dass die Geldwäschebekämpfung in Deutschland nicht funktioniert“, betonte Toncar. „Wer Respekt plakatiert, der sollte auch den Respekt gegenüber dem Parlament und gegenüber der Öffentlichkeit leben.“

Abgeordnete der Union betonten, sie hätten selbstverständlich alle ihre Termine abgesagt. Dabei hatten sie offenkundig nicht erwartet, dass Scholz tatsächlich anwesend sein würde, und für diesen Fall erwogen, ihn gegen seinen Willen in den Bundestag zu zitieren.

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Die Durchsuchung in Scholz' Ministerium nur wenige Tage vor der Bundestagswahl hatte auch einige Fragen aufgeworfen. So waren die gesuchten Unterlagen der Staatsanwaltschaft nach Darstellung des Justizministeriums bereits lange vorher angeboten worden. Die Staatsanwaltschaft stellt das betreffende Telefonat dagegen so dar, dass das Ministerium die Herausgabe der Unterlagen zunächst ablehnte und auf „den großen Dienstweg“ verwies. So habe man entschieden, Durchsuchungen in beiden Häusern zu beantragen. Übereinstimmend heißt es, dass die Ermittler die fraglichen Unterlagen ohne Probleme einsehen konnten.

Spekulationen über einen Wahlkampf-Hintergrund gab es unter anderem, weil der Chef der Osnabrücker Staatsanwaltschaft, Bernard Südbeck, ebenso CDU-Mitglied ist wie Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza. Der Sprecher der Ermittlungsbehörde wies diese Spekulationen zurück: Die Ermittlungen würden nicht von Südbeck geleitet, sagte er.

Der Verfassungsrechtler Joachim Wieland hält die Durchsuchung dennoch für rechtswidrig. Es gebe „durchgreifende Zweifel an der erforderlichen Verhältnismäßigkeit“, schrieb er in einem Blogeintrag. „Für das scharfe Schwert einer Durchsuchung ist kein Anlass ersichtlich. Sie war nicht erforderlich und deshalb rechtswidrig.“

Die SPD-Abgeordnete Cansel Kiziltepe sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Mittlerweile müssen wir davon ausgehen, dass die CDU eine Staatsanwaltschaft für ihren Wahlkampf missbraucht.“ Knapp eine Woche vor der Wahl werde es schwierig sein, im Ausschuss sachlich zu diskutieren. „Alle Parteien sind im Wahlkampffieber. Teilweise geht es auch darum, von den eigenen Schwächen abzulenken.“

Scholz spricht von Verbesserungen

Scholz betonte in dem von ProSieben, Sat.1 und Kabeleins ausgestrahlten Triell, dass unter ihm als Finanzminister in der Geldwäschebekämpfung schon viel verbessert worden sei. So seien bei der FIU einst 100 Beschäftigte im Einsatz gewesen. „Jetzt sind da 500 beschäftigt, demnächst werden es 700“, sagte Scholz.

Den Zeitungen „Straubinger Tagblatt/Landhuter Zeitung“ und „Abendzeitung“ sagte er: „Die FIU soll die Verdachtsmeldungen auf Geldwäsche, von denen es jetzt pro Jahr mittlerweile fast 150.000 gibt, nicht mehr nur weiterleiten, sondern wie in anderen Ländern zuvor ordnen und bewerten.“ Dafür sei die FIU unter anderem massiv personell aufgestockt worden, mehr Zugriffsrechte auf Datenbanken anderer Behörden seien geschaffen worden. (dpa)

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