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Olaf Scholz, Bundesfinanzminister und Kanzlerkandidat der SPD.

© Nassim Rad / Tagesspiegel

Durchsuchung im Finanzministerium: War Scholz in FIU-Entscheidungen einbezogen?

Die Maßnahmen der Staatsanwaltschaft sind ein behördliches Misstrauensvotum. Anzeichen für eine Justizverschwörung sind bisher nicht erkennbar. Ein Kommentar.

Unangenehm, was dem Wahlkämpfer Olaf Scholz widerfährt. Mitten im Umfragehoch durchsucht die Staatsanwaltschaft Osnabrück Büros im Bundesfinanz- und Bundesjustizministerium. Beide Häuser sind SPD-geführt, das erste von Scholz selbst, während die Staatsanwaltschaft einem CDU-geführten Landesjustizministerium untersteht. Möglicherweise ist es dieser Eindruck eines Komplotts, der Scholz unwirsch reagieren ließ. Eine „Aktivität“ nannte er das Ermittlungsverfahren. So, als gebe es dafür weder Ursache noch Anlass noch sonst eine Erklärung. Die Fragen „hätte man auch schriftlich stellen können“.

Hätte man? Die Staatsanwälte hegen einen Verdacht gegen Verantwortliche der Financial Intelligence Unit (FIU), über die Scholz’ Ministerium Aufsicht führt. Die FIU war früher Teil des Bundeskriminalamts und soll Verdachtsmeldungen nach dem Geldwäschegesetz entgegennehmen, zu denen unter anderem Banken und Versicherungen verpflichtet sind. Die Idee ist gut, ihre Umsetzung eine Baustelle. Seit Jahren wird beklagt, dass die FIU viel zu langsam ist, dass Dinge liegen bleiben, trotz massiver Personalaufstockung. Die Ermittler gehen Fällen nach, in denen die FIU zwar Hinweise bekam, diese aber nicht an Polizei, Zoll oder Justiz weiterreichte, wie es ihre Aufgabe gewesen wäre. Eine mögliche „Strafvereitelung im Amt“.

Bis nach der Wahl hätten die Ermittler schlecht warten können

Scholz kennt diese Ermittlungen, es gab schon 2020 eine Durchsuchung bei der FIU. Wer die Erklärung der Staatsanwaltschaft liest, findet eine Antwort darauf, weshalb ihr schriftliche Fragen nicht genügten. Es solle untersucht werden, „inwieweit die (...) Leitung der Ministerien“ in FIU-Entscheidungen eingebunden war. Das kann relevant werden. Anweisungen aus Berlin könnten zu Beispiel geeignet sein, Verdächtige zu entlasten.

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Scholz sollte überrascht werden. In Osnabrück hat man offenbar wenig Vertrauen in die Kooperation des Ministers. Nach dieser Lesart wäre Scholz kein Verdächtiger, er könnte aber ein Vertuscher sein. Das ist die für den Politiker bittere Botschaft der „Aktivität“.

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Anhaltspunkte, der Minister werde hier Opfer einer justiziellen Verschwörung, lassen sich bisher keine erkennen. Bis nach der Wahl hätten die Ermittler schlecht warten können; es ist bekannt, dass in der Schlussphase einer Regierungszeit Akten verschwinden und der Minister niemand ist, der sich sonderlich gut erinnern kann – siehe Cum-ex-Affäre. Scholz weiß zudem, dass es einen gerichtlichen Durchsuchungsbeschluss gibt, der eine behördliche Willkürtat weitgehend ausschließt. Nein, ihm dürfte klar sein: Der Umgang der Berliner Exekutive mit der FIU ist umfassend aufklärungsbedürftig. Einschließlich seiner eigenen Rolle. Wenn nicht gerade Wahlkampf wäre.

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