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Donald Trump bei seiner Rede vor dem "Israeli American Council" in Hollywood, Florida

© AFP/Mandel Ngan

Donald Trump und Amerikas Juden: „Ihr seid nicht nett, aber ihr müsst mich wählen“

Immer ungenierter verbreitet Trump antisemitische Klischees. Weil er „der beste Freund Israels“ ist, glaubt er, sich das leisten zu können. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Am Samstagabend sprach Donald Trump bei einer Veranstaltung des „Israeli American Council“ in Florida. Zunächst lobte er sich selbst für seine Politik gegenüber Israel. „Im Unterschied zu allen anderen amerikanischen Präsidenten habe ich meine Versprechen gehalten“, sagte er und zählte seine Leistungen auf: den Ausstieg aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran, die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem, die Anerkennung der israelischen Souveränität über die Golanhöhen. „Israel hatte nie einen besseren Freund im Weißen Haus als mich.“

Dann lobte Trump das Ehepaar Miriam und Sheldon Adelson, die Gastgeber der Veranstaltung. Die Adelsons sind Casino-Milliardäre aus Las Vegas, die sowohl Trumps Präsidentschaftswahlkampf im Jahr 2016 als auch die Republikanische Partei in den Kongresswahlen massiv unterstützt hatten.

Trump fuhr etwas kryptisch fort: „Wir müssen die Menschen dieses Landes dazu bringen, Israel mehr zu lieben. Weil es Juden gibt, die großartige Menschen sind, die Israel nicht genug lieben.“ Man hört und staunt: Der US-Präsident wirft einigen amerikanischen Juden vor, Israel nicht ausreichend intensiv zu lieben. Da schwingt das Klischee einer doppelten Loyalität mit, die in diesem Fall, Trump zufolge, nur nicht stark genug ausgeprägt ist.

Es hagelte Kritik von jüdischen Organisationen

Doch es wurde noch derber. „Viele von Ihnen sind im Immobiliengeschäft tätig, ich kenne Sie sehr gut, Sie sind brutale Mörder“, sagte Trump. „Sie sind überhaupt keine netten Menschen. Aber Sie müssen mich wählen, weil Sie gar keine andere Wahl haben.“ Schließlich planten die Demokraten, namentlich die Präsidentschafts-Kandidatin Elizabeth Warren, eine Vermögensteuer von hundert Prozent. Das stimmt zwar nicht, wird aber gerne von Trump verbreitet. „Selbst wenn Sie mich nicht mögen, werden Sie meine größten Unterstützer sein, weil Sie in 15 Minuten pleite sind, falls die Demokraten an die Macht kommen.“

Da schwingen weitere antisemitische Topoi mit: Juden sind reich, brutal, nicht nett, und sie richten ihre politische Präferenz nach finanziellen Kriterien aus. All das sagt nicht ein Neonazi, sondern Donald Trump, der mächtigste Mann der Welt. Prompt hagelte es Kritik von jüdischen Organisationen. Doch eine großgesellschaftliche Debatte über Antisemitismus blieb aus.

Ein Grund dafür könnte der weit verbreitete Irrtum sein, dass jemand, der nachdrücklich den extremen Nationalismus einer Groß-Israel-Idee unterstützt, kein Antisemit sein kann. Auf diesem Irrglauben beruht auch die Hoffnung vieler europäischer Rechtspopulisten – von Viktor Orban über Geert Wilders bis Matteo Salvini –, sich über ein demonstratives Israel-Bekenntnis vom Vorwurf des Antisemitismus reinzuwaschen. Dabei hat das eine mit dem anderen nichts zu tun. So ist der jüdische Investor und Philanthrop George Soros ein Feindbild für viele Verschwörungstheoretiker und Rechtspopulisten. Sie haben dessen Namen zum „Codewort“ ihres Antisemitismus gemacht, vergleichbar mit der „Ostküstenpresse“ oder den „Rothschilds“.

Amerikas Juden wählen mehrheitlich die Demokraten

In diesem Sinne könnte Trumps Israel-Politik auch Ausdruck seiner Vorstellung sein, er würde als „bester Freund Israels“ von einer sagenhaften „Macht der Juden“ profitieren. Seine Israel-Liebe wäre demnach ein Resultat antijüdischer Ressentiments. Im August erst hatte der US-Präsident gesagt: „Alle Juden in Amerika, die Demokraten wählen, sind in meinen Augen entweder total ahnungslos oder zeigen große Illoyalität.“ Und im Wahlkampf rief er im Jahr 2015 Mitgliedern der „Republican Jewish Coalition“ zu: „Ihr werdet mich nicht unterstützen, weil ich euer Geld nicht will. Ihr wollt eure Politiker kontrollieren, das ist in Ordnung.“

Amerikas Juden sind mehrheitlich stramme Parteigänger der Demokraten – sehr zum Missfallen der Republikaner. Daher dürfte ein zweiter Grund für Trumps Israel-Politik die Haltung seiner treuesten Anhänger, der konservativen Evangelikalen sein. Sie glauben, dass Gott das gesamte biblische Land dem jüdischen Volk gegeben hat, territoriale Kompromisse lehnen sie ab. Es ist erschreckend, wie ungestört eine solche Obsession mit der Verbreitung antisemitischer Klischees einhergehen kann.

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