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Militärische Ehren beim Staatsbesuch der dänischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen.

© Tobias Schwarz/AFP

Diplomatische Gepflogenheiten: Militärische Ehren beim Staatsbesuch sind nicht mehr zeitgemäß

Soldaten und Marschmusik gehören zum Protokoll bei einem Staatsbesuch. Aber ist das Präsentieren von Waffen bei Empfängen nicht überflüssig? Ein Kommentar

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Nach diesem Zeremoniell, das ja ganz offenkundig zu keinem diplomatischen Zwischenfall geführt hat, obwohl die Bundeskanzlerin und ihre dänische Besucherin die Nationalhymnen im Sitzen anhörten, liegt doch eine Idee nahe: dass hier weitere Reformen beim Empfang von offiziellen Gästen durchaus möglich wären. Bis hin zur Abschaffung des Empfangs mit militärischen Ehren.

Denkbar ist alles, sagt man. Nur werden Traditionalisten (und Protokollchefs) sagen: auf keinen Fall. Der Staat muss doch in jeder Hinsicht einen guten Eindruck machen. Vor dem Hintergrund gilt diese Art Empfang als unverrückbarer Bestandteil internationaler diplomatischer Gepflogenheit.

Aber warum eigentlich? Die Tradition besagt: Der Gastgeber zeigt damit, dass er für die Sicherheit des Gastes steht. Zudem ist das Vorzeigen der eigenen Truppen sowohl besonderer Vertrauensbeweis als auch Warnhinweis – sieh her, so steht es um Bewaffnung, Ausbildungsstand und Aufstellungsordnung unserer Streitkräfte.

Nicht gerade repräsentativ für den Zustand der Bundeswehr

Jetzt mal abgesehen davon, dass das Zackige und Blankgewienerte des Wachbataillons nicht gerade dem Gesamtzustand der Bundeswehr entspricht, bleibt doch die Frage, ob sich alles in der Welt ändern darf, aber diese Tradition nicht. Zumal die Armee in Zukunft immer mehr im Cyberspace kämpfen wird. Da antwortet das Lexikon: „Ein Abweichen von dieser Verpflichtung gilt als schwerer Affront gegenüber dem Gast und kann zu diplomatischen Verwicklungen führen.“ Wenn das nicht anachronistisch ist. Immerhin steht es andererseits „jedem Staat frei, die militärischen Ehren in der seiner nationalen Tradition entsprechenden Form zu erweisen“.

Hier ist das Einfallstor für mindestens die Reform des (sehr national geprägten) Zeremoniells. Will heißen: Die Repräsentation staatlicher Souveränität hängt nicht am Präsentieren von Waffen. Fronten abzuschreiten, wo sie doch am besten gar nicht erst aufgebaut werden, und das dann zu den Klängen des Präsentiermarschs von Friedrich Wilhelm III. aus dem alten Preußen – für manche klingt das bestimmt wie ein Bruch in der Logik. (Obwohl: FW III war schon als junger Prinz voller Abneigung gegen jede Sittenlosigkeit bei Hofe, besonders Intrigen. Und er war knapp in der Sprache, heißt es. Das hat was, als Mahnung an die Politik.)

Aber reicht nicht trotzdem der Empfang eines Regierungs- oder Staatschefs nur mit Musik? Auch uniformiert, wenn es denn unbedingt sein soll. Dazu der rote Teppich ins Kanzleramt hinein, wobei Gast und Gastgeber ja immer noch auf Höhe der Fahnen halten und diese durch kurzes Verharren und Verneigen grüßen können. Ist das nicht respektvoll genug? Ansonsten sollten man und frau übrigens immer locker sitzen bleiben dürfen.

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