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Corpus delicti. Ein Dresdner Kriminaltechniker stellt ein Messer am Tatort sicher.

© Roland Halkasch / dpa

Dresdner Messerattacke: Gefährder und Gefährdeter

In der Debatte um den IS-nahen Dresdner Täter zeigt sich die ganze Spannung von Asylpolitik und innerer Sicherheit. Ein Zwischenruf.

Ein Zwischenruf von Barbara John

Die Messerattacke eines aus Syrien stammenden IS-nahen Täters in Dresden am 4. Oktober , bei der ein Tourist starb und sein Begleiter schwer verletzt wurde, erweist sich in den Folgen für das Rechtsempfinden und die Sicherheit der Bevölkerung als kaum zumutbar.

Was genau ist damit gemeint? Abdullah A.H.H. bekam 2016 als Kriegsflüchtling Asyl in Sachsen. Er verlor diesen Status, als sich herausstellte, dass er bekennender Unterstützer der Terrororganisation Islamischer Staat war und Mitglieder dafür warb. Es folgten drei Jahre Gefängnis. Die sächsische Justiz, das LKA und der Verfassungsschutz wussten um das hochgradige Gefahrenrisiko nach seiner Entlassung, sahen sich aber nicht in der Lage ihn engmaschig zu observieren.

Das aber war zwingend angesagt, weil die gerichtlich bestätigte Abschiebung nicht vollzogen werden konnte. Im Weg stand ein generelles Abschiebungsverbot nach Syrien auf Beschluss der Innenminister. Also konnte sich der Straftäter nach der Haftverbüßung im Land frei bewegen, und das Unheil nahm seinen Lauf. Nach wenigen Tagen in Freiheit tötete Abdullah A.H.H. auf offener Straße einen Menschen.

Langwierige Überwindung juristischer Sperren

Was in der Debatte über die Aufhebung des deutschen Abschiebeverbots zu kurz kommt, ist, dass es neben der nationalen Rückführungssperre auch die internationalen gibt. Dazu gehören die Europäische Grundrechtscharta, die Genfer Flüchtlingskonvention und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes mit dem großmütigen Versprechen, aufgenommene Menschen nicht in Länder zurückzuschicken, in denen ihnen Gefahr für Leib und Leben droht, und zwar selbst dann, wenn kein Schutzgrund als Flüchtling mehr vorliegt. Es bedarf oft langwieriger juristischer Auseinandersetzungen, um diese Sperren zu überwinden.

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Um welche Grundsatzfrage es dabei geht, zeigt sich eindringlich nach dem Dresdner Fall: Ist es Menschen, die Geflüchteten vor Krieg und Verfolgung Schutz geboten haben, zuzumuten, selbst (potentiell) schutzlos zu werden, damit Straftäter durch Nichtabschiebung vor Gefahren geschützt sind? Deutschland hat die Frage mit Nein beantwortet. Gefährder werden in der Regel abgeschoben. Das dient auch den friedfertigen Flüchtlingen, die die Akzeptanz, den Schutz und die Unterstützung der Aufnahmegesellschaft brauchen.

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