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Waschen, schneiden, Geld verdienen: Das Prestige des Friseurberufs wird nach Ansicht unserer Kolumnistin deutlich steigen.

© Magdalena Tröndle/dpa

Dramatischer Wandel in der Berufswelt: Vom neuen Prestige der Friseurinnen und Elektriker

Perspektiven, Verdienst und gesellschaftliches Ansehen vieler Berufe werden sich in den kommenden 20 Jahren dramatisch verändern. Ein Zwischenruf.

Ein Zwischenruf von Ursula Weidenfeld

Noch sind es Anekdoten: Die Friseurin schlägt dem Kunden vor, statt der vereinbarten Salontermins den dringend nötigen Besuch beim Zahnarzt zu verschieben. Sie habe ansonsten erst in drei Wochen wieder Zeit. Der Gartenhelfer auktioniert seine Arbeitsstunden online und bekommt nun mehr als 20 Euro für seine Dienste – bisher war es nur der Mindestlohn. Der Kellner hängt seinen Job beim Traditionsitaliener an den Nagel, weil ein Wettbewerber mehr zahlt und bessere Arbeitszeiten bietet.

Hinter diesen Geschichten steckt die Botschaft einer fundamentalen Veränderung: Der demografische Wandel, der Umbau zu einer klimaneutralen Gesellschaft und die Digitalisierung werden in den kommenden zwanzig Jahren Perspektiven, Verdienstmöglichkeiten und gesellschaftliches Ansehen vieler Berufe dramatisch verändern.

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In einigen Bereichen, die heute zum Niedriglohn- und Teilzeitsektor gehören oder fast nur in der Schwarzarbeit stattfinden, werden Löhne deutlich steigen. Damit wird ein Statusgewinn für diese Berufe verbunden sein.

Nicht nur hunderttausende Lehrer und Industrie-Facharbeiter wechseln in den nächsten Jahren in den Ruhestand, sondern auch Friseurinnen, Gerüstbauer und Kellner. Für den Nachwuchs in diesen Berufen ist das eine gute Nachricht. Ihre Arbeit wird sich kaum verändern, aber das Image wird besser – ähnlich, wie das schon mit dem Erzieherberuf passiert ist. Mit der Garantie eines Kindergartenplatzes für jedes Kind explodierte die Nachfrage nach Betreuungskräften. Bezahlung, Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen verbesserten sich binnen kurzer Zeit so deutlich, dass sich auf einmal auch Männer für die Arbeit interessieren. Aus der Kindergärtnerin wurde der gesellschaftlich wichtige Beruf der Erzieherin/des Erziehers.

Zwei Gruppen werden dauerhaft Schwierigkeiten bekommen

Gelingt das mit anderen Dienstleistungen ebenfalls, hilft das auch Beschäftigen in Sektoren, die wegen der Digitalisierung gewaltig unter Druck geraten. Heute ist kaum vorstellbar, dass sich ein Industriefacharbeiter als Fußpfleger selbstständig macht, ohne das als gravierenden Abstieg zu empfinden. Nur wenn sich das bald ändert, lassen sich die tiefgreifenden Verwerfungen in der Gesellschaft und auf dem Arbeitsmarkt gut beherrschen.

Zwei Gruppen aber werden dauerhaft Schwierigkeiten bekommen: Die Kunden, für die bald vieles teurer wird. Und die Zahnärzte, Rechtsanwältinnen, Facharbeiter und Architektinnen. Sie machen sich besser schnell mit dem Gedanken vertraut, ihr Prestige demnächst mit Friseurinnen, Installateuren und Elektrikern teilen zu müssen.

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