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Christian Lindner spricht, digital aus Washington zugeschaltet, beim FDP-Bundesparteitag.

© Michael Kappeler/dpa

Update

Digitale Rede auf FDP-Parteitag: Lindner wirft Union „gefährliches Spiel“ in Ukraine-Politik vor

Wegen einer Corona-Infektion nahm der FDP-Chef digital am Parteitag teil. In seiner Rede symbolisierte er Einigkeit innerhalb der Ampel-Koalition.

Die FDP hat am Samstagvormittag ihren zweitägigen Parteitag begonnen. Erster großer Programmpunkt war am Mittag die Rede des Bundesvorsitzenden Christian Lindner. Der Bundesfinanzminister kann allerdings nur virtuell teilnehmen, weil er mit dem Coronavirus infiziert ist. Er hält sich nach Gesprächen im Rahmen der Frühjahrestagungen von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank in Washington auf.

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Der FDP-Chef und Bundesfinanzminister hat in seiner Rede unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Streit um Waffenlieferungen an die Ukraine gestärkt. „Der Bundeskanzler hat das Vertrauen der FDP und auch ihrer Fraktion im Deutschen Bundestag“, sagte Lindner am Samstag.

Klar sei aber auch: „Die Ukraine benötigt militärische Hilfe und schwere Waffen.“ Die Situation verlange verantwortungsbewusste und ernste Entscheidungen. Pauschale Kritik am Bundeskanzler könne nicht Sache der FDP sein, sagte Lindner, der „parteipolitisches Bodenturnen“ der Union kritisierte.

Die Ukraine sei von dem russischen Präsidenten Wladimir Putin angegriffen worden, weil sie „Werteentscheidungen in Richtung Europa getroffen hat“ und damit weg vom autoritären System Putins steuere. „In der Ukraine wird auch gekämpft um die Werte, die uns wichtig sind, sagte Lindner. „Deshalb muss die Ukraine diesen Krieg gewinnen, und die Ukraine wird diesen Krieg gewinnen“, sagte Lindner.

Klare Kritik geht in Richtung Union

Lindner zeigte in seiner Rede Unverständnis an der Kritik der Union, die dem Bundeskanzler zu große Zögerlichkeit etwa in der Frage der Waffenlieferungen an die Ukraine vorwirft und dazu einen Antrag im Bundestag einbringen will. Der CDU/CSU gehe es offenkundig darum, "die Regierungskoalition in Schwierigkeiten zu bringen und die Regierung zu destabilisieren", sagte der FDP-Chef. Er warf ihr am Samstag beim FDP-Bundesparteitag ein „gefährliches Spiel“ vor.

„Um es klar zu sagen: In Zeiten von Krieg in Europa habe ich für diese Form parteipolitischer Manöver keinerlei Verständnis. Wir brauchen eine handlungsfähige Regierung, die die notwendigen Entscheidungen für unser Amt trifft.“

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Lindner sprach sich für eine Versachlichung der Diskussion unter drei Prämissen aus. Deutschland müsse erstens im Gleichklang mit seinen Verbündeten handeln, dürfe zweitens die eigene Verteidigungsfähigkeit und seine Bündnisverpflichtungen nicht aufs Spiel setzen und dürfe drittens nicht selbst Kriegspartei werden.

Ihn störe zudem, dass aus der Unionsfraktion auch beim geplanten 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr sehr taktisch argumentiert werde, sagte Lindner weiter. Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) habe erklärt, dass man der Ampel-Koalition für die erforderliche Grundgesetzänderung keine Stimme mehr als nötig geben werde. „Was ist das mehr als reine parteipolitische Taktik in einer Frage dieser historischen Dimension?“

Es handele sich um eine grundlegende Weichenstellung, sagte Lindner. Die Union müsse sich fragen, ob sie mit dieser Vorgehensweise ihrer staatspolitischen Verantwortung gerecht werde. Sein Appell an CDU und CSU sei, „bei Fragen der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und bei existenziellen Bündnisfragen parteipolitisches Bodenturnen einzustellen und staatspolitische Verantwortung zu übernehmen“.

