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Markus Söder ist auf Dauer kein guter Zweiter, er will der Erste sein. So ist sein Naturell.

© Peter Kneffel/dpa

Dieser Mann will mehr: Markus Söder ist auf Dauer kein guter Zweiter

Kanzlerkandidat ist er nicht geworden, aber das spornt ihn nur noch mehr an. Markus Söder macht sich zur ständigen Herausforderung für die CDU. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Soll niemand Markus Söder herausfordern. Ihn doch nicht. Wer es tut, der kann was erleben. Wird was erleben. Wie Armin Laschet. Mag der CDU-Bundesvorsitzende jetzt der Kanzlerkandidat der Union sein, nach harten Positionskämpfen – der gemeinsame auch mit der CSU ist er nicht.

Der Nürnberger Söder hat das in der Münchner „Süddeutschen“ klargemacht. Und wie: „Ich bin aus Verantwortung für das Land angetreten und habe dann aus Verantwortung für die Union das Votum des CDU-Bundesvorstands akzeptiert. Eines ist aber auch klar: Die Entscheidung lag damit in den Händen der CDU, die damit auch die Verantwortung für das Verfahren und das Ergebnis übernimmt.“

Im Klartext: Soll die CDU doch sehen, wo sie damit bleibt. Oder mit Laschet landet. Ihre Verantwortung, seine Verantwortung. Zumal ihn als CSU-Chef die Begründung für die Kandidatur des Kollegen Ministerpräsidenten „nicht überzeugt“, noch immer nicht. Wie anders doch seine eigene zu werten ist, darüber will Söder aber niemanden im Unklaren lassen: „Spät“ hat er sich entschlossen – „nach intensivem Nachdenken und massiver Aufforderung aus der CDU und der Bevölkerung“.

Frei nach Karl Valentin: Wollen hat er schon dürfen, der Söder Markus, aber werden hat er nicht gesollt.

Auf Distanz: Kanzlerkandidat Armin Laschet und Ex-Mittbewerber Markus Söder.
Auf Distanz: Kanzlerkandidat Armin Laschet und Ex-Mittbewerber Markus Söder.

© Michael Kappeler/dpa

Er will der Erste sein

Aber täusche sich keiner – das wirft ihn nicht um, das spornt ihn nur noch umso mehr an. Söder ist einfach auf Dauer kein guter Zweiter, er will der Erste sein. So ist sein Naturell. Manche sagen: eine Charakterfrage. Er sagt: „Wenn die Erwartungen der Menschen derart hoch sind, darf man sich nicht wegducken.

Das ist eine Frage des politischen Charakters.“ Sein Charakter ist in jedem Fall eines – politisch.

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Das hat auch Vorgänger Horst Seehofer erlebt. Lange haben sie miteinander gerungen, gegeneinander gekämpft; so, dass Seehofer Söders „Schmutzeleien“ beklagt hat. Und das sagt einer, der sich darauf auch gut versteht. Aber Söder war ihm über. Er ist mit 1,94 Metern nicht nur einen Zentimeter größer als Seehofer. Söder hat auch die größere Härte. Und einen langen Atem. Gottlob hat es aber zwischen den C-Parteichefs keine Attacken gegeben, die ins Private zielen.

Wie einst bei Scharping und Schröder

Mag – als historische Analogie – Armin Laschet wie weiland Rudolf Scharping bei der SPD der bessere Gremienpolitiker sein, Kanzler wurde am Ende Gerhard Schröder. Der wollte die Macht ganz unbedingt, das war immer klar, musste auch warten. Aber die Leute wollten ihn, in der Partei und im Land.

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Und im Blick auf die Union? Söder weiß schon, wie er die Leute abholt. Soviel Journalismus sitzt immer noch in ihm, auch wenn seine kurze Zeit beim Bayerischen Rundfunk schon lange zurückliegt, in den Neunzigern des vorigen Jahrhunderts war das.

Er als Kandidat, jetzt schon, „das hätte nur funktionieren können wie damals 2002, als Angela Merkel in einer hoch respektablen Form Edmund Stoiber unterstützt hat. Und das, obwohl damals die Abstände in den Umfragen zwischen den beiden wesentlich knapper waren als jetzt. Ich war dann selbst überrascht und gerührt, wie groß der Zuspruch etwa in der Bundestagsfraktion war. Viele der Abgeordneten kannte ich ja gar nicht persönlich“.

Ein Satz wie eine Drohung

Aber Söder wird persönlich – und nimmt persönlich. Zum Beispiel Wolfgang Schäuble, den er als ersten Berater von Armin Laschet nennt. Dem widmet er drei Sätze, nach den kontroversen Beratungen in dessen Präsidentenzimmer, gewissermaßen dem obersten Hinterzimmer, die es in sich haben: Schäuble sage immer, „es zählt allein das Gremium. Ich glaube: Es gibt formal verordnete Macht, und es gibt Legitimation. Legitimation entsteht, wenn man Politik im Einklang mit der Mehrzahl der Menschen macht“.

Und dazu dieser Satz, der wie eine Drohung klingt: „Die jetzige Diskussion an der Parteibasis der CDU zeigt aber, dass sich innerparteiliche Demokratie erneuern muss.“

Der Franke ist kein schlechter Verlierer – weil er noch nicht verloren hat. Denn je mehr er wirbt für Modernität in Programm und Struktur, mit Forderungen nach Parität und Ökologie und KI und Artenvielfalt, je stärker er sich absetzt von einer Union „Helmut Kohl 2.0“, desto mehr erinnert er an ihn, in Gestus und Habitus. Groß, wuchtig, und das ebenso in Anspruch und Auftreten.

Nicht Franz Josef Strauß, die CSU-Ikone, an dem sich Söder gerne misst – Kohl ist ihm im ungenierten Machtstreben ähnlicher. Kohl war übrigens, fast vergessen, als Ministerpräsident und als CDU-Chef durchaus ein Reformer. „Der schwarze Riese“ beeindruckte damit anfangs sogar den „Spiegel“, wollte zu seiner Zeit auch eine Union als „progressiv-liberale Kraft“ wie jetzt Söder. Und musste auf seine Chance warten.

Beliebt von Süd nach Nord

Damit beeindruckt Söder die CDU: dass doch offensichtlich etwas von ihr in ihm steckt. Sagt er auch unverstellt unbescheiden, wie er ist: „Ich selbst habe dagegen Unterstützung aus den Reihen der Ministerpräsidenten, der Landesvorsitzenden und Abgeordneten sowie der Basis bekommen – dafür bedanke ich mich ausdrücklich.

Das ist für einen Bayern schon ein außergewöhnliches Gefühl, wenn einen Berliner, Hamburger, Bremer oder Niedersachsen zu einer Kandidatur auffordern.“ Dass er sich für den Kandidaten „mit Inspiration“ hält, der die Partei zieht, nicht umgekehrt, versteht sich da auch von selbst.

So gesehen fordert Markus Söder Armin Laschet nicht mehr heraus – er macht sich zur ständigen Herausforderung. Darin wiederum ist er Strauß ähnlich. Von dem ist der Satz überliefert, an Helmut Kohl könne man sehen, dass jeder Kanzler sein könne.

Mal abwarten, was Söder nach der Wahl im September sagt.

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