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US-Präsident Donald Trump in Singapur

© Reuters/Jonathan Ernst

Donald Trump trifft Kim Jong Un: Warum der Gipfel in Singapur auch gefährlich ist

Drei Szenarien sind für das Gipfeltreffen von US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un vorstellbar. Zwei davon sind gefährlich.

Ein beliebter Satz in Washington dieser Tage lautet: Wenigstens ist EIN rational denkender Mensch bei dem Gipfel in Singapur dabei. Damit ist allerdings nicht Donald Trump gemeint.

Was der US-Präsident erreichen will, ist noch vergleichsweise einfach zu beantworten: Er will einen Deal. Und auch, dass die von Nordkorea ausgehende nukleare Gefahr abnimmt. Wie und ob er dieses Ziel erreichen kann, ist dagegen schwerer zu beantworten. „Es gibt drei mögliche Ergebnisse des Gipfeltreffens am Dienstag, sagt Richard Fontaine, Präsident des außenpolitischen Thinktanks „Center for a New American Security“ (CNAS) in Washington. „Zwei davon sind ziemlich gefährlich.“

Immerhin: Das wahrscheinlichste Ergebnis, mit dem Fontaine rechnet, ist, dass Donald Trump und Kim Jong Un bei ihrem historischen Treffen – es ist überhaupt das erste Mal, dass ein amtierender US-Präsident mit einem nordkoreanischen Diktator zusammenkommt – einen diplomatischen Prozess vereinbaren, der nach dem Gipfel beginnt, und an dessen Ende die Denuklearisierung Nordkoreas steht. Das heißt, dann würden die Außenminister und damit die Experten des Außenministeriums übernehmen. Solch ein Prozess könnte dann durchaus auf mehrere Jahre angelegt sein – allerdings dürfte Trump ein Interesse daran haben, innerhalb seiner Amtszeit zu einem greifbaren Ergebnis zu kommen, also in den nächsten knapp zweieinhalb Jahren.

Das zweite mögliche Ergebnis ist ein Deal, der gar nicht die völlige atomare Abrüstung beinhaltet, aber konkrete Zugeständnisse von amerikanischer Seite, zum Beispiel der Abzug der US-Truppen von der koreanischen Halbinsel oder das Ende von Sanktionen. Auch ein Friedensvertrag ist vorstellbar, der dem bitterarmen Nordkorea ökonomische Unterstützung in Aussicht stellt. Das Gefährliche daran: Die USA würden ihrerseits viel aufgeben, ohne entsprechend dafür belohnt zu werden – mit dem einzig wirklich relevanten Ziel: der nuklearen Abrüstung Nordkoreas.

Nicht ausgeschlossen, dass Trump und Kim aneinandergeraten

Ein drittes mögliches Ergebnis des Gipfels wäre ein Eklat, das abrupte Ende eines überraschenden Annäherungsprozesses, der erst vor fünf Monaten begonnen hat. Nicht ausgeschlossen, dass Trump und Kim aneinandergeraten. „Das würde bedeuten, dass erstmal alles vorbei ist“, sagt Fontaine. In diesem Fall gäbe es nichts, auf das sich nach dem Gipfel aufbauen lasse. Denn anstatt, dass sich die beiden Staatschefs im Anschluss an langwierige diplomatische Vorbereitungen treffen – und zwar nachdem das in der Welt isolierte Nordkorea bereits deutlich in Vorleistung gegangen ist –, haben Trump und Kim überhaupt erst den Prozess angeschoben. Die Kriegsgefahr würde damit steigen.

Offenbar rechnet das Weiße Haus aber eher damit, dass sich die beiden Männer gut verstehen werden. So berichtete der Sender CNN in dieser Woche gar, der Gipfel könne auch zwei Tage dauern, wenn Trump und Kim noch Redebedarf hätten. Eigentlich ist der Rückflug des US-Präsidenten für Mittwoch geplant. Alles sei jedoch dafür vorbereitet, auch länger zu bleiben, heißt es. Trump wolle bei seinen Verhandlungen größtmögliche Flexibilität haben und habe gegenüber Vertrauten mehrfach betont, dass er sich auf seine guten Instinkte verlassen wolle. Jung H. Pak, Korea-Expertin beim Thinktank Brookings in Washington, führt dieses unerschütterliche Selbstvertrauen, den jahrzehntealten Koreakonflikt ein für alle Mal lösen zu können, darauf zurück, dass Trump glaube, Kim zu kennen – da dieser letztendlich ein Spiegelbild seiner selbst sei oder zumindest wie all die anderen Geschäftsleute, mit denen Trump in seinem Leben bereits zu tun gehabt habe. Das sei aber ein fataler Irrtum, schreibt Jung H. Pak. Denn Kim strebe eben genau nicht nach Reichtum und wirtschaftlichen Erfolgen. Eine McDonald’s-Filiale im Tausch gegen seine nuklearen Waffen – anzunehmen, dass dies Kims Wunsch sei, sei gefährlich.

Auch Richard Fontaine glaubt nicht daran, dass Kim sein Atomarsenal aufgeben wird. Im Gegenteil: Sein größter Wunsch sei, als Atommacht anerkannt zu werden – ein Ziel, auf das bereits sein Vater und sein Großvater hingearbeitet haben. Jung H. Pak beschreibt das sogar als Teil der nordkoreanischen Kultur.

Die Kritik, er habe sich nicht wirklich intensiv auf den Gipfel in Singapur vorbereitet, gehe fahrlässig in dieses sicherheitspolitisch so wichtige Treffen, konterte Donald Trump mit den Worten: „I’ve being preparing all my life.“ Was zähle, sei der Wille, zu einem Ergebnis zu kommen. Offenbar sieht der US-Präsident seine Vergangenheit als Immobilienmakler als größte Stärke in seinem neuen Amt. „The Art of the Deal“ heißt Trumps Autobiografie, die Kunst, einen Deal zu machen. Viele in Washington wünschen sich das Gegenteil: dass am Dienstag ja kein Deal zustande kommt.

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