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Marco Bülow, Bundestagsabgeordneter aus Dortmund.

© Dt. Bundestag

Update

Dortmunder Bundestagsabgeordneter: Nahles-Gegner Marco Bülow tritt aus der SPD aus

Der Bundestagsabgeordnete Marco Bülow verlässt seine Partei. Die SPD fordert die Rückgabe des Mandats. "Ich bin und bleibe Sozialdemokrat", sagt Bülow.

Von
  • Hans Monath
  • Matthias Meisner

Der Dortmunder Bundestagsabgeordnete Marco Bülow ist aus der SPD ausgetreten. Nach Angaben aus SPD-Kreisen erklärte der direkt gewählte Abgeordnete dies am Montagabend vor dem SPD-Unterbezirk Dortmund. Sein Mandat will der 47-Jährige demnach behalten. Bülow gehört dem Bundestag seit 2002 an.

Am Dienstagvormittag verschickte er eine Erklärung an alle SPD-Bundestagsabgeordneten. "Ich bin und bleibe Sozialdemokrat", stellt er in dem Schreiben, das dem Tagesspiegel vorliegt, fest. Nach reiflicher Überlegung trete er trotzdem aus der SPD aus. "Ohne Häme, aber ernüchtert und traurig." Viele Jahre habe er sich aufgerieben und sich der „Entsozialdemokratisierung“ entgegengestellt – erfolglos.

Bülow prangert "hierarchische, intransparente Strukturen" und die "Orientierungslosigkeit in der SPD" an. Er habe gehofft, dass sich die Basis gegen die Selbstzerstörung wehrt. "Trotz unglaublicher Verluste und Niederlagen bei den Wahlen, trotz aller Lippenbekenntnisse, gab es und gibt es aber immer nur ein Weiter-so", schreibt der Bundestagsabgeordnete. Für solch eine Partei könne er nicht mehr guten Gewissens Politik machen. Im einzelnen beklagte Bülow zahlreiche inhaltliche und strukturelle Defizite. So habe sich die SPD mit dem Neoliberalismus arrangiert und tue zu wenig gegen Armut und soziale Ungleichheit.

SPD-Generalsekretär Klingbeil spricht von "Entfremdung"

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte dem Tagesspiegel: "Die Entfremdung zwischen Marco Bülow und der SPD hat sich nun schon über Jahre immer weiter verstärkt." Deshalb sei dieser Schritt nicht besonders überraschend. "Natürlich sind wir darüber nicht glücklich. Bülow sollte jetzt aber konsequent handeln und auch sein Mandat zurückgeben."

Seeheimer-Sprecher Kahrs: Der Typ ist kein Verlust

Johannes Kahrs, Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD-Bundestagsfraktion, twitterte: "Der Typ ist kein Verlust. Eine ewige Ich-AG. Der hat mit der SPD noch nienix was zu tun gehabt."

In den vergangenen Jahren hatte sich Bülow als linker Kritiker seiner Partei einen Namen gemacht und mehrfach im Bundestag gegen die Linie der von Andrea Nahles geführten SPD-Bundestagsfraktion gestimmt. Anders als seine Kollegen verweigerte er auch Kanzlerin Angela Merkel bei deren Wiederwahl zur Kanzlerin im März 2018 die Stimme.

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Im gleichen Monat gründete Bülow die überparteiliche Progressive Soziale Plattform (PRO). Nach seinen Angaben wollte er damit in einem gemeinsamen linken Bündnis die SPD erneuern und Konzepte gegen die soziale Ungleichheit in Deutschland entwickeln. Den Glauben, dass er die SPD in seinem Sinne erneuern kann, hat Bülow nun offenbar verloren. Zuletzt galt er in seiner Fraktion als Einzelgänger, der nur noch mit wenigen ebenfalls linksorientierten SPD-Kollegen Kontakt hielt.

Später Wechsel zur Linksfraktion?

Bülow ist Mitunterzeichner des Aufrufs für die linke Sammlungsbewegung „Aufstehen“, deren prominenteste Protagonisten Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht und ihr Mann Oskar Lafontaine sind. Obwohl Politiker der Linkspartei Bülow nach Informationen des Tagesspiegels schon längere Zeit umwerben, gibt es bislang keine Indizien dafür, dass der Ex-Sozialdemokrat schnell zur Linksfraktion wechseln wird. Dennoch ist in der Parteiführung der Linken heißt es, Bülows Rolle als fraktionsloser Abgeordneter sei "vielleicht nur eine Zwischenstufe".

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag, Jan Korte, sagte dem Tagesspiegel: "Ich kenne Marco Bülow schon viele Jahre. Das ist ein außergewöhnlicher Schritt für einen direkt gewählten SPD-Abgeordneten aus Dortmund, der sogenannten Herzkammer der Sozialdemokratie." Wenn ihre Führung den Ernst der Lage verstehe, sollte die SPD sich "nicht den üblichen Beißreflexen hingeben, sondern den Austritt Bülows zum Anlass nehmen, zu reflektieren und darüber nachzudenken, wie sie aus der SPD wieder eine sozialdemokratische Partei machen können".

Der nordrhein-westfälische Linken-Bundestagsabgeordnete Niema Movassat meinte: "Der Austritt von Marco Bülow offenbart, wie sehr es in der SPD brodelt und dass das Versprechen nach ,Erneuerung' nicht eingehalten wird von der SPD-Führung."

Im Juli hat Marco Bülow im Tagesspiegel-Debattenportal Causa einen Text zur Diskussion "Ist die Zeit reif für eine linke Sammlungsbewegung?" verfasst. Sie lesen ihn hier.

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