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Seehofer (CSU), Merkel (CDU) und Scholz (SPD) bei der Generaldebatte im Deutschen Bundestag.

© Kay Nietfeld/dpa

Update

Diskussion um Verfassungsschutzchef: Koalitionsspitzen treffen sich wegen Maaßen

Die SPD hatte die Entlassung von Verfassungsschutzchef Maaßen gefordert. Am Nachmittag wollen die Vorsitzenden der Koalitionsparteien nun beraten.

Die Vorsitzenden der Koalitionsparteien treffen sich am Donnerstagnachmittag, um über den weiteren Umgang mit Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen zu beraten. Das erfuhr die Nachrichtenagentur AFP aus Koalitionskreisen. Demnach kommen CDU-Chefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel, CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer sowie die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles gegen 15.30 Uhr im Kanzleramt zusammen. Seehofer hatte Maaßen am Mittwoch erst das Vertrauen ausgesprochen. Damit droht nach Ende der Sommerpause die nächste Belastungsprobe für die erst ein halbes Jahr amtierende große Koalition.

Zuvor hatte die SPD-Spitze von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Ablösung von Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen gefordert. „Für die SPD-Parteiführung ist völlig klar, dass Maaßen gehen muss. Merkel muss jetzt handeln“, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil am Donnerstag mit Blick auf Maaßens Einlassungen zu ausländerfeindlichen Vorfällen in Chemnitz.

Andrea Nahles bei ihrer Ankunft im Kanzleramt.
Andrea Nahles bei ihrer Ankunft im Kanzleramt.

© Bernd von Jutrczenka / DPA / AFP

Auch Juso-Chef Kevin Kühnert hatte Konsequenzen gefordert, sollte Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen im Amt bleiben. "Wir sind an einem Punkt, an dem wir eine rote Linie ziehen sollten", sagte Kühnert dem "Spiegel". "Sollte der Verfassungsschutz-Präsident im Amt bleiben, kann die SPD nicht einfach so in der Regierung weiterarbeiten." Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) müsse nun einen Weg finden, Maaßen zu entlassen, "oder wir müssen unsere eigenen Konsequenzen ziehen", sagte Kühnert.

"Das ist auch eine Frage der Selbstachtung: Wenn wir es Maaßen und der CSU durchgehen ließen, Verschwörungstheorien zu verbreiten, würden wir die dramatische Diskursverschiebung nach rechts legitimieren", sagte Kühnert weiter. Die Zeit der Ermahnungen sei vorbei. "Wir erleben keinen läppischen Koalitionskrach, sondern einen schwerwiegenden Tabubruch", sagte der Juso-Chef. "Wir dürfen nicht abstumpfen. Sonst endet der demokratische Rechtsstaat wie der Frosch im Kochtopf, der bei langsam steigender Wassertemperatur gar nicht merkt, dass er stirbt."

Auf Twitter stellte Kühnert die Frage: "Kann man eine Koalition weiter stützen, die nicht die Kraft aufbringt, einen Verschwörungstheoretiker von der Spitze eines Geheimdienstes zu entfernen?"

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Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte am Mittwochabend erklärt, er halte an Maaßen fest. Der Verfassungsschutzchef hatte in einem Interview gesagt, seiner Behörde lägen keine belastbaren Informationen für Hetzjagden bei den Ausschreitungen in Chemnitz vor. Damit hatte er unter anderem Merkel widersprochen.

Der bayrische SPD-Bundestagsabgeordnete Florian Post sagte dem "Spiegel", die SPD sei nun an einer Glaubwürdigkeitsfrage angelangt. Ein Rücktritt von Maaßen oder Seehofer sei unausweichlich. "Das müssen wir einfordern. Mit allen Konsequenzen - auch der des Koalitionsbruches." Er frage sich langsam, warum er für die große Koalition gekämpft habe. "Das war ein Fehler, den ich angesichts unserer Performance zutiefst bedaure", sagte Post.

SPD-Fraktionsvize Eva Högl wies die Forderungen ihrer Parteikollegen zurück, die Sozialdemokraten sollten wegen des Verbleibs von Maaßen im Amt die große Koalition aufkündigen. Die SPD werde "wegen Herrn Maaßen nicht die Koalition verlassen", sagte Högl am Donnerstag im RBB. Schließlich habe ihre Partei noch "eine ganze Menge mehr auf der Agenda", etwa zu den Themen Miete und Rente.

Gleichwohl schloss sich Högl der Einschätzung an, Maaßen müsse gehen. Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz beteilige sich an "Spekulationen und Verschwörungstheorien", und das "nicht zum ersten Mal". Er sei deshalb "nicht mehr der Richtige an der Spitze dort". Högl forderte Bundeskanzlerin Merkel auf, "dort auch für Klarheit zu sorgen".

SPD-Forderungen nach Maaßen-Rücktritt

In den vergangenen Tagen hatten bereits mehrere SPD-Spitzenpolitiker Maaßen den Rücktritt nahegelegt. "Die Äußerungen Seehofers, aber auch des Präsidenten des Verfassungsschutzes Maaßen aus der vergangenen Woche lassen zweifeln, ob die beiden geeignet sind, unsere Verfassung und damit unsere Demokratie zu schützen", sagte SPD-Chefin Andrea Nahles am Sonntag im Tagesspiegel-Interview. Am folgenden Tag forderte sie von Maaßen Belege für dessen Aussagen zu Chemnitz. Sollte er diese nicht vorlegen können, "dann ist er in seinem Amt nicht länger tragbar."

Die beiden Nahles-Stellvertreter Ralf Stegner und Malu Dreyer hatten in den vergangenen Tagen ebenfalls Maaßens Entlassung gefordert. "Ich finde, dass er in dem Amt nicht mehr zu halten ist", sagte Partei-Vize Stegner. Innenminister Seehofer "sollte sich von einem solchen Chef des Bundesverfassungsschutzes trennen".

Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz und stellvertretende SPD-Vorsitzende Malu Dreyer sagte der "Bild am Sonntag": "Herr Maaßen stellt die Glaubwürdigkeit von Politik, Medien und den vielen Augenzeugen infrage." Der Verfassungsschutzchef habe so für Verunsicherung in der Bevölkerung gesorgt und das Vertrauen in den Staat zerstört. "Ich glaube daher nicht, dass er noch der richtige Mann an dieser Stelle ist."

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hatte Maaßen am Montag ein Ultimatum gestellt: "Entweder Maaßen legt diese Woche klare Belege für seine Behauptungen der letzten Tage vor, oder er ist in seinem Amt nicht mehr zu halten." (mit AFP, Reuters, dpa)

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