Lindner konsequent gegen Steuererhöhungen

FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner hat zudem vor wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine gewarnt. Deutschland müsse sich einer „Stagflation“ - einer schwächer laufenden Wirtschaft bei zunehmender Geldentwertung - entgegenstellen, sagte Lindner, der am Samstag aus Washington digital zum FDP-Bundesparteitag zugeschaltet war.

Es drohe „eine Gefahr der Verarmung für viele Menschen“, sagte Lindner. Es sei auch eine Gefahr dafür, den eigenen Lebensunterhalt wie bisher bestreiten zu können.

Zudem werde das Vertrauen in den Investitionsstandort Deutschland beschädigt, und die Risikoneigung von Unternehmern nehme ab. Aus einer Stagflation könne so sehr schnell eine noch tiefer gehende Stabilitätskrise werden. Zudem drohe in Teilen der Welt Hunger.

[Lesen Sie außerdem: Strack-Zimmermann zum Ukraine-Krieg: „Es ist naiv zu glauben, man könne Putin mal soeben davon überzeugen, das Land zu verlassen“ (T+)]

Zugleich betonte Lindner, Deutschland und Europa müssten schnellstmöglich unabhängig werden vom Import russischer Energieträger. Dabei müsse diversifiziert werden etwa mit dem Import von Flüssiggas, und die erneuerbaren "Freiheitsenergien" müssten beschleunigt ausgebaut werden.

Wichtig sei dabei, dass Energie bezahlbar bleibe und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft gesichert sei. Mit Blick auf globale Folgen des Krieges etwa für die Weltwirtschaft oder die Nahrungsmittelversorgung sagte Lindner, Ursache dafür seien nicht die gegen Russland verhängten Sanktionen, sondern der Angriffskrieg von Präsident Wladimir Putin.

In seiner Funktion als Bundesfinanzminister schloss Lindner Steuererhöhungen weiter aus, um den Folgen von Pandemie und Krieg zu begegnen. Wichtig sei vielmehr ein stärkeres Wirtschaftswachstum zu generieren. Deshalb dürfe eins nicht getan werden, "die Steuern erhöhen". Der Verzicht auf Steuererhöhungen sei schon im Koalitionsvertrag wichtig gewesen, "jetzt ist dieser Verzicht dringlich".

„Wir brauchen zum einen mehr und stärkeres wirtschaftliches Wachstum. Das wird nicht gelingen in einer Situation von Knappheiten, Lieferengpässen und steigenden Preisen, indem wir immer mehr staatliches Geld und Subventionen ausschütten“, sagte Lindner. Er forderte, in Bildung und Forschung zu investieren, Herausforderungen bei der Gewinnung von Fachkräften zu lösen, Bürokratie abzubauen sowie Planungsverfahren zu beschleunigen.

Wichtige Personalwahlen auf der Tagesordnung

Lindners etwa 40-minütige Rede wurde von den Delegierten des Präsenz-Parteitages mit stehendem Applaus bedacht. Die Übertragung wurde nach einer halben Stunde zunehmend durch Unterbrechungen gestört.

Zur Abstimmung stand auf dem zweitägigen Treffen unter anderem ein Eilantrag des Parteivorstands zur Ukraine, in dem auch zur Lieferung von schweren Waffen augerufen wird.

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Am Nachmittag sollen die Parteitagsdelegierten Bijan Djir-Sarai zum neuen Generalsekretär wählen. Er hatte das Amt in den vergangenen Monaten bereits kommissarisch ausgeübt. Der vorherige Generalsekretär Volker Wissing gab den Posten auf, als er Bundesverkehrsminister wurde.

Auch das Amt des Bundesschatzmeisters soll am Nachmittag neu vergeben werden. Amtsinhaber Harald Christ verabschiedet sich nach anderthalb Jahren, weil er sich wieder mehr um sein Unternehmen und seine Stiftung kümmern möchte. Als Nachfolger hat Lindner den Bundestagsabgeordneten und langjährigen Schatzmeister der baden-württembergischen FDP, Michael Link, vorgeschlagen. (AFP, dpa)

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